Die Welt im Griff der Drogen-Mafia?

Der Erlös der verbotenen Drogen wird hauptsächlich für exzessiven Konsum vergeudet.
Drogenhändler benutzen auch das Internet, um ihre Waren zu verkaufen und den Schmuggel zu organisieren
Experten schätzen den weltweiten Jahresumsatz von Drogen auf durchschnittlich 400 Milliarden US-Dollar

Der Drogenhandel geht den gleichen Weg wie viele Branchen. Hightech, Breitband-Radiofrequenzen, abgeschirmte Informationsbereiche im Internet, Nachrichtenverschlüsselung und geklonte Netztelefone sind nur einige Hilfsmittel, die sich Drogenhändler heutzutage zu Nutze mache. So sind sie den Hütern des Gesetzes immer einen Schritt voraus.

Wie ist es möglich, dass Drogenhändler-Organisationen eine solche Macht entwickeln?

Durch die neuen Technologien brauchen die Drogenhändler kaum das Haus zu verlassen, um ihre Operationen zu überwachen. Ausserdem machen sie auch vom Computerhacken Gebrauch.

In China haben Verbrecher ihre Entdeckung zu verhindern versucht, indem sie auf elektronischem Weg in die Datenbank der Zollbehörde eindrangen, um Einzelheiten und Kategorie einer kommerziellen Frachtsendung zu verändern. In Australien haben sich Drogenhändler die Internetseiten von Kurierdiensten zu Nutze gemacht, die es Kunden erlaubt, ihre Sendungen weltweit zu verfolgen. Eine Verzögerung hat die Drogenschmuggler darauf aufmerksam gemacht, dass eine Sendung untersucht wurde.

In einem anderen Fall hatten Schmuggler Verbindung untereinander, die Drogen aus Kolumbien in die Vereinigten Staaten ausführten. Sie benützten mittels “firewalls” (elektronische “Brandmauern”) unzugänglich gemachte “chat rooms” im Internet, hiess es im INCB-Bericht der UNO. INCB ist ein unabhängiges Überwachungsorgan, das über die Durchführung der internationalen UNO-Konventionen zur Drogenkontrolle berichtet. Genaue Angaben über die Schmuggelaktionen wurden jeden Tag in einen Computer eingegeben, der sich auf einem Schiff vor der Küste Mexikos befand. Die Händler hatten einen Code, der von den Polizeibehörden nicht rechtzeitig geknackt werden konnte. Auch geklonte Netztelefone halfen Drogenhändlern mehrere Jahre hindurch, Hunderte von Tonnen Kokain zu bewegen, bevor sie entdeckt wurden.

Drogenhändler machen sich das Internet auch zu Nutzen, um ihre Waren zu verkaufen. Gemäss UNO haben seit 1996 verschiedene in den Niederlanden ansässige Firmen Marihuanasamen und Derivate per Internet abgesetzt. Zu Beginn des Jahres 2000 ermittelten Behörden mehr als 1.000 Internetseiten, die weltweit Drogen offerierten, teilt Interpol mit.

Neue Strategien, Gesetze und Zusammenarbeit nötig

Der UNO-Bericht gibt den Verantwortlichen für die Durchsetzung der Drogengesetze zu verstehen, dass sie neue Formen der Zusammenarbeit, neue Strategien und berufliche Qualifikationen entwickeln müssen. Auch weltweit einsatzfähige Nachrichtennetze seien erforderlich.

Eine weitere Schwierigkeit sei das Fehlen von Gesetzen gegen “elektronisch” begangene Vergehen. Nachdem angemessene Gesetze auf nationaler Ebene eingeführt wurden, müssten sich die Regierungen jetzt gemäss Bericht mit dem übernationalen Charakter der Hightech-Verbrechen befassen. Solche Verbrechen können von einem Land ausgehen, Folgen in einem zweiten Land haben, und ihre verräterischen Spuren in vielen anderen Ländern hinterlassen.

“Nein" zur Legalisierung

Hamid Ghodse, Präsident der Internationalen UNO-Rauschgiftkontrollbehörde, stellt fest: "Die Liberalisierung der Drogengesetze in einigen Ländern im Verlauf der letzten zwanzig Jahre geht mit einer progressiven Zunahme des Drogenmissbrauchs einher.”

Zwischen der humanen Behandlung und Rehabilitation der Drogenabhängigen einerseits und einer Entkriminalisierung des Drogenmissbrauchs andererseits sei zu unterscheiden. Weil der Drogenkonsum gesellschaftsfähig und zu einer Freizeitbeschäftigung geworden ist, bestehe gerade der Missbrauch, und dieser sollte nicht “normalisiert” werden, wie einige jetzt befürworten. Zwar biete dies kurzfristig Vorteile, indem Geld gespart wird, aber für junge Menschen habe es tiefgreifende Folgen heute und für künftige Generationen.

Umfang und Reichweite des Drogenhandels

Der Drogenweltumsatz wird von Experten auf durchschnittlich 400 Milliarden US-Dollar geschätzt. Neben Erdöl und Waffenhandel ist er somit das grösste "Handelsprodukt" der Weltwirtschaft.

In Russland hat der Drogenhandel neu einen Jahresumsatz von zehn Milliarden US-Dollar erreicht. Das berichtete die Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf das Staatliche Komitee für Drogenkontrolle und psychotropischen Substanzen. Ungefähr vier Millionen Russen sind laut Viktor Tscherkessow, Vorsitzender des Komitees, drogenabhängig. Wo führt das noch hin? Hat die Mafia zusammen mit dem Waffen-, Menschen- und Organhandel etwa die ganze Welt im Griff?

Zwar hat die US-Regierung dem Drogenhandel- und Konsum seit Jahren offiziell den Kampf angesagt und führt seitdem mit hohem propagandistischen, materiellen und sogar militärischen Aufwand einen "Drogenkrieg". Noch ist der US-Markt mit Abstand der grösste: ca. 60 % aller in der Welt illegal erzeugten Drogen werden laut Dr. Jochen Hippler, Politikwissenschaftler und Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Institut für Entwicklung und Frieden (INEF) an der Universität Duisburg, in den USA konsumiert. Dort habe es über sechs Millionen regelmässige Kokainkonsumenten und rund eine halbe Million Heroinabhängige. US-Bürger geben laut Hippler selbst nach sehr zurückhaltenden Schätzungen mindestens doppelt so viel Geld für Drogen aus, wie für Erdöl- und Erdölprodukte.

Der Drogenkrieg wird überwiegend in der Dritten Welt ausgetragen, vorzugsweise in Lateinamerika. Doch setzt sich die Drogenmafia laufend über die Grenzen hinweg ab und operiert mit Hilfe des Internets weltweit vernetzt aus ihren Verstecken heraus - nun auch in Russland, China und Japan.

Auch terroristische Gruppierungen, wie die al Q`aida, nutzen Drogenerlöse zur Finanzierung ihrer Aktivitäten, meldet der Bundesnachrichtendienst. Der internationale Drogenhandel sei das bedeutendste Deliktfeld der Organisierten Kriminalität. Hier werden mehr als die Hälfte aller weltweiten Umsätze der Mafia getätigt.

Wohin das Drogengeld fliesst

Im Gegensatz zur landläufigen Meinung über südamerikanische und asiatische Drogenkönige bekommen die Länder, welche die illegalen Drogenpflanzen anbauen, nicht den Löwenanteil der Profite aus dem Drogenhandel, berichtet die UNO. Nur ein Prozent des Geldes, das letztendlich von Drogenkonsumenten bezahlt wird, wird als landwirtschaftliches Einkommen in Entwicklungsländern verdient. Die übrigen 99 Prozent werden an verschiedenen anderen Punkten entlang der Drogenhandels-Kette verdient. Schätzungsweise 90 % der Gesamteinnahmen verbleiben in den Konsumentenländern.

Im Teufelskreis des schmutzigen Gelds

Der Teufelskreis, in dem sich unsere Welt bewegt ist fast undurchdringlich geworden. Schmutziges Geld regiert, terrorisiert, verführt Menschen, bindet und tötet sie mit Drogen. Alte Erkenntnis bestätigt sich: Die Bibel beschreibt es so „Geldgier ist die Wurzel allen Übels ...(1. Timotheus 6, 10).“ Die Welt krankt daran. Die Auswirkungen sind fatal. Das Drogengeld fliesst nicht etwa in die Wirtschaft. Vielmehr ist der Effekt der Rauschgiftproduktion für Wirtschaft und Gesellschaft deutlich destabilisierend. Damit werden nicht viele zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen, obwohl die illegalen Anpflanzungen arbeitsintensiv sind. Der Erlös der verbotenen Drogen werde hauptsächlich für exzessiven Konsum vergeudet. Mit anderen Worten: Er fliesst ins Sexgeschäft. Immer wenn der Drogenhandel an Bedeutung gewinnt, mehren sich auch Gewaltverbrechen, die Rechtsstaatlichkeit ist in Gefahr und Korruption schwächt das politische System.

Die UNO-Behörde warnt deshalb eindrücklich: Wenn man nicht riskieren will, eine schlimme Situation noch zu verschlimmern, sollten die Gesetzgeber es sich zweimal überlegen, bevor sie Drogengesetze liberalisieren.

Autorin: Redigiert und Modifiziert durch Antoinette Lüchinger
Quellen: Livenet, Zenit, Interfax, Moskauer Deutsche Zeitung, Bundesnachrichtendienst, Website Dr. Jochen Hippler, dpa, Reuters.

Datum: 08.09.2003

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