Läbesruum – erfolgreiche Taglohnvermittlung mit Herz

Seit Jahren ein Standbein des Läbesruum: die Zügelmänner
Sorgfalt, Freundlichkeit und eine klare Linie: Der Bauingenieur Werner Steiner führt die Arbeitsvermittlung seit 1998.
Die Läbesruum-Teams stehen unter Leitung von Fachleuten.
Feierabend in der Läbesruum-Kantine.
Süsses vom Läbesruum am Eulachstrand
Die Taglöhner arbeiten auch als temporäre Hauswarte.
Der Läbesruum vermittelt seit 15 Jahren Männer und Frauen, die zupacken.
Der Läbesruum konkurrenziert das Gewerbe mit sorgfältiger Arbeit.
Monika hat heute Cheminée-Holz geliefert und gestapelt.

Der Läbesruum in Winterthur vermittelt tageweise Arbeit an Menschen, die keine feste Stelle haben, aber für ihren Lebensunterhalt selber aufkommen wollen. Die Winterthurer Vermittlungsagentur mit christlicher Ausrichtung, die dieses Jahr ihr 15-jähriges Bestehen feiert, ist einzigartig in der Ostschweiz; sie wird von der Bevölkerung wie von den Behörden geschätzt. Livenet sprach mit dem Läbesruum-Leiter Werner Steiner.

Livenet: Herr Steiner, wie läuft das Geschäft?
Werner Steiner: Das Geschäft läuft gut. Im November 2005 beschäftigt Läbesruum pro Tag durchschnittlich 40 Personen. Im Winter gibt es erfahrungsgemäss weniger Tagesjobs zu vermitteln. Im Januar wird die Anzahl Beschäftigter wohl bis auf 20 Personen herunterfallen. Im Sommer dagegen beschäftigen wir bis zu 60 Personen!

Im Läbesruum haben wir auch vier Lehrstellen, Anlehren für junge Menschen, die sonst keine Ausbildungsmöglichkeit haben. Die vier Fachbereiche der Lehrlinge sind: Garten, Malen, Hauswartungen und Küche.

Wie sieht ein typischer Taglohneinsatz aus?
Die Taglöhner machen von sehr kurzen Einsätzen (das Minimum sind 2,5 Stunden) bis zu langen Arbeitsblocks (sogar Wochen und Monate) verschiedenste handwerkliche Arbeiten. Zum Beispiel Reinigungsarbeiten, Lagerarbeiten, Rasenmähen und Bauhilfsarbeiten. Privatpersonen wie auch Firmen aus der Region Winterthur sind unsere Kunden – im Ganzen haben wir rund 1300 Auftraggeber.

Natürlich arbeiten wir vom Läbesruum auch eng mit dem KAP (Koordination für Arbeitsprojekte) und dem RAV (Regionale Arbeitsvermittlungs-Stelle) zusammen. Dieses Jahr werden wir über 50'000 Taglohnstunden vermitteln können.

Aller Anfang ist schwer, sagt das Sprichwort. Wie ist der Läbesruum entstanden?
Der gemeinnützige Verein Läbesruum wurde 1990 gegründet. Drei Ehepaare aus der Kirchgemeinde Winterthur-Seen haben damals die Initiative ergriffen und einen Ort geschaffen, in dem christliche Fürsorge und Nächstenliebe gelebt wird. David Schneider baute den Läbesruum mit unermüdlichem Einsatz, Unternehmergeist und der Vision Randständigen im Sinne der Lebenshilfe beizustehen auf. Ich stand dem Verein einige Jahre als Präsident vor und bin seit 1998 Geschäftsführer.

Ist der christliche Glaube wichtig im Läbesruum heute?
Ja, wir sind überzeugte Christen – rund 80% der festen Mitarbeiter sind in Kirchen aktiv. Die Gruppenleiter der einzelnen Ressorts sind Fachleute mit einem Herz für die Taglöhner – wie wir alle im Läbesruum. Sonst würden wir das nicht tun.

Christen haben auch eine Verantwortung für randständige Menschen. Letztere wollen zwar arbeiten, aber können nicht eine Stelle haben wie viele andere. Viele verändern sich zum Positiven und die Arbeit im Läbesruum hilft ihnen dabei. Es wäre schön, wenn alle die, die arbeiten wollen, auch Jobs erhalten. Denn auch eine einfache Arbeit ist wertvoll.

Seit der Gründung vor 15 Jahren hilft der Läbesruum sozial schwachen Menschen. Integration in die Gemeinschaft, Gesundheit und Selbständigkeit bleiben bis heute unser Anliegen. Wir wollen Lebensräume der Beschäftigung, der Erwerbstätigkeit und der Begegnung schaffen. Diese Basis hat auch in stürmischen Zeiten getragen.

Welche Rolle spielt das Gebet in Ihrer Arbeit?
Eine wichtige. Jeden Montag-Morgen trifft sich unser Mitarbeiterteam zum Frühgebet. Auch an Sitzungen der Geschäftsleitung und des Vorstands legen wir Wert auf einleitende biblische Gedanken und Gebete. Ich finde das Gebet eine wichtige Sache. In den Räumen vom Läbesruum findet auch das Politikergebet statt: Mit anderen Gemeinderäten, denen der christliche Glauben ein Anliegen ist, treffe ich mich einmal pro Monat.

Wer findet bei Ihnen Arbeit?
Verschiedenste Menschen haben durch den Läbesruum eine neue Perspektive erhalten. Unter den Taglöhnern sind einige Frauen. Zwei ehemalige Drogensüchtige vom Platzspitz sind mittlerweile im Job fest angestellt. Einer ist Gärtner, der andere Maurer.

Auch wenn Mitarbeiter noch immer im Methadon-Programm sind – sie können normal arbeiten und anfangen, ihren Platz in der Gesellschaft einzunehmen. Ein 18-Jähriger, ein ehemaliger Schlägertyp, kniet sich plötzlich in die Arbeit hinein; wir staunen, wie er sich gebessert hat. Einige sind seit über zehn Jahren bei uns; manche kommen nach Unterbrüchen zurück.

Ist es belastend, mit Menschen zu arbeiten, die nicht so viel leisten können oder nicht so zuverlässig sind?
Etwa 50% unserer Taglöhner sind süchtig (Drogen oder Alkohol), einige sind Fürsorgefälle. In den letzten Jahren beschäftigt Läbesruum mehr und mehr Arbeitnehmer, die kaum eine Chance haben, wieder zurück in die Wirtschaft zu kommen. Der Erfolg des Projekts zeigt aber: Es ist möglich, sich einen guten Ruf zu verschaffen! Einige der Tagelöhner können genau so viel leisten wie andere Menschen – einfach unter anderen Arbeitsbedingungen.

Wir erbringen eine sehr hohe Eigenleistung: 76% der Kosten decken wir durch Einnahmen aus unserer Arbeit. Bloss ein knappes Viertel sind Spenden und staatliche Subventionen. Ich kenne kein anderes Sozialwerk dieser Art, das seine Kosten so weitgehend deckt. Doch mit den 76% geben wir uns noch nicht zufrieden: Wir arbeiten darauf hin, dass die oben genannten Bereiche, in denen wir profimässig arbeiten, selbsttragend werden: Bauen und Malen, Gartenbau und Brennholz, Umzüge, Hauswartungen und Reinigungen.

Was ist ihr Erfolgsgeheimnis? Sind sie günstiger als kommerzielle Betriebe?
Nein, Läbesruum ist nicht günstiger als einheimische Gewerbebetriebe – sonst würde der Verein das Gewerbe mit Hilfe von Subventions- und Spendengeldern unterbieten. Unsere Arbeitsstunden sind ca. 25% billiger als diejenigen anderer Firmen, die Leistung der Gruppe ist jedoch etwa im gleichen Verhältnis geringer. Das Erfolgsgeheimnis liegt vielleicht darin, dass zwar unsere Kunden nicht sparen können, aber ihr Geld für eine gute Sache investieren. Denn dass wir Randständige beschäftigen, die sonst kein Einkommen haben, und dabei qualitativ hochwertige Arbeit zuverlässig leisten, hat uns einen guten Ruf eingebracht.

Ein Tag im Läbesruum

07.00 An die Arbeit: Die Gruppenleiter gehen mit den bereits zum Voraus zugeteilten Taglöhnern an die verschiedenen Arbeitsorte. Bauen und Malen, Gartenbau und Brennholzverkauf, Umzüge, Hauswartungen und Reinigungen sind die wichtigsten Bereiche.

08.30 Die erste Verlosung der noch nicht vergebenen Jobs steht an: Eine Anzahl weisse und so viele blaue Kugeln wie offene Jobs werden in einen Sack gesteckt und machen dann die Runde. Wer eine blaue Kugel zieht, erhält einen Job. Der grosse Teil der Arbeiten ist aber schon im Voraus zugeteilt: Einige Kunden möchten bestimmte Handwerker, andere werden nach ihren speziellen Fähigkeiten eingeteilt. Läbesruum hat auch einige Festangestellte, darunter auch ehemalige Taglöhner, die nun als Gruppenleiter arbeiten.

12.00 Man trifft sich zum Mittagessen in der Kantine. Für alle Arbeitenden ist es kostenlos. Für diejenigen, die an der Morgen-Verlosung mitgemacht haben, kostet es fünf Franken. Und für alle anderen 9.50 Franken. Auch beim Essen legt der Läbesruum wert auf sozialverträgliche Preise.

13.30 Die erste Auszahlung: Die Taglöhner erhalten den Nettolohn bar auf die Hand. Die Nettolohn-Stundenansätze liegen je nach Arbeit, Leistung und Fachkenntnis bei Fr. 15.60 bis 20.50 pro Stunde.

16.15 Die ersten Arbeiter kommen zur Läbesruum-Kantine zurück. Sie sitzen zusammen, plaudern und spielen. Es gibt eine zweite Auszahlung für diejenigen, die am Nachmittag gearbeitet haben.

17.30 Die zweite Verlosung: Jobs für den nächsten Tag werden verlost. Die einen Taglöhner gehen wieder nach Hause, über zwanzig sitzen noch gemütlich zusammen und verbringen gemeinsam einen Teil des Feierabends.

18.30 Die letzten Tagelöhner gehen nach Hause, um am nächsten Tag wieder an die Pflanzschulstrasse 17 zu kommen.

Läbesruum in Zahlen

- 2 ist die Anzahl der Zügelautos, die mit dem grossen Schriftzug Läbesruum herumkurven. Ein drittes Fahrzeug wird bald angeschafft. Mittlerweile sind die Taglöhner des Läbesruum Profis im Zügelsektor.
- 12% ist der Anteil der Taglöhnerinnen
- 88% ist dementsprechend der Anteil der Männer. Dies ist nicht weiter erstaunlich, sind doch viele Tätigkeiten typische Männerberufe und schwere körperliche Arbeit. Beispielsweise die Auslieferung von Cheminée-Holz in 25kg-Säcken. Dieses Holz tragen die Taglöhner dorthin, wo es gewünscht wird: in die Garage, ins Wohnzimmer oder eben auch in den Keller oder den Estrich.
- Fr. 15.60 bis Fr. 20.50 beträgt der reguläre Stundenlohn der Taglöhner.
- 507 Mitglieder haben letztes Jahr den Mitgliederbeitrag von Fr. 100.- bezahlt. Gönnerbeiträge liegen bei Fr. 500.- pro Jahr. Im Ganzen tragen über 800 Spender die Arbeit mit und beteiligen sich mit Fr. 190'000.- an den laufenden Kosten.
- Fr. 816'000.- sind die Subventionen 2004, die der Läbesruum erhält: Von der Stadt Winterthur Fr. 460'000, von den Gemeinden Fr. 80'000. Der Rest wird vom Kanton Zürich zugeschossen. Es handelt sich dabei um Geld, welches freigegeben wurde, als der Platzspitz aufgelöst wurde. Diese Mittel investiert der Kanton nun in verschiedene Gemeinden und Städten.
- 3,15 Mio beträgt der Erlös 2004 aus Arbeitseinsätzen

Läbesruum-Chronik

1990 Am 17. April 1990 findet die Gründerversammlung des Verein Läbesruum statt. 3 Ehepaare der Kirchengemeinde Winterthur-Seen setzen sich hauptsächlich dafür ein.
1991 Im Dezember: Beginn der Taglohnarbeit (Gruppeneinsätze) von einem Baustellenwagen aus
1992 Umzug in die Holzbaracke beim Zeughaus.
1993 Eröffnung der Taglohnküche, die an allen Arbeitstagen Mittagessen für Taglöhner kocht. Erste Einsätze von Taglöhnern ohne Gruppenleiter
1994 Umzug ins „Rote Haus“ im Schleifeareal an der Tösstalstrasse.
1996 Ausbau des Eulachstrands. Umzug und Einweihung im Herbst.
1998 Ausbau der Fachbereiche Garten, Bau, Malen, Reinigung und Zügelservice. Umsatzwachstum von über 30%. Rekord: 75'000 Arbeitsstunden werden an Randständige vermittelt.
2000 Zehnjahres-Jubiläum. Erster Lehrling im Bereich Gartenbau.
2003 Neuaufbau des Bereichs Reinigung und Hauswartungen.
2004 Die Stadt Winterthur nimmt mit einer Vertreterin Einsitz in den Vorstand.
2005 Das Infomagazin wird immer beliebter und erhöht die Auflage auf 13'000 Exemplare.

Mehr zum Thema:
Portrait des Läbesruum-Geschäftsführers Werner Steiner
Monika profitiert von der Arbeitsvermittlung im Läbesruum

Läbesruum im Internet: www.laebesruum.ch

Autor: Thomas Gerber

Datum: 09.12.2005
Quelle: Livenet.ch

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