Nordkurve

Fussballspielen, helfen und über Gott reden

Fussball schafft Begegnungen. Vor sechs Jahren startete Hannes Wey eine Initiative, um Männer in seinem Quartier zu begleiten. Dabei begegnet er teils dramatischen Schicksalen.
Nordkurve: Beim Fussballspielen treten die Alltagsprobleme für kurze Zeit in den Hintergrund.
Hannes Wey

Jeweils am Sonntag geht Hannes Wey mit seinem Sohn und einigen Männern aus dem Quartier Fussball spielen. Einige der Jugendlichen, die hauptsächlich aus Migrantenfamilien stammen, bringen grosse Probleme mit, sind kriminell, suchtkrank, arbeitslos und ohne Perspektive. Doch Fussball spielen – das können und lieben sie. «Einer war auf dem Sprung in die erste Mannschaft bei GC», erzählt Wey. Der Sport ist ihnen sehr wichtig, aber auch Gewalt ist ein Thema. «Einer brachte einmal ein grosses Messer mit. Ein anderes Mal kam eine Gruppe gewaltbereiter Jungs, um Kollegen abzuholen.»

Der Ruf, sich um die Männer im Quartier zu kümmern

Das wöchentliche Fussballspiel ist nur ein Teil der privaten Initiative «Nordkurve», die Hannes Wey vor sechs Jahren ins Leben gerufen hat. Der ehemalige CVJM-Leiter wurde mit 49 Jahren selbst arbeitslos. «Ich fragte mich, was ich nun anfangen sollte und war bereit, mich von Gott rufen zu lassen. Schliesslich wusste ich, dass ich mich um Männer in unserem Quartier kümmern sollte», erinnert sich der ausgebildete Jugendarbeiter und Berater. Er fing folglich an, Kontakte zu den Menschen im Problemquartier Zürich-Seebach zu knüpfen. Auf der Strasse kam er mit den Menschen ins Gespräch. Es entstanden zwei Männergruppen, die sich bei Weys zu Hause treffen. «Ich koche zu essen, wir tauschen aus, beten füreinander und lesen in der Bibel.» Seit der Vater von drei erwachsenen Kindern diese Arbeit begonnen hat, begegnete er unzähligen, teils tragischen Schicksalen. Da war zum Beispiel Dave, ein älterer Mann, der bereits als Zehnjähriger im Heim von einem Jugendlichen vergewaltigt wurde. Später lebte er homosexuell, war sexsüchtig und konsumierte regelmässig Drogen. Vieles, was er tat, war am Rande der Legalität. Regelmässig suchte er auf der Strasse das Gespräch mit Hannes Wey. Nach einem Jahr kam die Hiobsbotschaft: «Dave war tot in seiner Wohnung gefunden worden.» Beim Erzählen bekommt der 57-Jährige feuchte Augen. «Dave wollte wissen, was Gott über ihn denkt. Er suchte den Kontakt. Ich erklärte ihm: 'Gott liebt dich genauso wie jeden anderen auch. Er macht keine Unterschiede.'» Zwei Monate vor Daves Tod hatte ihm Wey das Buch «Kind in seinen Armen» geschenkt, das ein ehemaliger Suchtkranker geschrieben hatte. «Ich weiss nicht, ob er es noch gelesen hat.»

«Kämpfe jeden Tag im Gebet»

Hannes Wey hilft bei der Jobsuche, bietet ein offenes Ohr bei Sorgen und Fragen, organisiert Gruppenreisen und Wanderungen. Männer seien das schwierigste Klientel. «Sie öffnen sich nicht gerne.» Doch Weys Motivation ist der Glaube: «Umfassenden Frieden und erfülltes Leben findet man nur bei Gott. Ich wünsche mir, dass die Männer Heimat bei Gott finden. Dafür kämpfe ich jeden Tag im Gebet. Ich selbst kann es ja nicht machen.»

Obwohl er mit christlichen Leitern in der Gegend gut vernetzt ist, hofft Hannes Wey, dass sich weitere Mitstreiter finden lassen, die sich in der Arbeit der «Nordkurve» engagieren. «Meine Frau und ich haben eine Gebetsgruppe gestartet. Ein halbes Jahr waren wir zu zweit, jetzt kamen weitere dazu. Vielleicht ist das ja ein Anfang ...» Und die Jungs auf dem Fussballfeld würden sich bestimmt auch über Verstärkung freuen.

Datum: 03.07.2014
Autor: Christof Bauernfeind
Quelle: idea Schweiz

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