Basler Bischof Kurt Koch

Brauchen wir ein Gesetz zum Schutz religiöser Überzeugungen?

Ein wirkungsvoller Schutz der religiösen Bekenntnisse ist in der Schweiz nicht mehr gewährleistet, meint Kurt Koch, Bischof von Basel. Politik und Staat seien deshalb herausgefordert, gesetzliche Regelungen zu schaffen, die den Schutz für religiöse Überzeugungen vor Verunglimpfungen und auch die öffentliche Meinungsfreiheit der Religionen garantierten.
Bischof Kurt Koch
Verbot christlicher Werbung?

In einem Beitrag für die Bistumsseite der Pfarrblätter vom Juli 2006 verlangt Bischof Koch solche Regelungen. Sie drängten sich umso mehr auf, als der religiöse Friede offensichtlich solange nicht als gefährdet eingeschätzt werde, als sich die von Karikaturen und Satiren Betroffenen und in ihren religiösen Gefühlen Verletzten in ihrer Verteidigung gesetzeskonform verhielten und sich nicht zu ungesetzlichen Verhaltensweisen hinreissen liessen.

Freiheit der Satire – wichtiger als Gefühle der Gläubigen

Der Bischof verweist auf zwei Fälle: Vergangenes Jahr erschien in der Zeitung "Le Temps" eine Karikatur, die den aufgebahrten Papst zusammen mit Gläubigen und einem Kreuz zeigt. Dabei wendet sich Jesus an die Menge mit den Worten: "Stört es euch nicht, dass ich existiere?" Ein Leser hat sich beim Presserat mit der Begründung beschwert, eine solche Karikatur beleidige die Christen und alle kultivierten Menschen. Der Presserat aber hat die Beschwerde zurückgewiesen und betont, die Freiheit der Satire und der Karikatur dürfe nicht eingeschränkt werden und müsse auf die Befindlichkeit orthodoxer Kreise keine Rücksicht nehmen.

In diesem Jahr wollten die CAT Medien für ihre religiösen Zeitschriften "Sonntag" und "Leben und Glauben" mit einem 15-sekündigen TV-Spot werben. Dies wurde ihnen vom Bundesamt für Kommunikation mit dem Hinweis auf die Wahrung des religiösen Friedens verboten. Ausdrücklich wurde vermerkt, das Verbot von religiöser Werbung sei eine zulässige Einschränkung der Meinungsfreiheit.

"Absurd und grotesk": Was Christen nicht dürfen, tun andere

Diese beiden Beispiele dokumentierten, wie "absurd und grotesk in unserer Schweiz der Umgang mit der Meinungsfreiheit besonders im Zusammenhang mit der Religion geworden ist", schreibt der Bischof. Man dürfe Christen im Namen der Meinungsfreiheit in aller Öffentlichkeit beleidigen und ihre religiösen Gefühle verletzen. Christen selbst aber dürften für ihre Sache nicht werben; ihnen gegenüber werde vielmehr die Meinungsfreiheit eingeschränkt.

Besonders pikant sei, dass Entscheide sowohl des Presserates als auch des Bundesamtes für Kommunikation nicht mehr angefochten werden könnten. Sie seien vielmehr endgültig, "weil offensichtlich unfehlbar, oder wie es früher hiess: Roma locuta – causa finita."

Ernst genommen würden Betroffene offensichtlich erst dann, wenn sie gegen das Gesetz zu handeln begännen. In dieser äusserst problematischen Haltung müsse man eine von "politischer und staatlicher Seite unterstützte - zumindest indirekte - Herausforderung zu Gesetzesüberschreitungen sehen, die das demokratische Zusammenleben der Menschen noch zusätzlich gefährden würden". Auch aus diesem Grund sei im Blick auf den Schutz der religiösen Gefühle Handlungsbedarf für Politik und Staat angesagt.

Der Artikel von Bischof Koch online

Datum: 03.07.2006
Autor: Peter Schmid
Quelle: Kipa

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