Joaquin Navarro-Valls: Der Filter zwischen Papst und Medien

Joaquin Navarro-Valls
Navarro-Valls und der Papst in früheren Zeiten.

"Der Gesundheitszustand des Heiligen Vaters hat sich weiter verbessert." Mit Sätzen wie diesem ist Vatikansprecher Joaquin Navarro-Valls in den Wochen des päpstlichen Klinikaufenthaltes die meist zitierte Quelle im Vatikan. Zweimal pro Woche tritt er vor die wartenden Journalisten im vatikanischen Pressesaal, während zeitgleich in der Gemelli-Klinik ein Sprecher des Krankenhauses ein identisches Communiqué verliest.
Als "medizinische Bulletins" kann man die kurzen Statements kaum bezeichnen. Sie enthalten keine Angaben über Körpertemperatur, Blutdruck oder verabreichte Medikamente. Stattdessen vermitteln sie in knappen, allgemeinverständlichen Worten den vagen Eindruck, dass es dem Papst den Umständen entsprechend relativ gut und ausserdem von Mal zu Mal besser geht. Zusatzfragen, etwa nach dem voraussichtlichen Entlassungsdatum des prominenten Patienten, beantwortet Navarro in der Regel ebenso knapp wie unbestimmt. Doch wer sich von dieser homöopathisch dosierten Informationspolitik abschrecken lässt, dem entgehen wichtige Details.

Nuancen in Sprache, Mimik und Humor

So steigerte Navarro die Antworten auf die Frage, ob der Papst vor Palmsonntag in den Vatikan zurückkehren werde, innerhalb weniger Tage von "möglich" über "hoffentlich" zu einem "er dürfte wohl bis dahin zurück sein". Wenig später wurde dann auch offiziell bestätigt, dass der Papst persönlich den Segen "Urbi et Orbi" an Ostern sprechen will.
Ähnlich bedeutsam wie die sprachlichen Nuancen sind die Veränderungen in der Mimik und im Humor des 68-jährigen Spaniers. Als gelernter Psychiater und Journalist weiss er, wie man seinen Zuhörern auch nonverbal die gewünschte Gefühlslage vermittelt. Er scherzt, lacht, wechselt fliessend zwischen vier, fünf Sprachen, verteilt Komplimente. Nur ganz selten, wenn er sich unbeobachtet glaubt, zeigt sich in den Gesichtszügen die enorme Anspannung, die in diesen Tagen auf ihm lastet.

Selbst von Amerikanern als Profi anerkannt

Der frühere Korrespondent der spanischen Zeitung "ABC" braucht jetzt seine ganze Routine. Seit 20 Jahren ist er "Direktor des vatikanischen Presseamtes". Schon die lange Amtszeit lässt ahnen, dass sein oberster Dienstherr mit ihm zufrieden ist. Unter den beim Heiligen Stuhl akkreditierten Korrespondenten geniesst er selbst bei den Amerikanern den Ruf eines Profis - wenn auch manche der Ansicht sind, dass Navarro den Informationsfluss aus dem Vatikan zu stark filtert.

Balance-Akte

Von lakonischer Kargheit sind seine Communiqués nicht nur in Zeiten päpstlicher Gesundheitskrisen. Mitunter nur drei Zeilen lang, dienen sie den Vatikan Korrespondenten als Bausteine für ausführliche Berichte und oft auch für Spekulationen. Navarro versteht es, die Balance zwischen effizienter Öffentlichkeitsarbeit und der Aura des Undurchschaubaren aufrecht zu erhalten, die den Heiligen Stuhl so interessant macht.
Navarro hat die organisatorische Basis für seine Arbeit weitgehend selbst aufgebaut. Den Mitarbeiterstab des 1966 gegründeten "Pressesaals des Heiligen Stuhls" hat er vervielfacht, die technische Einrichtung modernisiert. Bei grossen Pressekonferenzen müssen hunderte von Journalisten und Fotografen sowie Dutzende von Kamerateams bedient werden, und dies gelingt ohne das in Rom übliche Chaos.

Für Feinabstimmung der Sprachregelungen

Wie wichtig der 1936 im spanischen Cartagena geborene Medienprofi vor allem in Krisenzeiten ist, unterstreicht in diesen Tagen sein täglicher Besuch in der Krankenstation des Papstes in der Gemelli-Klinik. Zur Feinabstimmung der Sprachregelungen, mit denen der Vatikan die Erwartungen der Medien in der gegenwärtigen Lage zu steuern versucht, ist diese ständige Präsenz offenbar unerlässlich.
Autor: Von Ludwig Ring-Eifel, Rom

Datum: 10.03.2005
Quelle: KIPA

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