Gesetzesänderung

Kirchen überlegen sich neue Werbestrategien

Bis heute sind in der Schweiz religiöse Werbebotschaften im Radio und Fernsehen gesetzlich verboten. Nun ändert das Gesetz. Um das Feld nicht restlos den Konkurrenten zu überlassen, werden auch die Landeskirchen neu Werbestrategien entwickeln.
Kirche & Werbung

Künftig dürfen Kirchen, Sekten und Freikirchen auch medial für ihre Vereinigung werben. Wie der Tages-Anzeiger berichtet, wollen diese von den neuen Möglichkeiten auch Gebrauch machen.

"Das ist sehr positiv. Religion ist Teil des gesellschaftlichen Lebens. Religionen und Kirchen verstecken sich zu sehr. Nun können wir uns auch bemerkbar machen", so Andrea Vonlanthen, von der Freikirche Chrischona. Er werde Sponsoren für Werbung suchen und über regionale und überregionale Imagekampagnen nachdenken.

Auch Daniel Linder, Sprecher der Freikirche International Christian Fellowship (ICF), begrüsst den Entscheid des Parlamentes als "krass". Ob sich der finanzielle Aufwand lohnen würde, wolle man sich aber noch genau überlegen. Die ICF würde lieber Gottesdienste auf TeleZüri übertragen.

Auch Scientology will die Vorraussetzungen prüfen, auf einzelne Events und Andachten mit Werbung aufmerksam zu machen. Sprecher Jürg Stettler denkt gemäss Tagi daran, sowohl im Radio wie auch im Fernsehen Werbung zu schalten.

Landeskirchen können nicht zurückstehen

Die Landeskirchen wollen nicht ins Hintertreffen geraten. Um das Feld nicht restlos den Konkurrenten zu überlassen, wolle man neue Werbestrategien entwickeln, heisst es in der Online-Publikation "medienheft", die ab 16. März abrufbar ist.

Missionierende Spots und Eigenwerbung von Parteien, Kirchen und religiösen Gruppen sind nur noch in den offiziellen SRG-Programmen verboten, bei Privatsendern hingegen erlaubt. "Im Vorfeld der Gesetzesrevision waren die Landeskirchen gegen die Freigabe religiöser Werbung. Sie stellten den Wunsch in den Vordergrund, eine Eskalation der Konkurrenz im Bereich der Religion zu vermeiden", schreibt Urs Meier, Geschäftsführer der Reformierten Medien, in einem "medienheft"-Beitrag zum neuen RTVG.

In Frage gestellte Zurückhaltung

Neben dieser ethischen Argumentation hat laut Meier auch die Tatsache eine Rolle gespielt, dass die Landeskirchen bisher kaum Werbung betreiben mussten. Dank ihrer öffentlich-rechtlichen Position, der dadurch möglichen Finanzierung aus Kirchensteuern und Staatsbeiträgen sowie dank der traditionellen Verankerung in der Gesellschaft hätten sie sich nicht "kompetitiv" verhalten müssen. Schwindende öffentliche Resonanz und wachsender Einfluss evangelikaler Vorstellungen stellten die grosskirchliche Zurückhaltung bei der Werbung allerdings zunehmend in Frage, meint Meier.

Keine Grundsatzüberlegungen

Die Grosse Kammer des Parlaments habe beim RTVG nicht konsequent legiferiert, heisst es weiter. Dass die bisher verbotenen Werbesparten der SRG weiterhin vorenthalten und nur den Privaten erlaubt werden, weise darauf hin, dass keine Grundsatzüberlegungen im Spiel gewesen seien. "Tatsache ist, dass der Nationalrat eine gewisse Dezenz in der Religion nicht für schützenswert hält, sondern auch auf diesem gesellschaftlichen Feld den Markt spielen lassen will", heisst es im "medienheft". Der Ständerat, der das RTVG als Zweitrat behandeln werde, dürfte dies vermutlich nicht rückgängig machen.

Nur durch gute Werbung mehr im Gespräch

Um das Feld nicht restlos den agilen Konkurrenten zu überlassen, müssten die Landeskirchen versuchen mitzuspielen. Sie müssten sich zuvor allerdings klar werden, was sie erreichen wollten. Ihre Werbung müsse auf umfassenden Marketing- und Kommunikationskonzepten beruhen. Denn nur gute Werbung werde sie in einem ständig schwieriger werdenden gesellschaftlichen Umfeld wieder vermehrt ins Gespräch bringen, heisst es im "medienheft" weiter. - Die Publikation wird von den Reformierten Medien (Zürich) zusammen mit dem Katholischen Mediendienst (Zürich) herausgegeben.

Quellen: Kipa/RNA/Tagi

Datum: 12.03.2004

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