Dass nun, im Endspurt, noch tiefe Gräben da sind, hat Bashir offengelegt. Der Präsident des Regimes, das gegen seine Bevölkerung im Süden seit 20 Jahren Bürgerkrieg führt, lehnte eine neue Festlegung der Grenze zwischen dem Norden und dem Süden ab. Umstritten sind die Nuba-Berge, der südliche Teil des Gliedstaats Blue Nile und der Distrikt Abyei, wie die NZZ schrieb. Mehrere hochrangige Offiziere in den Reihen der Rebellen stammen aus den umstrittenen Gebieten, die bei der nachkolonialen Aufteilung des Landes 1956 an den Norden fielen. In Abyei, das von beiden Parteien kontrolliert wird, lagern grosse Erdölvorräte. Der fruchtbare Distrikt gehört bisher zu West-Kordofan, und Khartum will einen Entscheid über seine Verwaltung erst später getroffen haben, während die Rebellen jetzt einen Erlass der Regierung fordern, der ihn dem Süden zuweist. In der NZZ beschreibt Botschafter Josef Bucher vom Eidgenössischen Departement für Auswärtige Angelegenheiten EDA das Schweizer Projekt zur Errichtung eines „Hauses der Nationalitäten“ im Sudan. Dieses soll die büer sechzig südsudanesischen Stämme erstmals auf einer gemeinsamen Plattform zusammenbringen. Vermittlung sei eine Übung in Bescheidenheit, schreibt Bucher, als ehemaliger Botschafter der Schweiz in Kenia ein intimer Kenner der Konfliktregion. Vermittler könnten nicht viel mehr tun, als den Konfliktparteien einige Werkzeuge in die Hand geben. Eine Friedensagenda muss laut Bucher den verschiedenartigsten Ansprüchen gerecht werden: „Die einen wollen den Krieg beenden, die andern Gerechtigkeit; die Nächsten wollen Demokratie, andere weniger Armut; weitere fordern politische Emanzipation, andere eine Emanzipation der Frauen; die Nächsten fordern Freiheit, andere die Achtung der Menschenrechte. Für sich allein genommen haben diese Ansprüche ihre Berechtigung. Im Endergebnis wird damit das Boot jedoch überladen.“ Botschafter Bucher verweist auf die zahlreichen Konflikte zwischen den Völkern und Stämmen im Südsudan, welche Khartum noch geschürt hat. Vor über zehn Jahren spaltete sich deswegen die Befreiungsbewegung SPLA. Stammesmilizen wurden für Machtkämpfe missbraucht, „sodass man um die Fähigkeit des Südsudans bangen muss, die im laufenden Friedenprozess dem Norden abgerungene Selbstverwaltung erfolgreich zu verwirklichen“. Die Schweizer Diplomaten suchen, „für rund sechzig südsudanesische Stämme eine Form friedlicher Koexistenz zu finden“. Das Haus der Nationalitäten soll als Schlichtungsstelle wirken: „Indem die Stämme ihre Konflikte in eigener Regie lösen, verhindern sie, dass ihre Differenzen von aussen manipuliert werden“. Mit ähnlichen Initiativen, meint Bucher, könnte die Schweizer Friedenspolitik „zu ihrem eigenen Vorteil mehr Profil entwickeln“.Berner Diplomaten für ein „Haus der Nationalitäten“
Ansprüche an die Friedensagenda
Konflikte unter den 60 Stämmen bedrohen Zukunft des Südens
Datum: 17.01.2004
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch