Die Nordstern-Kirche

«Gottes Schönheit in Frankfurt strahlen lassen»

Immer weniger Christen meinen, sie hätten ihre Umgebung schon dadurch «erreicht», dass ihre Kirchentür offensteht. Glücklicherweise. Viele
Stephan Pues ist der Gründer der Nordstern-Kirche.
Nordstern-Kirche in der U-Bahn
Die Nordstern-Kirche trifft sich unter anderem in Cafés.
Beziehungen sind wichtiger als Programme in der Nordstern-Kirche.

sehen ihre Kollegen und Freunde, die sich nicht in die althergebrachte Formen von Gemeinde einladen lassen – und gründen kurzerhand neue Initiativen. So auch Stephan Pues. Er gründete die Nordstern-Kirche in Frankfurt.Die Mitarbeiter und Besucher der Gemeinde leben und arbeiten in den Frankfurter Stadtteilen Nordend und Bornheim. Aus dem Ortsnamen und der Idee, für andere eine Orientierungshilfe, ein Fixpunkt zu sein, entstand der Name «Nordstern». Und letztlich auch das Motto der Gemeinde: «Göttliche Schönheit strahlen lassen».

Eine Kirche für Freunde

Vom Selbstverständnis her ist die Nordstern-Kirche offen für jeden, der Glauben entdecken und Kirche neu gestalten möchte. Angefangen haben damit vor ein paar Jahren ein gutes Dutzend junger Leute um den Gemeindegründer Stephan Pues. Sie haben davon geträumt, eine Kirche für Menschen zu bauen, die mit Jesus nichts am Hut haben. Menschen wie ihre Freunde.

Inzwischen sind es 30-40 Leute, die sich sonntäglich zu den Gottesdiensten in einer Schule im Stadtteil treffen. Hier geht es übrigens nicht extrem peppig zu, sondern im Gegenteil eher ruhig und liturgisch geprägt. «Es gehört zu unserer Philosophie, dass die Menschen bei uns zur Ruhe kommen», erklärt Michael Nickel, zurzeit Trainee in der Gemeindeleitung. «Ausserdem», stellt er klar, «sind uns Beziehungen wichtiger als Programme.» Dies ist auch ein Grund dafür, dass die Gemeinde zwar ein Büro mit angeschlossenem Wohnzimmer hat, aber keinen eigenen Gemeindesaal, denn treffen kann man sich eigentlich überall …

Transparent und niederschwellig

Ein Grossteil der Veranstaltungen im Nordstern finden daher an öffentlichen Orten statt, zum Beispiel im Café an der Ecke. Hierhin lassen sich Freunde gut einladen, denn sie müssen nicht in irgendwelche unbekannten Gemeinderäume gehen. Gleichzeitig gehören die Christen mit ihren Treffen und Veranstaltungen dadurch bereits ein Stück weit zum Stadtbild dazu. Es macht auch etwas mit denjenigen, die sich so versammeln. Ihre gelebte Transparenz zeigt ihnen immer wieder: Wir sind ein Teil unserer Umgebung. Wir gehören dazu. Niederschwellig sind die Gottesdienste auch durch ihren Ablauf: Sie finden nachmittags statt und beginnen mit einem lockeren Kaffeetrinken. Nach dem Abschluss gehen diejenigen, die es möchten, noch irgendwo essen – gelebte Gemeinschaft.

Kultur und Rotlichtmilieu

Neben diesen Gottesdiensten bietet die Nordstern-Kirche regelmässige Kleingruppen an, aber auch Kurswochen, bei denen alle Interessierten für ein paar Wochen zusammenkommen, um über Themen wie «Spiritualität» oder «Flüchtlinge» nachzudenken.

Ein besonderer Schwerpunkt der Kirche ist ihr Kulturprojekt «Ohrwurm». Hier bekommen Künstler in Zusammenarbeit mit Cafés, Bars und Kneipen eine Plattform. Auf diese Weise entstehen im schnelllebigen Frankfurt Oasen der Ruhe und Gelassenheit, kreative Räume und immer wieder Kontakte zu Menschen in der Nachbarschaft. Apropos Oase: Unter dem Namen «Oasis» engagieren sich etliche Christen aus der Nordstern-Kirche im Frankfurter Rotlichtmilieu. Ihr Ziel ist es, Licht dahin zu bringen, wo es wirklich dunkel ist, Prostituierten und anderen Menschen aus der Szene die Liebe von Jesus weiterzugeben.

Beziehung statt Programm

Dietrich Bonhoeffer prägte den Satz: «Kirche ist nur Kirche, wenn sie für andere Kirche ist.» Die Christen der Nordstern-Gemeinde probieren genau dies zu leben. Sie haben Frankfurt im Blick. Ihre Nachbarn, Kollegen und Freunde. Ihr Ziel ist es, ihnen «das Evangelium schön und verständlich weiterzugeben», wie Michael Nickel unterstreicht. Die junge Frankfurter Gemeinde ist nur eine Initiative von vielen, aber genau solche Kirchen sind es, die Bewegung in unsere Gemeindelandschaft bringen und Christen sowie Besucher neu herausfordern, Glauben zu leben.

Zur Webseite:
Nordstern

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Datum: 14.10.2015
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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