CEO Alternative Bank Schweiz

Martin Rohner: «Was nützt uns mehr Gewinn, wenn das Klima kippt?»

Als «Banker des Jahres 2016» wurde Martin Rohner – und mit ihm die Alternative Bank Schweiz (ABS) – einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Er war auch Redner an der StopArmut-Konferenz im Oktober 2017. Und er fordert die Bankenwelt heraus. Wir sprachen mit ihm am Hauptsitz der Bank in Olten und bringen das Gespräch in zwei Teilen.Livenet: Herr Rohner, wie kann sich die Alternative Bank Schweiz als relativ kleines Institut im Haifischbecken der Finanzindustrie behaupten? Martin Rohner:
Martin Rohner

Grundsätzlich sind kleine Banken nicht weniger wirtschaftlich als grosse. Die jüngste Retail-Banking-Studie des IFZ hat aufgezeigt, dass gerade einige der kleinsten Banken sehr erfolgreich unterwegs sind. Für die Alternative Bank Schweiz ist es dennoch eine Herausforderung, sich in diesem Markt zu behaupten. Wir sind in der ganzen Schweiz und in zwei Sprachen unterwegs, dazu sozial und ökologisch ausgerichtet, sodass noch eine Ebene dazu kommt. Unser Vorteil gegenüber andern Banken ist, dass unser Geschäftsmodell ein Alleinstellungsmerkmal aufweist. Wir heben uns somit von den konventionellen Banken ab, die sich beim Geschäftsmodell kaum voneinander unterscheiden.   

Weshalb gibt es die ABS nach den gewaltigen Turbulenzen der letzten Jahre noch?
Der wichtigste Punkt ist, dass wir in der Realwirtschaft verankert sind. Die Turbulenzen von 2008 entstanden aus den verzerrten Kapitalmärkten heraus. Die Werte der Börsen entsprachen nicht mehr den realen Werten. Demgegenüber betreibt die ABS ein konservatives Geschäftsmodell. Wir finanzieren in erster Linie soziale und ökologische Projekte in der realen Welt.

Sie wurden zum Banker des Jahres 2016 gewählt. Was bedeutet Ihnen diese Auszeichnung?
Man darf diese Auszeichnung nicht überbewerten. Wir haben bei der Alternativen Bank Schweiz ein sehr gutes Netzwerk, das für mich gestimmt hat. Für unsere Bank war diese Auszeichnung aber nützlich. Wir erhielten in der Folge zahlreiche Anfragen von Medien und auch für Referate. Damit konnten wir unser Geschäftsmodell bekannt machen.

Welches sind die zentralen Werte der ABS?
Wir sind ethisch reflektiert und sozial und ökologisch ausgerichtet. Wir betreiben keine Gewinnmaximierung, und wir sind sehr transparent. Wir wollen, dass unsere Kundinnen und Kunden wissen, was wir mit Ihrem Geld machen.

Sie haben schon gesagt, dass sie mehr Geld erhalten, als Sie in diesem Sinne anlegen können.
Das hängt mit unserer Positionierung als ökologisch und sozial orientierte Bank zusammen. Wenn Leute unser Geschäftsmodell entdecken, bringen sie uns Ihr Geld oft schneller, als wir es auch anlegen können.

Wer wacht darüber, ob diese Werte eingehalten werden?
Zuerst einmal sind unsere Werte im Zweckartikel in unseren Statuten verankert. Zweitens sind die Grundsätze unserer Anlage- und Kreditpolitik in einem Reglement umgesetzt, das unser Verwaltungsrat überwacht. Es definiert Handlungsmaximen, Ausschlusskriterien und Förderbereiche. Unsere Revisionsstelle achtet darauf, dass unser Reglement eingehalten wird. Drittens, und das ist etwas speziell bei der Alternativen Bank Schweiz, haben wir ein zusätzliches statutarisches Organ: die Ethikkontrolle. Sie ist unabhängig und berichtet an der jährlichen Generalversammlung, wie die Bank mit einem ausgewählten Thema aus ethischer Perspektive umgegangen ist.

Wie drücken sich diese Werte im Entschädigungssystem der ABS aus?
Wir haben ein diskriminierungsfreies und funktionsorientiertes Entlöhnungssystem. Der Lohn ist somit nicht von der Person abhängig, sondern von der Funktion. Zweitens haben wir volle Lohntransparenz, sodass jedermann prüfen kann, ob sein Lohn seiner Funktion entspricht. Wir bezahlen keine Boni und kennen auch sonst keine finanziellen Leistungsanreize. Schliesslich haben wir eine Lohnspanne von lediglich 1:5 zwischen dem tiefsten und höchsten Lohn. Aktuell beträgt sie 1:3,7.

Braucht es ein strengeres Bankengesetz?
Es braucht ein anderes Bankengesetz. Heute ist die gesamte Regulierung nur auf die kurzfristigen finanziellen Risiken ausgerichtet. Die langfristigen Risiken für Umwelt und Gesellschaft werden ausgeblendet. Das greift zu kurz.

Sie kritisieren die Gewinnoptimierung der Banken und setzen eine Wertorientierung dagegen. Wie viel darf diese kosten?
Was nützt uns mehr Gewinn, wenn das Klima kippt? Wenn wir Diversitätsverluste hinnehmen müssen und die Wasserressourcen versiegen? Wir sollten uns fragen, wie wir unsere Wirtschaft und Gesellschaft auf einen nachhaltigen Pfad bringen. Wir dürfen zwar als Bank keinen Verlust einfahren, aber wir müssen klare Grenzen setzen und uns klar machen, was wir nicht fördern wollen. Wir müssen fragen, welchen Beitrag wir als Unternehmen oder als Bank an die Gesellschaft leisten. Nur Unternehmen, die auch eine gesellschaftliche Daseinsberechtigung haben, werden überleben.

Lesen Sie morgen den zweiten Teil des Gesprächs: «Es braucht ein ganz anderes Bankengesetz!»

Martin Rohner (52) ist seit 2012 CEO der Alternativen Bank Schweiz. 2016 wurde er in einer Umfrage des Wirtschaftsmagazins Cash zum Banker des Jahres erkoren. Sein beruflicher Weg verlief nach dem Wirtschaftsstudium an den Universitäten Basel, St. Gallen und Cambridge ins Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), zur Entwicklungs- und Weltbank in Washington und dann zur Leitung der Max Havelaar-Stiftung. An der Universität Cambridge schrieb er 1993 eine Diplomarbeit mit dem Titel «Umweltpolitik bei kommerziellen Banken». Rohner ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Die 1990 gegründete Alternative Bank Schweiz verfolgt nebst ihrer ökologischen und sozialen Ausrichtung seit ihren Anfängen eine konsequente Weissgeldstrategie.

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Datum: 01.01.2018
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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