Alphalive in Bulgarien

«Schwerverbrecher sind nicht wiederzuerkennen»

Ob es einen Gott gibt, wisse er nicht, sagte ein bulgarischer Gefängnisdirektor. Aber eines wisse er: Es gibt Schwerverbrecher, bei denen keine Therapie half. Doch der Alphalive-Kurs veränderte sie. Dieser wird von der schweizerischen «Stiftung Mehrwert» unterstützt, die sich auf unterschiedliche Weise in diesem osteuropäischen Land engagiert. «Livenet.ch» unterhielt sich mit dem zuständigen Projektleiter Peter Blaginov.
Peter Blaginov
Jugendarbeit von Alpha Bulgarien
Jugendarbeit von Alpha Bulgarien
Jugendcamp in Bulgarien

Livenet: Peter Blaginov, was macht die Stiftung Mehrwert?
Peter Blaginov: Die Stiftung Mehrwert engagiert sich vor allem in Bulgarien und Rumänien. Dort unterstützen wir mit Know-how und Finanzen den Aufbau der lokalen Arbeit von Alpha Bulgarien und Alpha Rumänien. Das sind zwei lokale Organisationen, die noch im Aufbau sind. Die einheimischen Mitarbeiter und Leiter sind sehr froh um die praktische Hilfe, die sie aus der Schweiz bekommen. Die Stiftung Mehrwert ist vor allem mit Alpha Bulgarien sehr eng verbunden, da sie diese Organisation im Jahr 2009 ins Leben gerufen hat.

Alpha Bulgarien hat momentan drei grössere Arbeitsgebiete: Alphalive, Jungschar und Obdachlosenarbeit. Alpha Rumänien ist gerade in einer Umbruchsphase und konzentriert sich vor allem auf die Alphalive Kurse. In der Schweiz haben wir ausschliesslich ehrenamtliche Mitarbeiter, die mindestens einmal im Jahr vor Ort sind. Grundsätzlich sieht sich die Stiftung Mehrwert in erster Linie als ein Dienstgefäss oder eine Strukturhilfe für operative Missions- und Diakonieprojekte mittels Fundraising und Personaladministration.

Was macht Ihnen bei Ihrem Wirken für die Stiftung am meisten Freude?
Wir sehen, wie sich das Leben von einzelnen Menschen nachhaltig verändert und sie einen tiefen inneren Frieden bekommen, den sie in der sonst oft so feindseligen Umgebung nirgends finden können. Wenn Gefangene, Flüchtlinge oder Obdachlose bei Alphalive Gott kennenlernen, beginnen sie, ruhig zu schlafen und sehen ihr gesamtes Umfeld mit anderen Augen. Neue Lebensperspektiven eröffnen sich. Kinder, die in ein Jungscharcamp kommen und dort die Annahme durch die Mitarbeiter erfahren, gehen verändert nach Hause zurück und fangen an, in der Bibel zu lesen.

Menschen, die Jahre lang nur auf der Strasse gelebt haben und nie die Möglichkeit zum Duschen hatten, werden plötzlich sauber, bekommen neue Kleider und leben wieder soziale Kontakte. Danach finden manche von ihnen trotz der zerrütteten Vergangenheit nach und nach sogar eine neue Ausrichtung, Sinn und Ziel. Das alles macht echte Freude. 

Welche Erlebnisse im Zusammenhang mit Ihrer Arbeit bewegen Sie besonders?
Ich war zu Besuch im Gefängnis in Plovdiv, in dem damals ein orthodoxer Priester Alphalive anbot. Der Gefängnisdirektor sagte mir: «Ich weiss nicht, ob es Gott oder etwas ganz anderes ist, aber die Leute werden nach Alphalive total positiv verändert. Mit einigen Schwerverbrechern hatten wir schon alle möglichen Therapien ausprobiert, aber es half nichts. Sie waren aggressiv und wir kamen mit ihnen einfach nicht zurecht. Jetzt, nachdem sie Alphalive besucht haben, kann man sie nicht mehr wiedererkennen.»    

Ein Mann kam aus einer anderen Gegend, um in einem benachbarten Dorf als Schafhirte zu arbeiten. Sein Chef schlug ihn grundlos zusammen, nahm seine Identitätspapiere und warf ihn blutend am Strassenrand aus dem Auto heraus. Die Polizei fand ihn und brachte ihn in unsere Notunterkunft. Der Zustand des Mannes erinnerte uns an die Geschichte vom barmherzigen Samariter. Das lokale Team setzte sich mit seinen Verwandten in Verbindung, aber sie wollten zuerst nichts mit ihm zu tun haben. Erst nach langen Gesprächen entschied sich die Tochter am Schluss doch noch, den Vater zu sich zu nehmen und sich um ihn zu kümmern.

Nach einem der Sommerlager sagte mir Evgeni: «Ich gehe seit vier Jahren immer in die Jungscharcamps nach Kavlak. Mir fällt auf, dass sogar solche Kinder, die vor Jahren noch aggressiv und gewalttätig waren, jetzt verändert sind und nicht mehr schlechte Worte sagen. Ich habe den Eindruck, dass jeder, der nach Kavlak kommt, nachher plötzlich völlig normal wird.»

Was sind die nächsten Ziele der Stiftung?
Unser Ziel ist, dass Alpha Bulgarien und Alpha Rumänien als Organisationen selbständig werden. Das ist noch ein fernes Ziel, aber wir sind gemeinsam auf dem Weg dorthin. Ausserdem ist es uns ein Anliegen, dass immer mehr junge Christen aus der Schweiz für Kurzzeiteinsätze nach Bulgarien gehen, um die Arbeit vor Ort, vor allem in den Bereichen Jungschar und Notunterkunft, zu unterstützen und dadurch selber zu profitieren.   

Planen Sie einen «Ableger» in einem anderen Land?
Wir können uns gut vorstellen, zu einem späteren Zeitpunkt den Aufbau der Alpha Arbeit auch in einem anderen osteuropäischen Land ähnlich zu unterstützen. Es ist aber nichts, das wir jetzt schon bewusst suchen und anstreben würden. 

Was können wir von den Christen in Bulgarien lernen?
Vor allem, dass es sich trotz allen widrigen Umständen und Kämpfen lohnt, dran zu bleiben und nicht aufzugeben. Ausserdem beeindruckt es uns immer wieder, wenn wir sehen, wie manchmal mit minimalen ökonomischen Ressourcen etwas aufgebaut wird, das dann zur Ehre Gottes dient. Ein paar wenige Christen haben einen starken Erfinder- und Unternehmergeist. Sie lassen sich nicht von den Umständen abschrecken und setzen etwas in Bewegung mit Gottes Hilfe, viel Beharrlichkeit, grossem Ideenreichtum und Geduld ohne Ende. Das wiederum bemerken sogar die nationalen Medien, so dass von Zeit zu Zeit sogar beim Fernsehen positiv über die Arbeit der Christen berichtet wird.

Wie sieht Ihr Herzensanliegen aus?
Unser Gebet ist, dass sich immer mehr junge bulgarische Christen dafür entscheiden, nach dem Ausbildungsabschluss im eigenen Land zu bleiben und dort aktiv zu sein, statt ins besser bezahlte Ausland arbeiten zu gehen.

Und dass in den Sommercamps und während der Jungscharnachmittage Kinder und Jugendliche zum Glauben an Jesus Christus finden und dass die jungen Mitarbeiter gefördert werden sowie dass noch mehr Gemeinden das Potenzial von Alphalive entdecken, damit Menschen zum Glauben kommen und dadurch das veränderte Eingreifen Gottes im eigenen Leben erfahren.

Ausserdem beten wir, dass durch die Arbeit der Notunterkunft obdachlosen Menschen an Leib, Seele und Geist geholfen wird und sich durch das Vorbild auch andere Privatpersonen und Organisationen für den Dienst an den Benachteiligten begeistern lassen. 

Datum: 03.04.2016
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet

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