Abbild der Gesellschaft

Religion in der digitalen Medienwelt

Welche Rolle spielen Werte und Religion in der digitalen Medienwelt? Welchen Platz kann die Kirche in Zeiten von «Google», «Facebook» und Co. einnehmen? Darüber diskutierten Experten aus Kirche und Kultur im deutschen Potsdam.
Medienwelt: Paradiesische Zustände oder Werteverfall?

Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister plädierte dafür, dass sich Theologie und Kirche mehr mit den sinnstiftenden Angeboten der digitalen Medienwelt beschäftigen. Heute erklärten Suchmaschinen die Welt, würden zunehmend Freundschaften über Soziale Netzwerke geschlossen und politische Ereignisse anonym in Diskussionsforen kommentiert.

Digitale Weltreligion

Die neuen Medien verhiessen ein digitales Paradies voller Wunder, sie versprächen zudem Allwissenheit und Allgegenwart. Die globale Kommunikation im Netz stelle eine geradezu «paradiesähnliche Situation» dar. «Apple» oder «Google» würden mittlerweile als «digitale Weltreligionen» wahrgenommen. Dennoch brauche es ein Medium wie Jesus Christus selbst, der aus dem Erkenntnisgewinn einen Sinn generiere, sagt Meister.

Für die Dauerkommunikation mit Twitter-Flut und SMS-Überschwemmung habe die Gesellschaft noch keine geeignete Kultur entwickelt. Der Einzelne drohe verloren zu gehen. Inzwischen gebe es jedoch eine Gegenbewegung, die die digitale Enthaltsamkeit vorziehe.

«Welt friedlicher machen»

Notwendig seien verantwortlich handelnde Menschen, die um die Grenzen und Gefährdungen der neuen Medien wüssten, so Meister. Zwar könnten Medien den Menschen nicht erlösen, sie könnten jedoch weltweit das nützlichste Instrument sein, um die Welt friedlicher und gerechter zu machen. «Vielleicht werden Medien das weltweit wirkungsvollste Instrument sein, um diese Welt gerechter zu machen», sagte Meister.

«Religion macht keine Quote»

Elmar Giglinger, Geschäftsführer der Filmförderung «Medienboard Berlin-Brandenburg», erklärte, die Medien stünden seit jeher in der Kritik. Die Wahrnehmung von Medien sei im ständigen Wandel. So würde etwa das private Fernsehen immer wieder für eine Verflachung des Programms gegeisselt. Das «Dschungelcamp» habe noch vor drei Jahren als menschenverachtend gegolten, vor einem Jahr sei es im Feuilleton gefeiert worden und heute gelte es als akzeptiert. Den «schwarzen Peter» reflexartig an die Medien zu geben «ist zu einfach», sagte er, schliesslich seien sie ein Abbild der Gesellschaft.

RBB-Programmdirektion Claudia Nothelle betonte, in allen Fernsehprogrammen, von der Dschungel-Show bis zur Dokumentation, würden auch Wertefragen behandelt. «Auch in der Dschungel-Show geht es um Solidarität», gab Nothelle zu bedenken.

Jürgen Erdmann, Chefredakteur von «Norddeich TV» hat etwa bei Sendungen wie «Mitten im Leben» oder «Die Oliver Geissen Show» mitgearbeitet. Er verteidigte das Format. Es brauche auch einmal Protagonisten, die in einer solchen Sendung «für Stimmung sorgen». Den Glauben in solchen Sendungen zu thematisieren, hält er für schwierig. «Religion macht keine Quote», sagte er.

Medien bilden Wirkung ab

Der Geschäftsführer der Medienboard Berlin-Brandenburg GmbH, Elmar Giglinger, warnte vor Kulturpessimismus. Immer wenn neue Medien in die Welt kämen, bestehe die Sorge des Werteverfalls. Dies sei schon beim Buchdruck, beim Film und beim Fernsehen der Fall gewesen. Privatfernsehen, Computerspiele und Internet würden jedoch übertrieben negativ wahrgenommen.

«Wir brauchen mehr Medienkompetenz in der Gesellschaft.» Medien seien nicht die Ursache für einen Verfall des Wertesystems der Gesellschaft, sie zeigten eher die Auswirkungen, so Giglinger.

Zu dieser Medien-Tagung in Potsdam hatten am 18. Januar 2012 der Medienbeauftragte des Rates der EKD und der Vereinigung Evangelischer Freikirchen, Oberkirchenrat Markus Bräuer, sowie die Hochschule für Film und Fernsehen eingeladen.

Mehr zum Thema:
Kirche in Facebook, Twitter und Co

Webseite:
Workshop «Werte und Religion in der digitalen Medienwelt»

Datum: 23.01.2012
Quelle: Livenet / pro / idea.de / epd

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