Gefährdet

Menschen ohne Werte und Liebe ...

Jeder Mensch hat seine Laster. Welche Beobachtungen macht dazu ein erfahrener Seelsorger? Fragen an Bernhard Kuhl von der christlichen Beratungsstelle in Mücke.
Laster

Chrischona-Magazin: Kommen zu Ihnen in die Beratung auch Menschen mit Lastern?
Bernhard Kuhl: Vor allem kommen Menschen mit Lasten. Sie haben Probleme, unter denen sie selbst oder die Menschen um sie herum leiden. Dazu gehören natürlich auch Laster. Bisher hat aber noch nie jemand angefragt, weil er von einem Laster befreit werden wollte.

Was ist für Sie ein Laster?
Ein negatives Lebensmuster, beziehungsweise eine sich selbst und andere störende und zerstörende Verhaltensweise. Es dürfte wohl kaum eine einheitliche Definition geben. Im Bereich der christlichen Gemeinde denkt man bei Laster schnell an sexuelle Verfehlungen. Für mich haben aber alle "Wurzelsünden", wie Stolz, Neid, Zorn, Habsucht, Unkeuschheit, Masslosigkeit, Trägheit oder Lüge, die Tendenz, ein lasterhaftes Leben nach sich zu ziehen.

Sind Laster und Sucht das gleiche?
Nein. Hinter einem Laster steckt nicht zwangsläufig eine Sucht. Genauso wenig, wie eine Sucht immer zu einem lasterhaften Leben führen muss. Ein Laster kann natürlich eine Sucht als Ursprung haben, dürfte jedoch häufiger ein angelerntes Verhalten sein. Hier gilt es genau zu differenzieren.

Wo setzt der Seelsorger an?
Wenn ein Mensch aus seinem Leben erzählt, spürt man, ob der Antrieb zu einem bestimmten Verhalten in ungestillten Bedürfnissen liegt und damit die Suche nach Erfüllung der Antrieb ist (Sucht), oder ob einfach bestimmte soziale Spielregeln oder biblische Weisungen nicht gelernt wurden oder bewusst übertreten werden (Laster). Im Gespräch ist dann zu entscheiden, ob man zunächst klärend rückwärtsgewandt oder gleich verhaltensorientiert vorwärtsgewandt am Problem arbeitet.

Welche Laster sind Ihnen bei Christen in Ihrer Seelsorgepraxis schon begegnet?
Der mühevolle Umgang mit der eigenen Sexualität ist besonders häufig Thema. Manche leiden unter perversen Phantasien und Handlungen, Konsum von Pornoheften, stundenlangem Gaffen im Internet, Ehebruch. Aber auch Rauchen und Alkoholkonsum sind für viele ein echtes Problem. Dann gibt es viele subtilere Laster: Jähzorn gegenüber den eigenen Kindern, Gewalttätigkeit gegenüber dem Partner, Faulheit und Lebensverweigerung, Geschwätzigkeit und Tratschsucht, unmässiger Konsum von Unterhaltungsmedien, Verschwendung, Fresserei...

Wo liegt zum Beispiel beim Alkohol die Grenze zwischen Laster und Genuss?
Beim berühmten "Knopf", den man willentlich betätigen kann, oder eben nicht. Wer keine Kontrolle über die von ihm konsumierte Menge hat - egal ob Alkohol, Fernsehen, Computerspiele, Essen -, dem dürften diese Dinge eine Last sein. Das ist der Massstab für ein Laster schlechthin: Es beherrscht mich und nicht umgekehrt.

Was soll ich tun, wenn ich ein Laster erkannt habe?
Anschauen, welche negativen Wirkungen es für mich und andere hat. Fragen, welche ungestillten Wünsche ich mir damit scheinbar erfülle. Entscheiden, ob ich frei werden will und es tun. Komme ich für mich selbst an eine Grenze, hilft das Gespräch mit einem Seelsorger oder Therapeuten.

Welche Menschen sind besonders gefährdet?
Menschen, die ohne Werte und ohne Liebe aufwachsen. Die einen wissen nicht, was dem eigenen und dem gemeinsamen Leben förderlich ist, den anderen fehlt die Kompetenz, mit ihren Emotionen in verantwortlicher Weise umzugehen.

Was raten Sie einem Menschen, der von seinem Laster nicht loskommt?
Ich frage ihn: Willst du wirklich? Ich ermutige ihn: Hab Geduld mit dir selbst! Ich stütze ihn ressourcenorientiert: Was gelingt dir in deinem Leben?

Datum: 08.05.2004
Autor: Uli Limpf
Quelle: Chrischona Magazin

Publireportage
Werbung
Livenet Service
Werbung