SEK

Kritik am Kirchenbund in der Zürcher Synode

Das Eintreten des Schweizerischen Evangelischen Kirchenboten SEK für das Partnerschaftsgesetz gab am Dienstag in der Zürcher Kirchensynode zu reden. Die Evangelisch-kirchliche Fraktion bezeichnete das Handeln des SEK-Rats im Vorfeld des 5. Juni als „gegen die Bibel, verwirrend und beschämend“.
Grossmünster, Wasserkirche und (im Hintergrund) das Rathaus, wo die reformierte Kirchensynode tagt.
‚Zwingli nicht im Sinkflug’: Kirchenratspräsident Ruedi Reich gab sich zuversichtlich (Archivbild von 2004).
Die Reformierten sind in der Stadt Zwinglis heute eine Minderheit.
Die Beziehung der Zürcher Kantonalkirche mit dem Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund beschäftigte die Synode.
Gegen Traditionsabbruch: Die Landeskirche stellt Materialien zusammen, die als Alternative zum Alphalive-Kurs gedacht sind.
Familie vor dem Kirchgemeindehaus St. Peter im Herzen Zürichs: Wie gelingt die Weitergabe des christlichen Glaubens an die nächste Generation?

Die Evangelisch-kirchliche Fraktion verwies in einer Erklärung darauf, dass der SEK-Rat mit seiner Stellungnahme den ökumenischen Konsens verlassen habe. Synodale aus mehreren Fraktionen äusserten Kritik an der mangelnden Sorgfalt des SEK-Rates beim Erstellen theologischer Grundsatzpapiere zu Tagesfragen (auch Fristenlösung und Stammzellenforschung).

Sie legten der Abordnung der Zürcher Landeskirche in der nächstens tagenden Abgeordnetenversammlung des SEK nahe, dies zur Sprache zu bringen. Kirchenratspräsident Ruedi Reich verwies auf die Meinungsvielfalt als Kennzeichen des Protestantismus.

Auch der Kirchenbote (der vom Zürcher Pfarrverein herausgegeben, aber weitherum als Sprachrohr der Landeskirche angesehen wird), kam in der Synode unter Beschuss – nicht nur wegen seiner einseitigen Behandlung des Partnerschaftsgesetzes, sondern auch wegen anderer Artikel.

„Zwingli im Sinkflug“? – Kirchenbote unter Beschuss

So wurde kürzlich ein atheistischer Kirchenpfleger vorgestellt – mit dem Zitat «Die Kirche braucht Gott nicht» im Titel. Die Entwicklung in der Stadt Zürich hat die Zeitschrift in der jüngsten Nummer mit dem Dossier „Zwingli im Sinkflug“ thematisiert.

Ende 2004 ist die Zahl der Reformierten in der Limmatstadt unter die 100’000-Marke gesunken. „Seit 1980 haben die Stadtzürcher Kirchgemeinden jährlich 1,77 Prozent ihrer Mitglieder verloren, ein Rückgang von insgesamt 42,44 Prozent“ – mehr als das Doppelte des kantonalen Mittels (minus 19,55 Prozent).

Die Reformierten in der Stadt Zürich eine Minderheit

Die Vorsitzende des Stadtverbands, Christine Grünig, spricht im Kirchenboten von einer Diaspora-Situation. Die Reformierten liegen mit ihrem Bevölkerungsanteil (derzeit weniger als 30 Prozent) seit fünf Jahren hinter den Katholiken.

Der Kirchenbote erwähnt neben der Überalterung und der Kinderarmut („Wer kann, zieht weg“) aber auch die Stadtgemeinden Höngg und Industriequartier, die Mitgliederzuwachs haben.

Nach der Papstwahl

Kirchenratspräsident Ruedi Reich äusserte sich zum Titel im Kirchenboten ungewohnt deutlich – und nahm auch gleich Bezug auf die Ereignisse jenseits der Alpen: „Die römische Kirche feiert sich selbst einen Monat lang, und die Reformierten reiben sich jeden Morgen die Augen und wundern sich, dass sie noch da sind. Zwingli ist nicht im Sinkflug, der liebe Gott schon gar nicht. Und wenn doch, dann direkt auf uns zu!» Rolf Kühni, Präsident des Pfarrvereins, suchte die Kirchenbote-Redaktion in Schutz zu nehmen.

Bald neues Kirchengesetz

Der Kirchenratspräsident informierte die Synode über die Absicht der Kantonsregierung, nach der Annahme der neuen Verfassung im Februar rasch ein neues Kirchengesetz auszuarbeiten, welches der Landeskirche viel grössere Autonomie einräumen werde. Eine SVP-Motion im Kantonsrat zielt auf die Abschaffung der Kirchensteuer für Unternehmen.

Fast keine biblischen Geschichten mehr in der Primarschule

Die drastische Beschneidung biblischer Inhalte in der Primarschule legte die für Religionspädagogik zuständige Kirchenrätin Anemone Eglin dar. Gemäss der Bildungsdirektion, die das Fach „Biblische Geschichte“ nicht mehr will, sollen multikulturell verträgliche Inhalte in anderen Fächern vorkommen.

Die Synodalen hatten die Details auf dem Pult; Eglin summierte sie: „Im geänderten Lehrplan bleiben von den biblischen Geschichten – für sechs Jahre! – gerade noch die Schöpfungsgeschichte, der Turmbau zu Babel und der barmherzige Samariter übrig.“ Das Anliegen der von den Kirchen mitgetragenen Volksinitiative, welche auf eine Vermittlung des biblischen Erbes in der Volksschule abzielt, sei damit keineswegs erfüllt.

Verzögerte Volksabstimmung über Primarschulfach Biblische Geschichte

Die Kirchenrätin rief die Synodalen auf, sich bis zur Volksabstimmung unermüdlich für das Freifach einzusetzen – zum Wohl der Gesellschaft. Derzeit bieten 70 Prozent der Gemeinden das Fach an, obwohl sie es selbst finanzieren müssen; auch die Winterthurer Stimmbürger haben sich deutlich dafür ausgesprochen.

Die Debatte zum Jahresbericht 2004, der auch den alarmierenden Traditionsabbruch in der Landeskirche thematisiert, dauerte bis in den Nachmittag hinein. Dabei äusserte sich Kirchenrat Andres Boller positiv über den Alphalive-Kurs, der einfach in den christlichen Glauben einführe.

Boller gab bekannt, dass eine Arbeitsgruppe in der Zürcher Kirche Material für einen ähnlich gelagerten Kurs mit anderem theologischen Ansatz zusammenstellt; es soll im Herbst vorliegen.

Die Landeskirche spart – bei finanziell ungewissen Aussichten

Ohne Diskussion genehmigten die Synodalen die Rechnung 2004 der Zentralkasse. Sie schliesst bei einem Umsatz von rund 56 Millionen Franken mit einem einmaligen Ertragsüberschuss von 5,4 Millionen ab.

Der Hauptgrund: Die Landeskirche hat ihren Anteil am Evangelischen Zentrum für Ferien und Bildung in Magliaso bei Lugano an den Miteigentümer, den Verband der Stadtzürcher Kirchgemeinden, verkauft. Daneben zeitigten verstärkte Sparbemühungen Wirkung. Der Überschuss wird dem Eigenkapital gutgeschrieben.

Der Rechnungsabschluss darf gemäss der für die Finanzen zuständigen Kirchenrätin Helen Gucker nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Landeskirche aufgrund rückläufiger Steuereinnahmen der Kirchgemeinden finanziell unsicheren Zeiten entgegen geht.


Reformierte vor der Abstimmung über das Partnerschaftsgesetz

Erklärung zur Bewertung der Opfertheologie

Der Kirchenbote zur Entwicklung in der Stadt Zürich: www.kirchenbote-zuerich.ch

Datum: 18.06.2005

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