Gefährliche Entwicklung in der Fortpflanzungsmedizin

Dr. Daniel Beutler

Dr. Daniel Beutler, Generalsekretär der AGEAS, der Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Ärztinnen und Ärzte der Schweiz, erläutert den Protest der AGEAS und anderer Lebensrechtler gegen einen Artikel des österreichischen Gynäkologen Karl Illmensee übers Klonen von Menschen.

„Stell Dir vor, einer klont und keiner sagt mehr was....“ So titelte die „Tagespost“, die katholische Zeitung für Politik, Gesellschaft und Kultur zu Recht als Reaktion auf eine skandalöse wissenschaftliche Publikation.

Da veröffentlicht der österreichische Gynäkologe Karl Illmensee doch selbstbewusst die Resultate seiner Experimente unter dem Titel „Mammalian cloning and its Discussion on Applications in Medicine“. Und zwar nicht in irgendeiner Boulevardzeitschrift, sondern im angesehenen „Journal für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie“.

Nickt die Standesorganisation?

Brisant ist dabei besonders, dass es sich um das offizielle Organ der Schweizerischen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin SGRM handelt und dass ausgerechnet dieser Standesorganisation vom Bundesrat die Kontrolle über die Umsetzung des Fortpflanzungsmedizingesetzes (FmedG) übertragen wurde. Etwas plakativ ausgedrückt kommt das dem Wirt gleich, der hinter der Eingangstüre Alkohol ausschenkt und am Ausgang die Alkoholproben durchführt. Diesbezüglich laufen Anfragen und Interpellationen im Parlament – wir sind gespannt auf die Antworten!

In der besagten Publikation beschreibt Illmensee, wie er für ein unfruchtbares Paar einen geklonten menschlichen Embryo erzeugte und diesen der Frau einpflanzte. Obschon dadurch keine Schwangerschaft eingeleitet werden konnte, preist der Forscher seine Erkenntnisse als Meilenstein in der medizinischen Forschung und sieht sich als Retter vieler Paare, die auf natürlichem Weg keine Nachkommen erzeugen können. In der Schweiz ist das Klonen gemäss Art. 119 der Bundesverfassung verboten und wird nach Art. 36 des Fortpflanzungsmedizingesetzes mit Gefängnis bestraft.

Jagd nach Prestige

Illmensee geniesst unter Forscherkollegen nicht den besten Ruf und musste sich auch schon gründlichen Untersuchungen seiner Tätigkeiten unterziehen, zumal ihn ehemalige Mitarbeiter des Betrugs bezichtigten. Die Sache zeigt aber auf, dass wissenschaftliche Forschungstätigkeiten am „Kern des Lebens“ etwas Mystisches bergen, indem sie mit der Vorstellung verknüpft sind, die Entschlüsselung der Lebensvorgänge auf molekularer Ebene berge die Lösung für den endgültigen Sieg über viele schwere Krankheiten. Dementsprechend brillant ist der Prestigegewinn für einen Forscher, der dort Durchbrüche vollbringt. Der Koreaner Hwang Woo Suk opferte für die gefälschten Resultate seiner Arbeit seinen guten Ruf und die Karriere.

Daher erstaunt auch die Ignoranz nicht, mit welcher man sich in diesen Forscherkreisen über ethische Bedenken hinwegsetzt, insbesondere wenn diese aus der christlichen Ecke kommen. Im säkularen ethischen Diskurs kann Gott höchstens eine Annahme, nie aber eine Wahrheit sein.

Ungebremster Machbarkeitswahn

In der Folge wird der Lebensschutz ausgehöhlt, die Heiligkeit des Lebens nicht bloss untergeordnet, sondern zu Gunsten vermessener humanistischer Ziele und eines ungebremsten wissenschaftlichen Machbarkeitswahns regelrecht vom Tisch gefegt und wenn die philosophischen Argumente nicht mehr genügen, ist man halt um den Forschungsplatz Schweiz besorgt.

Der politische Prozess rund um die Fortpflanzungsmedizin ist ein Paradebeispiel für den Begriff der Salamitaktik. So haben die Abstimmungsresultate zur Fristenlösung und Stammzellenforschung sowie das Transplantationsgesetz einen erst heute allmählich abschätzbaren Erdrutsch verursacht. Ausserdem wurde seitens der Befürworter einer „fortschrittlichen Fortpflanzungsmedizin wiederholt mit falschen Versprechen manipuliert! Die Statistiken zum FMedG würden diese Vermutung untermauern, sofern die Zahlen repräsentativ wären. So ist es skandalös, dass bis heute niemand sicher sagen kann, wie viele sog. „überzählige“ Embryonen seit in Kraft treten des Gesetzes tiefgefroren wurden.

Ethischer Dammbruch

Die kommenden Beschlüsse zur Präimplantationsdiagnostik und zur Forschung am Menschen scheinen in dieselbe Richtung zu gehen und begünstigen so unweigerlich einen Dammbruch ethischer Verantwortlichkeit. Der Schutz des Menschen in seiner empfindlichsten Form wird wohl endgültig fallen. Dabei zeichnet sich ab, dass weder das ethische Gewissen der Forscher selber, noch die Nationale Ethikkommission dieser Entwicklung etwas entgegenzuhalten haben.

Homepage der AGEAS

Autor: Dr. med. Daniel Beutler-Hohenberger
Quelle: AGEAS

Datum: 05.07.2007

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