Forscher verteidigen Einpflanzung von Human-Zellen in Tiere

Mischwesen aus Mensch und Tier mit Patent?

Das Göttinger Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie hat seine so genannten Chimären-Versuche verteidigt. Es sei keine Züchtung von Mischwesen aus Mensch und Tier beabsichtigt gewesen.

Bei dem Experiment waren zwei Affen Nervenzellen menschlicher Embryonen eingepflanzt worden. Der Nationale Ethik-Rat hatte scharf gegen die Versuche protestiert.

Über die Experimente hatte das Hamburger Nachrichtenagentur «Der Spiegel» in seiner jüngsten Ausgabe berichtet. Der Institutssprecher Christoph Nothdurft nannte die Berichte vom Wochenende «sehr überzogen». Die genehmigten Versuche hätten der Erforschung der Parkinson-Krankheit gedient, sagte Nothdurft. Er schloss aus, dass sich das Gehirn der Affen durch das Experiment dem des Menschen angenähert haben könnte.

Die beiden Weissbüschel-Affen aus dem Deutschen Primaten-Zentrum in Göttingen seien kontinuierlich überwacht worden und hätten nach der Transplantation keine Anzeichen von Leiden oder Schmerz gezeigt. Nach fünf Wochen seien die Tiere wie geplant eingeschläfert worden. Spätere Untersuchungen hätten einen Verdacht auf Tumorbildung ergeben.

Parkinson-Erkrankung erforschen

Die Federführung bei den Versuchen lag bei dem Göttinger Biochemiker Professor Ahmed Mansouri. Er leitet am Max-Planck-Institut seit 2002 die Arbeitsgruppe «Molekulare Zelldifferenzierung». Diese will das Potenzial von embryonalen Stammzellen für die Behandlung der Parkinson-Erkrankung erforschen.

Die Stammzellen dienen dabei als Ausgangsmaterial für die Entwicklung von Nerven-Vorläuferzellen. Sie sollen im Gehirn Zellen ersetzen, die bei der Parkinson-Erkrankung untergehen. Diese Strategie wird zunächst in Ratten und in Primaten überprüft. Nach Angaben des Max-Planck-Institutes wurden alle Versuche vom Robert Koch Institut genehmigt.

Laut «Spiegel» experimentieren auch andere deutsche Stammzellforscher mit menschlichen und tierischen Zellen. Der Bonner Neurowissenschaftler Professor Oliver Brüstle erhielt die Genehmigung, aus menschlichen embryonalen Stammzellen gewonnene Zellen in das Gehirn von Mäusen und Ratten zu spritzen.

„Absolut inakzeptabel“

Der Vorsitzende des Nationalen Ethikrates, Spiros Simitis, sagte dem Magazin, er halte diese Forschungen für «absolut inakzeptabel». Er forderte die Wissenschaftler auf, «zu den Versuchen Stellung zu nehmen, damit der bioethische Diskurs nicht wieder überrannt wird».

Ende Juni werde sich der Ethikrat mit dem Thema Chimären befassen, kündigte Simitis an. Eile sei geboten, denn «in den Laboren passiert sowieso schon mehr, als wir wissen».

Auch der Vize-Vorsitzende der Enquetekommission «Ethik und Recht der modernen Medizin» im Bundestag, Hubert Hüppe (CDU), kritisierte das Göttinger Experiment. Dass die Versuchstiere Tumore entwickelten und nicht überlebten, stelle das Konzept der Transplantation embryonaler Stammzellen grundsätzlich in Frage.

Chimäre ist die biologische Bezeichnung für Individuen, die aus genetisch unterschiedlichen Teilen bestehen. In der griechischen Mythologie waren Chimären Mischwesen aus Ziegen, Löwen und Schlangen.

Datum: 04.05.2005
Quelle: Epd

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