Erstes Retortenbaby Louise Brown feiert 25. Geburtstag

Inzwischen sind weltweit 1 Million bis 1,5 Millionen Babys durch künstliche Befruchtung gezeugt worden. Pro Tag werden in der Schweiz zwei Kinder geboren, die durch In-vitro-Fertilisation (IVF) gezeugt worden sind.
Eine neue Studie brachte an den Tag, dass Fruchtbarkeitskliniken in den Vereinigten Staaten über 400.000 eingefrorene menschliche Embryonen lagern.

Das weltweit erstgeborene Retortenbaby, die Britin Louise Brown, feierte kürzlich ihren 25. Geburtstag. Louise Brown küsst zu diesem Anlass ihren „zweiten Vater“, Professor Bob Edwards, der zusammen mit den Gynäkologen Patrick Steptoe die erste künstliche Befruchung überhaupt ausgeführt hatte. Seither sind rund eine Million Babies dank einer In-vitro-Fertilisation (IVF)-Beandlung geboren worden

Louise Brown, das erste Retortenbaby der Geschichte, hat kürzlich mit einer grossen Party seinen 25. Geburtstag gefeiert. Zu der Feier, die einen Tag nach dem eigentlichen Geburtstag in der Nähe von Cambridge stattfand, hatten sich mehr als 1000 andere Retortenbabys eingefunden.

»Ich fühle mich nicht als etwas Besonderes«, sagte Louise, die in der Nähe von Bristol lebt und von ihrem Verlobten Wesley Mullinder (33) begleitet wurde. »Ich bin einfach ganz normal.« Dabei hatte sie ihren Arm um Professor Bob Edwards (77) gelegt, der 1977 zusammen mit dem Gynäkologen Patrick Steptoe die erste künstliche Befruchtung ausgeführt hatte.

Am 25. Juli 1978 wurde Louise in Oldham bei Manchester geboren. Steptoe starb 1988. Louise Brown, die als öffentlichkeitsscheu gilt, sagte, sie gebe nicht gern Interviews und habe auch nichts Aufregendes zu erzählen. Aber auf diesen Tag habe sie sich sehr gefreut: »Es ist so schön, hier zu sein und all die anderen Retortenbabys zu sehen.«

Edwards erinnerte daran, dass seine Kollegen und er damals gegen grosse Widerstände hätten ankämpfen müssen. Heute könne er kaum glauben, was in den vergangenen 25 Jahren alles geschehen sei: »Die Welt entwickelt sich so schnell in der Wissenschaft. Es ist absolut unglaublich."

Über eine Million künstliche Befruchtungen seither

Inzwischen sind weltweit 1 Million bis 1,5 Millionen Babys durch künstliche Befruchtung gezeugt worden. Pro Tag werden in der Schweiz zwei Kinder geboren, die durch In-vitro-Fertilisation (IVF) gezeugt worden sind.

Die IVF habe sich in den letzten Jahren zu einer bewährten Methode entwickelt, um Paaren zu helfen, deren Kinderwunsch infolge Fruchtbarkeitsstörungen unerfüllt bleibt, so Organon AG. Dabei werden der Frau gereifte Eizellen vom Eierstock genommen, die vorgängig mit Fruchtbarkeitshormonen angeregt worden seien. Eine solche Therapie setze regelmässiges Spritzen von Hormonen während einer bestimmten Zeit voraus. Im Labor werden dann die Eizellen mit dem Sperma des Mannes vermischt. Zwei bis drei Tage später werden ausgewählte befruchtete Eizellen in die Gebärmutterhöhle übertragen. Allerdings liege die Erfolgsrate der IVF nach drei IVF-Zyklen immer noch unter 50%, sei aber im Steigen begriffen.

Die Kehrseite lässt erschauern

Auf die Negativfolgen der In-Vitro-Fertilisation machte der österreichische "Familien-Bischof" Klaus Küng im Hinblick auf den 25. Jahrestag der Geburt des ersten Retorten-Babys aufmerksam. Der Bischof und ausgebildete Arzt verwies vor allem auf die permanent anfallenden "überzähligen" Embryonen, die getötet würden und auf absehbaren Identitätsprobleme der so entstandenen Kinder hin.

Zudem öffne die einer Einpflanzung künstlich befruchteter Eizellen vorausgehende Präimplantationsdiagnostik (PID) der Selektion Tür und Tor. "Wenn weltweit bereits mehr als eine Million Menschen durch künstliche Befruchtung gezeugt wurden, mag das beim ersten Hinhören positiv klingen", so der Bischof, "bei näherer Betrachtung der damit verbundenen Probleme lässt sich ein Schaudern fast nicht unterdrücken".Viele weitere mit künstlicher Befruchtung zusammenhängende Fragen wie Hormonbehandlungen, Eizellenentnahme, Samenspenden, Implantationen usw. seien "ethisch ungeklärt". Für Küng wäre es auch "interessant zu wissen, welchen Umsatz das Ganze gebracht hat".

Bei Embryonen handelt es sich um Menschen

Wenn mehrere - meist drei bis vier - implantierte Eizellen in der Gebärmutter anwachsen, mache die Reduktion der Embryonen "selbst hart gesottenen Medizinern und den assistierenden Krankenschwestern zu schaffen", betonte Küng: "Denn es handelt sich ja bei jedem Embryo um einen Menschen in seiner allerersten Entwicklung". Der Bischof von Feldkirch wandte sich damit gegen die Ansicht des österreichischen Fertilisationsexperten Wilfried Feichtinger.

Für Bischof Küng ist das eine "abwertende und beinahe höhnisch klingende Aussage". Es sei heute besser denn je bekannt, dass schon in der Zygote die gesamte Erbanlage einer Person wie Grösse, Charakter, Talente, Haar- und Augenfarbe grundgelegt ist. Laut Küng liegt die Erfolgsrate bei rund 30 Prozent. Das sei "gewiss ein Fortschritt gegenüber den anfänglichen 15 Prozent, aber auch jetzt sei die Zahl der Fehlversuche beachtlich". Ausserdem könne es sich ein Reproduktionsmediziner nicht leisten, ein behindertes Kind zu 'produzieren'". Somit "müssten" wohl auch all jene sterben, "die vielleicht irgendwie von der vom Arzt festgelegten 'Norm' abweichen", so der Bischof.

400'000 eingefrorene Embryonen

Eine neue Studie brachte an den Tag, dass Fruchtbarkeitskliniken in den Vereinigten Staaten über 400.000 eingefrorene menschliche Embryonen lagern, berichtete die “Washington Post”. Die Studie, die sich auf die ganzen Vereinigten Staaten bezieht, wurde von der ‚Gesellschaft für unterstützte reproduktive Technologie‘ und von der ‚RAND-Corporation‘ durchgeführt. Die Zahl gehe über bisherige Schätzungen weit hinaus. Die Embryonen werden für eine mögliche künftige Verwendung aufbewahrt, obwohl die Erfahrung zeige, dass viele einfach ohne Verwendung bleiben werden.

Die Sache mit den eingefrorenen Embryonen bringt aber eine Anzahl von Problemen mit sich. Die Lagerungskosten belaufen sich auf 1.500 Dollar pro Jahr. Doch die Idee, sie wegzuwerfen, rufe das Entsetzen jener hervor, die dagegen protestieren, sich menschlichen Lebens zu entledigen. Einige Gruppen schlagen die Adoption der ungewünschten Embryonen als eine Alternative zu ihrer Vernichtung vor, aber Philosophen und Theologen seien sich über die ethische Zulässigkeit einer solchen Praxis nicht einig.

Der US-Kongress hat kürzlich eine Million Dollar für ein Programm, das die Adoption von Embryonen ins Bewusstsein der Allgemeinheit rücken soll, genehmigt. Die Hälfte davon ging an die Organisation ‚Nightlight‘, die das Geld dazu verwende, um eine Werbe-Web-Site einzurichten und Videofilme und Broschüren herzustellen, die an Kliniken verteilt werden sollen. Die übrigen 500.000 Dollar wurden an andere christlich orientierte die Adoption befürwortende Gruppen und Zentren verteilt.

Viele ungeklärte juristische Probleme

Wie ist es bei Kindern, die nach dem Tod ihres Vaters empfangen werden? Die Juristen sind sich darüber nicht einig. Im vergangenen Jahr entschied ein Richter an einem Bundesgericht in den Vereinigten Staaten, dass zwei nach dem Tod ihres Vaters empfangene und geborene IVF-Kinder gesetzlich nicht sein Nachwuchs sind.

Früher sprach ein britisches Gesetz Kindern, die nach dem Tod ihres Vaters empfangen wurden, ausdrücklich, das Recht ab, seinen Namen auf ihren Geburtsurkunden zu haben. Dies wurde jetzt als inkompatibel mit der europäischen Menschenrechtskonvention erklärt.

Die vielfältigen rechtlichen und ethischen Komplikationen, die von IVF-Verfahren ausgehen, geben guten Grund, neu darüber nachzudenken, ob die stürmische Nachfrage, koste es, was es wolle, Kinder zu bekommen, der Weisheit letzter Schluss sei.

Überarbeitet von Antoinette Lüchinger

Quelle: Zenit/Livenet/pte-online/Kipa/dpa

Datum: 11.08.2003

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