Kruzifix-Streit in Bayern

Ist Religion privat oder öffentlich?

Der deutsche SPD-Spitzenkandidat für die Europawahl, Martin Schulz, findet, dass der öffentliche Raum religiös «neutral» sein müsse. Nachdem prominente Kirchenleute ihn scharf kritisiert hatten, krebst der Kandidat zurück.
Kruzifix
Martin Schulz

Schulz hatte am 15. Mai in einer Fernsehdebatte gesagt, dass zwar jeder die Möglichkeit haben solle, seinen Glauben persönlich zu zeigen, der öffentliche Ort jedoch «neutral» sein müsse. Dies war allgemein so gedeutet worden, dass der Politiker Kreuze und andere religiöse Symbole aus Behörden und Schulen verbannen will. Schulz hatte ferner gesagt, er sehe in Europa «das Risiko einer sehr konservativen Bewegung zurück.» Dies müsse im Sinne der Anti-Diskriminierung bekämpft werden. Seine Äusserungen wurden von Prominenten der CSU, der CDU und aller christlichen Konfessionen scharf kritisiert.

Welche Rolle wird die Religion in Europa haben

Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm (München), wandte sich dagegen, religiöse Symbole aus dem öffentlichen Raum zu entfernen. «Ich halte das für den ganz falschen Weg», sagte er in einem Interview mit dem Oberbayerischen Volksblatt. Weltanschauliche Neutralität heisse nicht, «dass nur eine religionsfreie Haltung öffentlich salonfähig ist». Die Kirchen seien wichtige Kräfte in der Zivilgesellschaft, die sich für Frieden, Versöhnung und Toleranz einsetzten. Es tue einer demokratischen Gesellschaft gut, wenn sie sich von ihren Grundlagen auch öffentlich äussern könnten – «wenn ihre Symbole genauso öffentlich sichtbar sind wie die anderer Grundorientierungen». Die Äusserungen seien ein Anlass darüber zu diskutieren, welche Rolle Religion in Europa haben könne.

«Sehr konservative Bewegung zurück»

Die Konferenz Bekennender Gemeinschaften in den evangelischen Kirchen warf Schulz vor, die Befürworter des Kreuzes in der Öffentlichkeit als «das Risiko einer sehr konservativen Bewegung» zu diskriminieren. Demnach gehe es mit Europa nur ohne Kreuz vorwärts. Wer den christlichen Glauben in das lediglich Private verbanne, «fördert eine zunehmende Entchristlichung Europas, trennt die Zukunft Europas von ihren christlich-abendländischen Wurzeln, von christlicher Kultur und ihren Werten», erklärte der Vorsitzende der theologisch konservativen Vereinigung, Pastor Ulrich Rüss (Hamburg). Das Kreuz Jesu und seine Botschaft sei für Europa «eine verbindende Mitte gerade für die Zukunft».

Ist Religion nur Privatsache?

Nach Ansicht des Evangelischen Arbeitskreises (EAK) der CDU/CSU gehört Religion in den öffentlichen Raum. Die Äusserungen hätten wieder einmal gezeigt, dass es «die alte, ideologische Geisteshaltung der im Grunde kirchendistanzierten Linken sei, die die Religion am liebsten zur reinen Privatsache stilisieren möchte». Die CDU-Bundestagsabgeordnete Elisabeth Motschmann (Bremen) warnte: «Ohne Kreuz hört das Herz Europas auf zu schlagen.» Sie griff damit eine Aussage des SPD-Politikers August Winnig (1878-1956) auf: «Entweicht Europa dem Kreuz, so hört es auf, Europa zu sein.»

Schulz freut sich an Kruzifixen

Der Auslöser der Debatte, Martin Schulz, krebste nach der heftigen Kritik zurück und stellte fest, er wolle keine christlichen Symbole verbieten. «Kreuze sind ein Teil unseres Erbes, über das ich mich bei jedem Spaziergang freue», so Schulz wörtlich.  

Datum: 21.05.2014
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / idea

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