Fünf Organisationen verlangen Reform der Schweizer Familienpolitik

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Bern. Die Vereinigung "Perspektive Familienpolitik", zu der sich fünf nationale Organisationen zusammengetan haben, hält die schweizerische Familienpolitik für völlig ungenügend. Sie fordert in einem Positionspapier wirksame Reformen des Familienlastenausgleichs: eine umfassende Bundeslösung für Familienzulagen, Ergänzungsleistungen für Familien in der gesamten Schweiz, eine schnelle Verwirklichung der Mutterschaftsversicherung und eine Reform der Familienbesteuerung im Sinne des Familiensplittings.

Auf nationaler Ebene fehlen laut Positionspapier familienpolitische Massnahmen weitgehend und der gegenwärtige Familienlastenausgleich bleibt ungerecht. In den meisten Kantonen seien die Leistungen im Rahmen des Familienlastenausgleichs sehr tief. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Kantonen seien bei Steuerabzügen und Kinderzulagen unverhältnismässig gross: 44 Prozent betragen die Leistungen des Kantons mit dem tiefsten Lastenausgleich im Vergleich zu demjenigen mit dem höchsten Lastenausgleich.

Zur "Perspektive Familienpolitik" haben sich die Eidgenössische Koordinationskommission für Familienfragen (EKFF), Pro Familia, Pro Juventute, die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) und die Städteinitiative "JA zur sozialen Sicherung" zusammengetan. Die Vereinigung sei der Auffassung, dass Familienpolitik eine zentrale gesellschaftliche Aufgabe sei, unterstrich am Dienstag EKFF-Präsident Jürg Krummenacher bei der Präsentation des gemeinsamen Positionspapiers. "Perspektive Familienpolitik" trete deshalb für eine "neue Familienpolitik" und wirksame Reformen des Familienlasten- und Familienleistungsausgleichs ein.

Steuerabzüge und Familienzulagen

Die "Perspektive Familienpolitik" will vorderhand am dualen System von Steuerabzügen und Familienzulagen festhalten. Bezüglich der Reform der Familienbesteuerung spricht sich die Vereinigung für ein "Familiensplitting" aus, weil ihrer Ansicht nach nur dieses Modell einem modernen Familienverständnis Rechnung trägt und Haushalte mit Kindern gezielt unterstützt. Gleichzeitig möchte sie verhindern, dass Familien wegen der Bezahlung der Steuern unter das Existenzminimum fallen.

Die Perspektive Familienpolitik postuliert auch eine grundlegende Reform der Kinderzulagen. Sie strebt eine umfassende bundesrechtliche Lösung mit einheitlichen Kinderzulagen für alle Kinder in der Höhe von mindestens 200 Franken, für Kinder in der Ausbildung von 250 Franken an. Die Perspektive Familienpolitik unterstützt zudem eine rasche Verwirklichung der Mutterschaftsversicherung.

Familienergänzungsleistungen

Eine der grössten Herausforderungen für die Familienpolitik ist laut Positionspapier die Familienarmut. Es sei inzwischen unbestritten, dass Familien heute in besonderem Mass von Armut betroffen sind: ihr Anteil am Total der Armen betrage rund 60 Prozent und 120.000 Kinder wüchsen in armen Haushalten auf. Eine schweizweite Einführung von einkommensabhängigen Familienergänzungsleistungen im Sinne des Tessiner Modells würde die Armutsquote der Familien in der Schweiz praktisch halbieren. Die Perspektive Familienpolitik unterstützte darum die Parlamentarischen Initiativen Fehr und Meier-Schatz zur Einführung von Ergänzungsleistungen für einkommensschwache Familien auf Bundesebene nach dem "Tessiner Modell".

Die Reform des Familienlastenausgleichs und die bundesweite Einführung von einkommensabhängigen Familienergänzungsleistungen wird nach Berechnungen der fünf Organisationen rund 720 Millionen Franken kosten. Davon würden 300 Millionen für die Verwirklichung des Tessiner Modells auf Bundesebene anfallen.

Datum: 22.08.2002
Quelle: Kipa

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