120 Chöre und Tausende von Gläubigen am Tag der Kirchen an der Expo.02

Bäretswiler Solistin

Biel/Murten/Neuenburg/Yverdon. Tausende wohnten am Pfingstsonntag dem Tag der Kirchen an der Landesausstellung Expo.02 bei. An der abschliessenden ökumenischen Vesperfeier in Biel nahmen 4000 Personen, an jener in Yverdon 2500 Personen teil. 120 kirchliche Gesangsformationen mit insgesamt 4300 Sängerinnen und Sängern belebten die vier Arteplages Biel, Murten, Neuenburg und Yverdon. Nationalratspräsidentin Liliane Maury Pasquier forderte in Yverdon die Kirchen zur Solidarität mit der heutigen und der künftigen Generation auf.

Die Vielfalt der an der Landesausstellung auftretenden 120 Chöre kann hier in nur sehr verkürzter Form wiedergegeben werden, denn diese waren auf den vier Arteplages allgegenwärtig – zur Überraschung vieler Expo-Besucher: Schon wieder eine Sekte, murrte etwa ein Passant.

Doch jeder Chor hatte sein Publikum, wie zum Beispiel der bloss sechsköpfige Jugendchor "Alive" der Mennoniten aus Tavannes BE, der Gospellieder vortrug. Überhaupt an keine Kirche gebunden ist die Gospel-Formation "The Moor Train Fellows" aus Kallnach BE; als "kirchliche Zugehörigkeit" gibt sie an: "unabhängig".

Die Chöre deckten alle kirchlichen Musikrichtungen wie auch alle Altersgruppen ab. Aus Basel angereist war etwa der römisch-katholische Gesangchor der Marienkirche, der mit Werken klassischer Komponisten wie Orlando di Lasso und Mendelssohn auftrat. Bevor er nach Yverdon weiterreiste, trug er in Neuenburg auch ein Opus des Schweizers Oswald Jäggi vor.

Kirchen- und Kinderchor

Als klassischer Kirchenchor, wie man ihn in jeder Kirchgemeinde kennt, entpuppte sich der gemischte Chor aus Grandvillard FR, der zudem ganz traditionell in Volkstrachten des Greyerz-Bezirks auftrat. Äusserst lebhaft ging es bei den Jugend- und Kinderchören zu, zum Beispiel bei den "Gospel Kids" der evangelisch-reformierten Kirche Flawil SG, den "Inspirational Singers" aus Glarus, deren Mitglieder aus Freikirchen wie auch den beiden grossen Landeskirchen stammen, oder den "Heavenly Singer" aus der evangelischen Kirchgemeinde Bever GR.

Ganz anders tönte es bei strengeren kirchlichen Formationen. Da ist einmal auf die "Choralschola Benediktinermönche" hinzuweisen, der Mönche aus Disentis, Einsiedeln, Sarnen und Mariastein angehören. Ebenfalls dem Gregorianischen Choral widmete die Formation "Oriscus " aus Granges-Paccot FR ihre verschiedenen Auftritte auf den Arteplages. Wie die Benediktiner erschien auch der Chor der evangelischen Diakonissinnen aus Bern im Ordensgewand. Der besonderen Pflege der liturgischen Musik hat sich der Chor der christ-katholischen Kirche "Voces laudis" verschrieben. Seine Mitglieder kommen aus der ganzen Schweiz. Die Proben finden darum jeweils an verschiedenen Orten statt. Und schliesslich ist die ist die Heilsarmee mit mehreren grossen Formationen an die Landesausstellung gezogen.

Zwei Chöre seien noch besonders erwähnt: Aus Freiburg nahm der "Kiésse-Kreis" teil, den Behinderte bilden. Und aus der evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Romanshorn TG reiste eine Kinder- und Jugendformation an, welche die Tradition des Musizierens mit englischen Handglocken weiterträgt. Die Kantonsschüler betätigten die Glocken, die Primarschüler bildeten den Chor. Kein Wunder, dass bei dieser Vielfalt an Chören die Expobesucher gar manches Mal verwundert stehen blieben!

Ein Baum in Neuenburg

Der Tag hatte in den vier Arteplages-Städten mit mehreren, teils ökumenisch gefeierten Pfingstgottesdiensten begonnen. In Neuenburg haben aus "Anlass der Expo und in Erinnerung an den Einsatz der Kirchen im Umfeld der Landesausstellung" die Kirchen des Kantons einen Lindenbaum in einem Stadtpark gepflanzt, wie der Präsident des ad-hoc-Vereins der kantonalen Kirchen, Michel Humbert, gegenüber der Presseagentur Kipa erklärte. Wie auf den anderen Arteplages, werden auch in Neuenburg die Kirchen während der Expo für die Angestellten und Besucher offen sein.

Vesperfeiern in Biel und Yverdon

Den Abschluss des Auftritts der kirchlichen Chöre an der Landesausstellung bildete je eine ökumenische Vesperfeier in Biel und in Yverdon. In Biel stand der Präsident des Vereins der Schweizer Kirchen an Expo (Ese.02) und Präsident des Rates des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes, Pfarrer Thomas Wipf, der Feier vor, in Yverdon der katholische Lausanner Weihbischof Pierre Bürcher.

Wipf dankte an der Feier dafür, dass so viele Menschen der Einladung der Kirchen gefolgt seien. Er zog ein positives Fazit des Chorfestes: "Das ist Kirche, wie ich sie mir vorstelle und wie sie sich öfter präsentieren sollte: farbig, fröhlich, vielfältig, entspannt - und doch im Kern vereint." Es sei in der Schweiz tatsächlich noch nie geschehen, dass sich so viele christliche Kirchen für einen Anlass zusammengetan hätten. An der Landesausstellung sei deutlich geworden, dass sich die Ausdrucksformen der Kirchen je länger desto mehr als verbindend und nicht als trennend erwiesen.

Kirche ist kein Monolith

In Yverdon erinnerte Weihbischof Pierre Bürcher an den steinigen Weg, den auch die Kirchen wegen der verschiedenen Wirren um die Gestaltung und Realisierung der Expo gehen mussten. Er nannte es ein "schieres Wunder", dass schliesslich 14 christliche Kirchen an Pfingsten 2002 gemeinsam auftreten und eine Vesper feiern konnten. "Das ist das Geschenk des Heiligen Geistes an die ganze Nation", so Bürcher. Er sprach auch über dieses Pfingstfest als eine "neue Schöpfung, die uns heute aufzeigt, dass die Kirche kein Monolith ist, sondern eine Gemeinschaft, in der Menschen miteinander in Solidarität und Frieden leben sollen." Sowohl Thomas Wipf wie Pierre Bürcher wiesen auch auf "Un ange passe" hin, die permanente Ausstellung der Kirchen auf der Arteplage Murten.

Mut zur Solidarität

Die Präsidentin des Nationalrates, die Genfer Sozialdemokratin Liliane Maury Pasquier, sprach in Yverdon den Kirchen Mut zu einem langen Atem zu, um die internen Grabenkämpfe zu beenden und den Weg der Ökumene zu beschreiten. Ganz Politikerin forderte sie zur Solidarität mit "der heutigen und der zukünftigen Generation" auf und darum zu einem Ja zur Schweizer Solidaritätsstiftung, über die im kommenden September abgestimmt wird.

Prominente Stimmen zum Tag

Und was meinen prominente Zaungäste zur Feier der Kirchen an der Expo? Bernard Genoud, Bischof von Genf-Lausanne-Freiburg, sass während der Vesperfeier in Biel im Publikum: "Es ist wunderbar! Hier habe ich einen Kontakt zu einfachen Menschen gefunden, den ich als ausserordentlich bezeichnen muss. Hier kann man träumen. Es braucht keine grosse Kultur. Jeder kann beim Anblick dieser Bauten, dieses Himmels etwas für sich herauspicken." Und auf die Frage, ob er nicht traurig sei, dass er während der Vesperfeier nicht oben auf der Bühne sitzen konnte: "Es hat mir gut getan. Ich bin mitten im Volk Gottes, dem ich angehöre, das ich aber oft im Gebet führen muss. Mich für einmal selber führen zu lassen - das tut mir gut."

Der Geschäftsführer der Römisch-katholischen Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ), Daniel Kosch, bezeichnete gegenüber Kipa die Präsenz der Kirchen als eindrücklich und spannend - sowohl am Murtensee wie auch bezüglich des Umstands, dass so viele Menschen zusammen gekommen sind, um zu musizieren.

Fastenopfer-Direktor Antonio Hautle: "Beeindruckend und berührend. Die Kirchen haben ein Zeichen gesetzt, dass der Geist Gottes nach wie vor gegenwärtig ist in den Kirchen. Ich hoffe, dass dieser Aufbruch nicht nur an der Landesausstellung geschieht, sondern die ganze Expo zum Symbol dieser Kraft und dieser Energie für unsere Gemeinschaft als Schweizer Bürgerinnen und Schweizer Bürger wird."

Der nächste Grossanlass, den die Kirchen an der Expo.02 zu bestreiten haben, ist der eidgenössische Dank-, Buss- und Bettag am 15. September.

Datum: 22.05.2002
Autor: Georges Scherrer
Quelle: Kipa

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