Jacques Gaillot: Unfreiwillig zum Onlinebischof geworden

Onlinebischof Jacques Gaillot.
Ein Mann des Volkes.

Als Jacques Gaillot vor zehn Jahren in Evreux seinen Abschiedsgottesdienst feierte, war die Stadt in der Normandie im Ausnahmezustand. Katholiken aus dem ganzen Bistum waren gekommen, um den vom Vatikan amtsenthobenen Bischof zu verabschieden.

Mit 300 Bussen und drei Sonderzügen waren Menschen angereist, die Gaillot ihrer Solidarität versichern wollten. Auch aus der Schweiz und anderen Nachbarstaaten kam Unterstützung.

Gaillot, am 13. Januar 1995 seines Amtes als Bischof von Evreux enthoben, gab sich kämpferisch. Die Kirche, meinte er, dürfe keine Kirche des Ausschliessens sein, sondern müsse zur Kirche der Ausgeschlossenen werden. "Es war ein Prozess ohne Verteidiger, ein unwiderrufliches Urteil. In einer halben Stunde war alles zu Ende", erinnert sich Gaillot an die Verhandlung in Rom. Die vom Vatikan vorgeschlagene Entlassung unterschrieb er nicht. Deswegen wurde er zum Titularbischof der nur noch formal existierenden Wüstendiözese Partenia, die im 5. Jahrhundert unter dem Sand der Sahara verschwunden war, ernannt.

"Bischof der Ausgeschlossenen"

Bei aller Kritik am Vatikan aber warnte der umstrittene Kirchenmann aber vor einer Abkehr von der Kirche. "Geben wir ihr eine Zukunft, jeder auf seine Weise", rief er den Versammelten zu. Dabei ist es bis heute geblieben. Auch wenn es um ihn stiller geworden ist - Gaillot ist nach wie vor als "Bischof der Ausgeschlossenen" bekannt. Das einstige "schwarze Schaf" der Französischen Bischofskonferenz hat einerseits seine kritischen Positionen bewahrt, andererseits aber jeden Schritt unterlassen, der ihm als endgültiger Bruch hätte ausgelegt werden können.

Noch immer kann man mit dem Namen des 69-Jährigen grosse Säle füllen. In Frankreich kämpft Gaillot in verschiedenen Initiativen für die Rechte von Arbeitslosen, Obdachlosen und illegalen Ausländern. Regelmässig fällt sein Name in den Nachrichten. Gelegentlich wird er als Vermittler angerufen, etwa wenn illegale Ausländer mit den Behörden über Bleiberechte streiten. Über das Land hinaus bemüht er sich um Frieden und Versöhnung - Aufsehen erregte etwa eine Irak-Reise kurz vor Beginn des Krieges im März 2004.

Reibereien mit Mitbrüdern

Gaillot, der das Bistum Evreux von 1982 bis 1995 geleitet hatte, konnte auch nach seiner Amtsenthebung nicht wirklich mit den französischen Bischöfen Frieden schliessen. 2000 kam es zwar zu Gesten der Versöhnung mit dem damaligen Bischofskonferenz-Vorsitzenden, Kardinal Louis-Marie Bille. Doch ausser der Versicherung, Brüder zu bleiben und in der Kirche geeint zu sein, folgten daraus kaum praktische Konsequenzen. In Kirchenkreisen heisst es, erneut habe Gaillot, wie schon nach dem Treuebekenntnis von 1989, bald danach mit unfreundlichen Bemerkungen seine Mitbrüder verärgert.

Auf das Internet ausgewichen

So ist Gaillot einer breiten Öffentlichkeit vor allem im Internet präsent. Mangels Bischofssitz schuf der findige Kirchenmann im Internet ein virtuelles Bistum, das heute ein Treffpunkt für Gläubige aus aller Welt ist. 1996 rief Gaillot die Partenia-Homepage ins Leben. Heute existiert sie in sieben Sprachen, enthält unter anderem ein Gesprächsforum und Texte Gaillots. Jeden Monat kommunizieren mehr als 130.000 Menschen via Internet mit Partenia www.partenia.org. "Partenia ist keine Bewegung und keine Parallelkirche. Es ist zum Symbol geworden für Menschen, die ihren Platz in der Gesellschaft und Kirche nicht mehr haben", sagt Gaillot.

Quellen: Kipa/Spiegel/Livenet

Datum: 28.01.2005

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