Christen stellen sich ihrer belastenden Geschichte

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Winterthur. Kennen Sie die Filme „Hasels people“ oder „the Radicals“? Filme mit jenen merkwürdigen Leuten, welche keine Reissverschlüsse benutzen, statt Autos nur Pferdewagen fahren, schwarzgekleidet, die eifrig die Bibel lesen und dabei stolz sind, in der Zivilisation des 18. Jahrhunderts zu verharren – Ahmish-Leute heissen sie.

Eine kleine Gruppe von Ahmish-Leuten, darunter ein Bischof und ein Diakon, entdeckte, dass sie mehr an ihre strengen Regeln glauben als an das freimachende Lehre von Jesus Christus. Sie brachen innerlich auf – nicht ohne Widerstand in den eigenen Reihen.

An einer Versöhnungskonferenz in Kanada stellten sich amerikanische und kanadische Christen ihrer belastenden Geschichte mit den Indianern. Dort trafen eine Gruppe Schweizer Christen auf jene aufgeweckten Ahmish-Leute – und wurden sich bewusst, dass auch die Geschichte der Schweizer Kirchen gegenüber den Mennoniten, Täufern (und Ahmish-Leuten) der Aufarbeitung bedarf. Zwingli hatte Täufer in Säcke einnähen und in der Limmat ersäufen lassen. Die Berner konfiszierten mennonitische Bauernhöfe, vertrieben oftmals diese Landsleute. Aus dem Geld der versteigerten Güter wurden reformierte Kirchen gebaut.

Die Schweizergruppe lud jene Ahmish-Leute zu einem Besuch in die Schweiz ein. Jene waren tief beeindruckt, dass sie von Schweizern in ihre ehemalige Heimat eingeladen werden.

So kam es, dass im Martin Luther King-Haus, am 4. November sich eine Handvoll Ahmish-Leute und eine Handvoll Vertreter von Pfarrerschaft und Kirche trafen, sich kennen lernten und merkten, dass man sich einiges zu sagen hatte. Lebensgeschichten wurden ausgetauscht, man begann, die eigene Geschichte zu durchleuchten. Fragen wurden gestellt, wie denn heute kontroverse theologische Fragen einer Lösung zugeführt werden, wie die Kirche heute mit der Macht umgeht. Und man fand sich als Geschwister, die lange getrennte Wege gingen – gehen mussten – aber die Gott wieder zu Versöhnung führen kann. Ein Anfang ist gemacht.

Wie geht es weiter? – Viele Fragen stehen im Raum: Hat unsere reformierte Kirche eine zeitgemässe Tauftheologie? Kann die reformierte Kirche noch einmal in Fragen um Taufverständnis, Taufe, Taufformen aufbrechen? Ist neben der gegenseitigen Anerkennung der Taufe unter den Grosskirchen auch die Verständigung mit den Täufern möglich? Bis in welche Ebene der Kirchenhierarchie wird es zu Gesprächen kommen?

Vom 1. bis 4. Mai 2003 wird eine Konferenz in Winterthur stattfinden zum Thema „Heile unser Land!“ mit dem Untertitel „Schritte der Versöhnung mit den (Wieder)täufern“ mit Geri und Lilo Keller und Sprechern und Täuferdelegationen aus dem In- und Ausland.

Quelle: AGGA
Autor: Edi Pestalozzi

Datum: 27.11.2002

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