EVP sagt Nein zum Volksschulgesetz

Zürich. Die Evangelische Volkspartei (EVP) hat sich gegen die Neuorganisation der Volksschule und für die Beibehaltung des Kindergarten ausgesprochen. Der Zürcher EVP-Kantonsrat Hanspeter Amstutz, Fehraltorf, schreibt dazu u.a.:

Eine gesunde emotionale und soziale Entwicklung der Kinder ist die Basis für erfolgreiches Lernen in der Volksschule. Der Kindergarten erfüllt diese Vorbereitungsfunktion in hervorragender Weise, was auch von keiner Seite grundsätzlich bestritten wird. Viele Befürworter der Grundstufe sind damit aber nicht zufrieden und fordern, dass das schulische Potential aufgeweckter Kinder früher geweckt werden müsse.

Als Gradmesser für die geistige Entwicklung der Kinder gilt das frühe Lesen, Schreiben und Rechnen. Der rasche Erwerb dieser Kulturtechniken wird so sehr überbewertet, dass die wertvollen Vorleistungen des Kindergartens bei der Entwicklung der kognitiven Fähigkeiten der Kinder häufig übersehen werden.

Denken beginnt nicht erst mit Rechnen Das kindliche Spiel ist Ursprung für Denkprozesse und das Verstehen von Vorgängen. So braucht ein Kind nicht rechnen oder lesen zu können, um elementare naturwissenschaftliche Versuche zu verstehen. Es benötigt dazu aber geeignete Materialien, um entdeckendes Lernen erleben zu können. Das Bauen eines Turms mit Bauklötzen trägt mehr zur geistigen Entfaltung des räumlichen Vorstellungsvermögens bei als manche Geometrieaufgabe.

Denkprozesse und intuitives Lernen werden aber auch über eine bildhafte, kindgemässe Sprache angeregt. Kinder brauchen deshalb Geschichten und Märchen aller Art, um ihre Phantasiekräfte entfalten zu können. Gut erzählte Geschichten der Kindergärtnerin fördern die Kinder emotional und wecken die Neugier auf weitere spannende Erzählungen. Die Entwicklungsphase des Miterlebens und Zuhörens ist viel entscheidender als das frühe selbständige Lesen von Texten.

Die Erfahrungen in der Unterstufe zeigen, dass sich emotional und sozial gut entwickelte Kinder mit bereits vorhandenen Lesefähigkeiten bestens in den Unterricht integrieren lassen, wenn die Lehrkräfte über das nötige didaktische Geschick verfügen. Die Behauptung, in der Unterstufe würden Kinder mit schulischen Vorkenntnissen beim Lernen zurückgebunden, trifft nicht ins Schwarze, es sei denn, man reduziere Bildung auf das schnellst mögliche Lernen von Kulturtechniken. Man kann nur hoffen, dass ein solcher Bildungsmaterialismus unseren Schülerinnen und Schülern erspart bleibt.

Der Kindergarten ist ein wesentlicher Teil unseres Bildungssystems und muss deshalb kantonalisiert werden. Die Wertschätzung der Aufbauarbeit der Kindergärtnerinnen erfolgt nicht mit einem Systemwechsel vom Kindergarten zur Grundstufe, vielmehr ist eine bessere Anerkennung der fundamentalen pädagogischen Leistungen der Lehrerinnen des Kindergartens notwendig.

Quelle: SSF/PD/Agentur Schweiz. Stiftung für die Familie

Datum: 31.07.2002

Publireportage
Werbung
Livenet Service
Werbung