Christliche Kirchen der Schweiz lancieren "Jahr der Bibel"

Aussenwand der Kirche Oberdiessbach vor der Entrollung der Fahne
Bischof Kurt Koch
Kirche Oberdiessbach

Bern. Kirchen und christliche Gemeinschaften haben auch in der Schweiz, das Jahr 2003 zum "Jahr der Bibel" erklärt. Es findet unter dem Motto "Suchen. Und Finden" statt.

Am Sonntag, 12. Januar wurde in Oberdiessbach (siehe Foto) schon das Jahr der Bibel eröffnet. Nach einem feierlichen Gottesdienst wurde an der Aussenwand der Kirche eine Fahne entrollt, welche während des ganzen Jahres anzeigt, dass diese Kirchgemeinde jeden Monat ein Angebot präsentieren wird, welches die Bibel zum Gesprächs- und Erlebnisthema machen wird.

Die Idee der Flagge ist in der örtlichen Evangelischen Allianz entstanden. Vermutlich ist es die einzige Kirchgemeinde, welche im Moment eine solche Fahne besitzt, weil diese von der Kirchgemeinde Oberdiessbach auf Bestellung hin extra angefertigt wurde.

Bei der Vorstellung des Bibeljahres in der Schweiz betonte in Bern vor den Medien der Basler Bischof Kurt Koch, Präsident der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen der Schweiz, die Bibel habe grundlegende Bedeutung weit über den Raum der Kirchen hinaus.

Die Initianten des Jahres der Bibel haben sich zum Ziel gesetzt, die Bibel wieder ins Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit zu bringen. Die Bibel sei ein kostbares Kulturgut, dessen Weitergabe an die nächste Generation nicht mehr sicher gestellt sei, mahnte Koch. So seien für viele Jugendliche "Golgatha" und "Colgate" kaum noch unterscheidbar. Dass die moderne säkulare Gesellschaft ihre Wurzeln in diesem Buch wiedererkennt, ist ein Ziel des Jahres der Bibel.

Der Bischof verwies auf die positive Erfahrung, die man in Deutschland 1992 bei der erstmaligen Durchführung des Jahres der Bibel gemacht habe. Dieses habe starke Beachtung gefunden und den Kirchen Gelegenheit gegeben, sich auf ihre Grundlage zu besinnen.

Ökumenische Initiative

Das Jahr der Bibel fördere zudem die ökumenische Bewegung, fuhr Koch fort. Die Bibel sei Grundlage aller christlichen Konfessionen. Bei der Betrachtung der Heiligen Schrift erkenne man, dass das Gemeinsame grösser sei als das Trennende. Das Jahr der Bibel nehme die ganze Bibel ins Blickfeld, also auch das Alte Testament, was die jüdischen Wurzeln des Christentums wahrnehmen lasse.

Laut Kurt Koch ist die Bibel auch für die allgemeine Gesellschaft von grösster Bedeutung: "Die europäischen Lebenswelten sind ohne Bibel nicht denkbar." Das vereinigte Europa sei "ohne Beitrag der christlichen Kirchen nicht lebensfähig". Der Euro genüge als Wert nicht, es brauche die Grundlage der christlichen Werte: "Werte, die Europa sich nicht selbst schaffen kann." So gesehen müsste laut Bischof Koch jedes Jahr ein Jahr der Bibel sein.

Ideen und Projekte

Damit möglichst viele Menschen zum Kennenlernen der biblischen Geschichten motiviert werden, haben die Schweizerische Bibelgesellschaft und das Schweizerische Katholische Bibelwerk für das Jahr der Bibel Ideen und Projekte zusammengetragen. Es sind keine spektakulären Einzelaktionen vorgesehen, sondern "Hilfen für kreatives Arbeiten vor Ort", so Sabine Bieberstein vom Katholischen Bibelwerk.

Ein von Deutschland übernommenes Projekt stellt Jugendlichen mit einschlägigen Materialien gefüllte Rucksäcke zur Verfügung, mit dem sie auf "Bibel-Entdecker-Tour" gehen können. Die ersten 130 Kinder starteten im Rahmen einer regionalen Startveranstaltung am vergangenen Samstag in Olten zur Bibel-Entdecker-Tour. Die Bibel-Entdecker-Tour ist ein ökumenisches Projekt für Schulklassen und Kindergruppen zum Jahr der Bibel, das vom Bibellesebund koordiniert wird. Sie führt Kinder an die Bibel heran und bringt ihnen den Glauben an Gott nahe, indem sie gemeinsam mit anderen spielerisch und kreativ spannende Aufgaben rund um biblische Geschichten lösen.

Voller Spannung versammelten sich die Kinder mit ihren Leitern in den Räumlichkeiten der Freien Evangelischen Gemeinde Olten, wo sie Linus der Bibelforscher zur Bibel-Entdecker-Tour begrüsste und durch die Veranstaltung führte. Den 19 anwesenden Religionsklassen, Jungscharen und Sonntagschulen bot sich ein abwechslungsreiches Programm. Jeder Teilnehmer durfte unter anderem zwei Schreibverfahren der Antike ausprobieren und erlebte so die damaligen Möglichkeiten zur Niederschrift der Bibel. Am Ende der Veranstaltung erhielt jede anwesende Gruppe einen Rucksack, dessen Inhalt für die Kinder bis auf weiteres geheim bleiben soll, doch bis zur regionalen Schlussveranstaltung im September wird das Geheimnis gelüftet sein. In den kommenden Monaten werden sich die einzelnen Gruppen an 7-12 Nachmittagen treffen und mit Hilfe der einzelnen Gegenstände, die sich im Rucksack befinden, verschiedene Aufgaben lösen.

So wie in Olten, werden sich in den kommenden Tagen und Wochen weitere 346 Gruppen in der deutschsprachigen Schweiz zu Startveranstaltungen treffen. Mit den insgesamt über 6000 teilnehmenden Kindern ist die Bibel-Entdecker-Tour sicher eines der grössten Projekte im Zusammenhang mit dem Jahr der Bibel.

Eine weitere Möglichkeit, sich auf unterhaltende Weise mit der Bibel auseinander zu setzen, bieten "Bibelwege" entlang des Bielersees, der Emme und im Walliser Bezirk Saint-Maurice. Sie lassen sich zu Fuss oder auf dem Fahrrad erwandern. Informationstafeln geben Auskunft über den historischen und kulturellen Hintergrund der Bibel.

Eine handgeschriebene Bibel

Ein weiteres Projekt sieht vor, dass die Bibel von Hand abgeschrieben wird. Kirchgemeinden, Pfarreien, Gruppen und Einzelpersonen unterschiedlicher Konfessionen sind eingeladen, eine oder mehrere Bibelseiten in ihrer jeweiligen Sprache abzuschreiben. Die auf fünf Bände geplante Bibelausgabe soll im Bundeshaus in Bern der Öffentlichkeit übergeben werden.

Gestartet wird das Schweizer Jahr der Bibel am 25. und 26. Januar in Bern. "Oecuménisme oblige": Der Festakt zur Eröffnung des Bibeljahres findet in der reformierten Heiliggeistkirche statt, der ökumenische Gottesdienst in der römisch-katholischen Dreifaltigkeitskirche. Im Berner Münster wird ein Oratorium nach dem Buch Hiob von der jungen Freiburger Komponistin Caroline Charrière aufgeführt.

Hinweis: Mehr Informationen zum Jahr der Bibel sind im Internet abrufbar http://www.jahr-der-bibel.ch [www.jahr-der-bibel.ch]_blank> .

Tessiner Bibelgesellschaft gegründet

Das Jahr der Bibel wird in der Schweiz nicht nur im deutschen und französischen Sprachgebiet, sondern auch im Tessin und in den italienischsprachigen Tälern Graubündens begangen. Möglich macht dies die am Mittwoch, 15. Januar, in Lugano erfolgte Gründung der "Associazione Biblica Ticinese". Sie hat als ökumenische Institution zum Ziel, das Lesen und das Studium der Bibel im ganzen Tessin zu fördern. Die Tessiner Bibelgesellschaft tritt am 25. Januar erstmals im Rahmen einer Tagung zum Thema "Welche Bedeutung hat das Lesen der Bibel in der heutigen Welt?" öffentlich in Erscheinung.
Quelle: Kipa/Urs Hitz/kath

Datum: 22.01.2003

Werbung
Livenet Service
Werbung