Reges Medieninteresse an Kirchen nach dem 11. September

New York

Bonn (idea) – Das Medieninteresse an den Kirchen nach den Terroranschlägen vom 11. September hat inzwischen wieder deutlich nachgelassen. Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für Medienanalyse “Medien Tenor” (Bonn). Nach dem 11. September sei das Medieninteresse an den Kirchen stärker gewesen als sonst zu Weihnachten, “dem gewöhnlichen Höhepunkt journalistischer Besinnlichkeit”, heisst es im jüngsten Forschungsbericht des Instituts. Es wertete die Berichterstattung von 16 Zeitungen, Zeitschriften und Nachrichtensendungen im Fernsehen aus. Berücksichtigt wurden Beiträge, in denen gesellschaftliche Organisationen mit mindestens fünf Zeilen oder Sekunden vorkamen. “Medien Tenor” zufolge ging die Berichterstattung über die Kirchen in den “tonangebenden Medien” im Mai auf etwa ein Drittel der Novemberpräsenz mit knapp 200 Erwähnungen zurück. Wie in früheren Jahren sei es in den meisten Beiträgen um die katholische Kirche gegangen. Dazu hätten Skandale um Priester, die sich an Kindern und Jugendlichen vergangen haben sollen, ebenso beigetragen wie die anhaltenden Spekulationen um den Gesundheitszustand von Papst Johannes Paul II. Dementsprechend hätten die kritischen Stimmen im April und Mai überwogen. Dagegen sei im Herbst und Winter “ungewöhnlich wenig Kritik an Rom und seinen Dienern publiziert” worden. Im März habe die katholische Kirche mit ihren Osterfeierlichkeit sogar einen PR-Erfolg landen können.

Vergleich der beiden grossen Kirchen: Geringere Medienpräsenz der Protestanten

“Weniger gut” sehe es auch in diesem Jahr für die Protestanten aus: “Die evangelischen Kirchen Deutschlands waren nicht nur deutlich weniger in den Medien präsent als ihre katholischen Brüder, sondern ihr Medienbild war auch deutlich schlechter.” Während hinsichtlich der katholischen Organisationen in den vergangenen neun Monaten die positiven Passagen (10,1 Prozent) die kritischen Beiträge (8,3 Prozent) überwogen, lag bei den Protestanten der Anteil der Kritik mit 7,3 Prozent deutlich über der Zustimmung (5,7 Prozent). Die Differenz zu 100 Prozent waren Beiträge ohne eindeutige Wertung. Nach Ansicht des Instituts deutet der hohe Anteil nicht wertender Darstellungen darauf hin, dass es den Kirchen insgesamt gelungen sei, mit eigenen Stellungnahmen in die öffentliche Diskussion einzugreifen. In der Berichterstattung über die katholische Kirche seien 8,5 Prozent aller Beschreibungen auf das Thema Familienpolitik entfallen. Auf evangelischer Seite seien hätten die Medien eher Stellungnahmen zur internationalen Politik wahrgenommen.

“Verheerendes” Bild des Islam in den Medien

Das Institut untersuchte auch die Medienpräsenz der islamischen Organisationen. Sie seien trotz der inzwischen grossen Zahl gläubiger Moslems “in den Medien praktisch nicht existent”. Die wenigen Gruppen, die die Medien wahrnähmen, seien radikale oder gar kriminelle Organisationen wie der “Kalifenstaat” oder “Milli Görus”. Dementsprechend sei das Medienbild des Islam in Deutschland “verheerend” geblieben, auch nachdem die Erinnerung an die Attentate in den USA verblasst sei. Mehr als ein Drittel aller Beschreibungen islamischer Gruppen sei negativ gewesen, nur 3,6 Prozent aller Passagen positiv. “Unter dem Strich erscheinen die Organisationen, die für einen nicht unerheblichen Teil unserer Mitbürger Lebensmittelpunkt sind, bestenfalls als ein Sicherheitsrisiko”, so “Medien Tenor”. Dieser Zustand sei nicht nur auf das Versagen der Medien zurückzuführen, sondern auch eine Folge “der Selbstisolierung vieler Moslems”.

Datum: 16.07.2002
Quelle: idea Deutschland

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