„Mehr Al-Qaeda-Leute verhaftet als irgendein anderes Land“: Die Herrscher Irans unter wachsendem Druck

Verhaftete von Al-Qaeda
al-Qaeda

Die USA haben den politischen Druck auf die Führung im Iran erhöht. Letzte Woche brach Washington Gespräche mit Teheran ab. Der Grund: Vor und nach den Bombenanschlägen von Riad am 12. Mai hörten die Geheimdienste Telefonate ab, welche Terroristen-Aktivitäten im Iran nahe legen. Das State Department teilte Teheran letzte Woche mit, die USA gingen davon aus, „dass al-Qaeda-Leute vom Iran aus arbeiten“. Die USA forderten die Islamische Republik auf, ihren internationalen Verpflichtungen nachzukommen.

Am Dienstag findet in Washington eine Strategie-Sitzung zum weiteren Vorgehen statt. Präsident Bush hatte den Iran letztes Jahr als ein Land in der „Achse des Bösen“ bezeichnet, vor allem weil sein Nuklearprogramm nach Washingtons Meinung zur Atomwaffenproduktion führt. Verteidigungsminister Donald Rumsfeld bestätigte am Mittwoch diese Einschätzung mit drohendem Unterton. Er wiederholte auch den Vorwurf, führende Terroristen von bin Ladens Netzwerk seien im Iran aktiv.

UN-Botschafter: Iran „extrem aktiv“

Der iranische UNO-Botschafter Javad Zarif sagte am Sonntag der Fernsehkette ABC in einem Interview, Teheran gewähre al-Qaeda-Leuten nicht Unterschlupf, sondern sei im Gegenteil „extrem aktiv“, um ihrer habhaft zu werden. Mehrere al-Qaeda Mitglieder seien – und blieben – in Haft und würden verhört, sagte Zarif.

Der Iran wolle Spannungen im Verhältnis zu den USA abbauen, sagte Zarif. Aber wenn die Vereinigten Staaten die Sprache des Drucks wählten, werde Iran widerstehen.

Der iranische Aussenminister Kamal Kharrazi sagte im Teheraner Fernsehen, Iran habe sich vor den USA an die Bekämpfung des Terror-Netzwerks gemacht: „Iran war der Pionier im Kampf gegen al-Qaeda-Terroristen, welche unsere nationalen Interessen bedroht haben.“

Washington: Teheran nicht im Bilde

Ein US-Beamter wurde von der Washington Post zitiert mit der Behauptung, in einem entlegenen, vom Regime von Teheran nicht kontrollierten Landstrich im Nordosten Irans (nahe der afghanischen Grenze?) hielten sich gegen ein Dutzend al-Qaeda-Leute auf. Teheran sei darüber wohl gar nicht im Bilde.

Der iranische UNO-Botschafter Zarif betonte daraufhin, sein Land habe „in den letzten 14 Monaten vielleicht mehr al-Qaeda-Leute verhaftet als irgendein anderes Land“. Eine Zahl nannte Zarif allerdings nicht. Da die Terroristen mehrere Pässe hätten, seien die iranischen Behörden weiterhin damit beschäftigt, ihre Identität festzustellen. Wenn die Verhöre Informationen ergäben, sei Iran bereit, diese an befreundete Regierungen weiterzuleiten. Offenbar hatte Iran vor der Zunahme der Spannungen letzte Woche die Möglichkeit angedeutet, Terroristen an Saudi-Arabien auszuliefern.

Nach dem Irak-Feldzug Lust auf mehr?

Am Wochenende wurde in den Talkshows der US-Fernsehketten offen diskutiert, ob die USA nach dem Sieg im Irak auf einen Sturz des Regimes der Mullahs in Teheran hinarbeiten sollten. Die Washington Post schrieb am Sonntag, die Administration sei anscheinend bereit, aggressiv auf die Destabilisierung der iranischen Regierung hinzuwirken.

Dies wurde von einem Sprecher im Weissen Haus bestritten. Die USA bestünden allerdings darauf, dass die Unterstützung für Terroristen und die nukleare Aufrüstung gestoppt würden, sagte er.

Washington setzt auf die unzufriedenen Jugendlichen

In der Administration hofft man, dass die schwere soziale Krise und die Unzufriedenheit der Jugendlichen im Iran den Niedergang des repressiven Ayatollah-Regimes beschleunigen und es dadurch zerfällt.

Senator Jay Rockefeller sagte, es wäre „sehr verwegen“, die Regierung im Iran jetzt in der Erwartung einer pro-amerikanischen Volkserhebung zu destabilisieren. Die Siege in Afghanistan und im Irak verleiteten zu riskanten Gedankenspielen. Sein Kollege Joseph Biden mahnte, einen Job nach dem anderen zu erledigen.

Die USA haben Iran aufgefordert, die schiitische Hisbollah im Libanon, welche infolge ihrer Anschläge auf Amerikaner und ihres Kampfs gegen Israel als terroristische Organisation eingestuft ist, nicht mehr zu unterstützen.

Die kalifornische Abgeordnete Jane Harman sagte, von Iran gehe jetzt mehr „clear and present danger“ (deutliche, aktuelle Gefahr) aus als vom Irak im letzten Jahr. Aber eine Militäraktion sei nicht sinnvoll.

Massive Christenverfolgung

Die im Jahr 1979 nach dem Sturz des Schahs etablierte Islamische Republik Iran hat eines der radikalsten islamischen Regimes der Welt. Doch die Ayatollahs, die die Scharia wieder einführten, haben der rasch wachsenden Bevölkerung nicht gegeben, was sie versprachen, auch nicht Wohlstand. Der Druck auf die kleine christliche Minderheit im Land hat in den 90-er Jahren nochmals deutlich zugenommen. (Viele Kirchen und auch die Bibelgesellschaft wurden geschlossen, mehrere prominente Pastoren ermordet.) Heute gehört Iran zu den zwölf Ländern weltweit mit der härtesten Christenverfolgung.

Laut dem Handbuch ‚Operation World‘ von Patrick Johnstone gab es im Jahr 2000 etwa 220'000 Christen unter den 67 Millionen Iranern. Gegen fünf Millionen Iraner leben im Ausland. Während Armenier Jesus bekennen dürfen (das Christentum ist neben dem Islam, dem Judentum und der Religion der Zoroastrier formell anerkannt), müssen Perser mit harter Verfolgung rechnen, und jeder Übertritt vom Islam zu einer anderen Religion birgt die Gefahr der Todesstrafe. Nach einem Bericht wurden zwei Iraner, die sich im Februar zu ihrem Glauben an Christus bekannten und taufen liessen, nach wenigen Wochen getötet.

Datum: 27.05.2003
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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