Widerborstige tschechische Geheimpriester

Kardinal Miloslav Vlk

Berlin – In der Tschechoslowakei verfolgten die Kommunisten die frühere katholische Staatskirche mit erbarmungsloser Härte. Die Zahl der Geistlichen wurde von Jahr zu Jahr kleiner. Als Notbehelf weihten katholische Bischöfe auch verheiratete Männer zu Priestern, denn diese waren weniger verdächtig. Es gab sogar geheim geweihte Untergrund-Bischöfe. Nach der samtenen Revolution von 1989, dem Ende der kommunistischen Gewaltherrschaft, wurden diese Geistlichen zum Problem für die Hierarchie, die auf Gehorsam pochte. Doch nun sind die Schwierigkeiten weitgehend gelöst – wenn man dem katholischen Prager Oberhirten, Kardinal Miloslav Vlk, glauben will.

Die vor 1989 aus Angst vor kommunistischer Verfolgung nur im Untergrund aktiven Geistlichen seien in der Regel in die offiziellen Kirchenstrukturen integriert worden, sagte Vlk bei der Vorstellung eines Buchs zum Thema in der deutschen Hauptstadt. Vlk weiss, wovon er spricht: Nach dem Entzug der staatlichen Lizenz zur Seelsorge hatte er selbst offiziell als Fensterputzer gearbeitet und im Geheimen priesterliche Aufgaben wahrgenommen.

Nach 1989 nicht mehr gut genug

Nach der Wende trat mit der Normalisierung der Zwangszölibat wieder in Kraft: Verheiratete Geheimpriester wurden von der griechisch-katholischen Kirche aufgenommen. Diese Kirche, die Gottesdienst nach der ostkirchlichen Liturgie feiert, lässt auch verheiratete Männer Priester werden. Es gibt in Rumänien und der Ukraine weitere grosse griechisch-katholische Kirchen. Sie werden auch unierte Kirchen genannt, weil sie sich im 16./17. Jahrhundert von der Orthodoxie (wo das Priesteramt Verheirateten offen steht) lossagten und sich Rom unterstellten.

Weihen an Frauen für ungültig erklärt

Geheim geweihte Priester, die zölibatär lebten, wurden von den tschechischen in römisch-katholischen Gemeinden eingesetzt. Die Frauen erteilten Weihen habe der Vatikan für ungültig erklärt, sagte Vlk. Bis zu 20 frühere Geheimpriester sind nach Angaben Vlks noch nicht integriert. Sie kämen zu Treffen zusammen, bei denen sie auch Sakramente spendeten.

Das 224-seitige Buch "Jede Zeit ist Gottes Zeit. Die Untergrundkirche in der Tschechoslowakei 1948-1989" ist im Leipziger Benno-Verlag erschienen.

Quelle: KIPA/Livenet

Datum: 08.01.2003

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