In einem Schreiben an die Innenminister von Bund und Ländern warnen sie davor, die Bleiberechtsregelung bei der Neufassung des Zuwanderungsgesetzes zur Verhandlungsmasse zu machen. Die Innenministerkonferenz will Mitte November über eine Bleiberechtsregelung entscheiden. Als Ausgleich für eine solche Regelung dürften keine Verschärfungen erfolgen, so Huber und Lehmann. Sie wenden sich dagegen, die Situation geduldeter Ausländer zu erschweren, die nicht selbst dafür verantwortlich sind, dass sie Deutschland nicht verlassen können. Eine dauerhafte Kürzung der Sozialleistungen für die Betroffenen wäre ungerecht. Die Kirchen treten dafür ein, eine Aufenthaltserlaubnis mit einem Arbeitsmarktzugang «auf Probe» zu erteilen. Notwendig seien dabei Ausnahmen für Behinderte, Kranke und Traumatisierte. «Bei der Ausgestaltung der Regelung ist darauf zu achten, dass die Anforderungen von den Betroffenen auch erfüllt werden können», fordern Lehmann und Huber. Die Kirchen rügen Überlegungen, Staatsangehörigen bestimmter Länder aus Sicherheitsbedenken einen sicheren Aufenthaltsstatus zu verwehren. Dies gelte etwa für irakische Staatsangehörige: «Zur Terrorbekämpfung bietet das deutsche Recht andere und geeignetere Mittel als eine undifferenzierte Verdächtigung ganzer Personengruppen.» Ferner kritisieren die Kirchen Pläne, ein Mindestalter beim Ehegattennachzug einzuführen oder vor der Einreise Sprachkenntnisse zu fordern. Dies sei mit dem verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie kaum zu vereinbaren. Die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die bis Donnerstag in Würzburg tagte, forderte die Innenminister von Bund und Ländern auf, sich auf eine «angemessene und gerechte» Bleiberechtsregelung zu einigen. Das Bleiberecht dürfe nicht an Bedingungen geknüpft sein, die von einem Grossteil der Betroffenen nicht erfüllt werden könnten, erklärte das Kirchenparlament. Ausserdem appellierte die Synode an die Bundesregierung, am Ausstieg aus der Atomenergie festzuhalten. Am Mittwoch hatten die 120 Mitglieder der Synode eine «Kundgebung» zum diesjährigen Schwerpunktthema «Gerechtigkeit erhöht ein Volk – Armut und Reichtum» verabschiedet. Zu den Kernforderungen zählen die entschlossenere Bekämpfung der Armut und ein gerechteres Steuersystem. Das Kirchenparlament bekundete seine Sorge über wachsende soziale Ungleichheit und forderte, der Staat müsse die Reichen stärker in die Pflicht nehmen. Weiter sprach sich das Kirchenparlament für neue Modelle für den öffentlich geförderten Arbeitsmarkt und für bessere Bildungschancen für benachteiligte Kinder aus. Ferner forderte die Synode eine Erhöhung der Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit. Der Reichtum Deutschlands stelle auch international eine Verpflichtung dar. Erstmals befasste sich die Synode in Würzburg mit den langfristigen kirchlichen Reformplänen. Das vom EKD-Rat im Sommer vorgelegte Impulspapier «Kirche der Freiheit» stiess bei den Synodalen überwiegend auf Zustimmung, in Einzelpunkten aber auch auf Kritik. Der EKD-Ratsvorsitzende Huber sprach von einer kritischen, konstruktiven und weiterführenden Diskussion. Er sei froh, dass sich die Synode das Reformpapier zu Eigen gemacht habe. Im Januar 2007 wird sich ein Zukunftskongress in Wittenberg mit dem Impulspapier beschäftigen. Für ihre nächste Tagung (November 2007 in Dresden) legte die Synode als Schwerpunktthema «Kirche im Aufbruch» fest. Ferner verabschiedete die EKD-Synode den Haushalt 2007 mit einem Volumen von rund 176 Millionen Euro. Nach Jahren des Rückgangs rechnen die evangelischen Kirchen in diesem Jahr mit einem Anstieg der Kirchensteuereinnahmen um sechs bis sieben Prozent.Arbeitserlaubnis auf Probe
Die Reichen in die Pflicht nehmen
Kirchenstrukturen vereinfachen
Datum: 10.11.2006
Quelle: Epd