Huber: Mehr Kinder durch Gottvertrauen und Zukunftsgewissheit

Bischof Wolfgang Huber

Das Thema Geburtenrückgang beschäftigt derzeit viele Medien. Jetzt hat sich auch der EKD-Ratsvorsitzende, Bischof Wolfgang Huber, dazu geäussert - im Gespräch mit dem Internetportal des Nachrichtenmagazins "Spiegel" forderte er zu mehr Gottvertrauen und Zukunftsgewissheit auf.

Die mangelnde Bereitschaft der Deutschen, Kinder zu bekommen, führte Huber darauf zurück, dass innere Gründe für eine Zukunftsgewissheit in Vergessenheit geraten seien. Diese Gründe "bestehen darin, dass der Mensch weiss, er ist mehr, als er selbst aus sich macht. Dass er eine Würde hat, die ihm auch in schwierigen Situationen nicht genommen werden kann. Und dass derjenige, der auf Gott vertraut, auch mit mehr Zuversicht in die Zukunft gehen kann. Wir müssen Menschen wieder klar machen: Der aufrechte Gang und der klare Blick messen sich nicht nur am Portemonnaie, so wichtig materielle Sicherheit ist". Das Leben mit Kindern gehöre "zu den grössten Glückserfahrungen, die ein Mensch haben kann".

Das Bewusstsein für die immaterielle Sicht der Dinge fehle, "weil Individualismus und Säkularismus weit fortgeschritten sind. Den Menschen wurde eingeredet, ihre Freiheit verwirklichten sie dann am besten, wenn sie nur für sich selber sorgen und möglichst viel vom Leben haben. Jetzt merken sie, dass Freiheit und Verantwortung zusammengehören, weil keiner für sich allein lebt. Gleichzeitig dachte man, dass diese Gesellschaft immer säkularer wird, immer weniger auf Glaubensvoraussetzungen angewiesen ist, immer weniger eine Hoffnung braucht, die über die Verbesserung materieller Bedingungen hinausreicht. Das war ein Irrtum".

In der Anteilnahme am Tod von Papst Johannes Paul II. und an der Wahl seines Nachfolgers Benedikt XVI. zeige sich die Einsicht, dass "wir fürs Leben mehr brauchen als eigenes Tätigsein und dessen Erfolg", so Bischof Huber. "Eine innere Beteiligung und öffentliche Aufmerksamkeit in diesem Ausmass hat es noch nie gegeben. Ich deute das als ein Signal dafür, dass sich in der persönlichen Haltung zu Fragen von Religion und Glaube auch im öffentlichen Bewusstsein etwas verändert."

Um den Geburtenrückgang zu stoppen, reiche es nicht aus, die Betreuungsmöglichkeiten zu verbessern. "Bessere Betreuung ist eine gute Rahmenbedingung", sagte Huber. "Doch die Betreuungsbereitschaft der Eltern muss hinzukommen. Diejenigen Mütter - und hoffentlich auch in vermehrtem Umfang diejenigen Väter -, die für einige Jahre aus dem Beruf gehen, um für ihre Kinder da zu sein, müssen unterstützt werden." In den östlichen Bundesländern gebe es die höchste Betreuungsrate für Kinder unter drei Jahren, aber gleichzeitig auch die niedrigste Geburtenrate.

"Hier ist die Wirtschaft gefordert", fügte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland hinzu. "Sie sollte Erziehungspausen nicht als einen Verlust an beruflicher Kompetenz darstellen, sondern die Chance sehen, dass der Erfahrungsgewinn von pausierenden Eltern auch ihrer beruflichen Tätigkeit zugute kommen wird. Das wäre ein wichtiger Schritt dahin, Kinder bewusster ins Zentrum zu stellen und die Verantwortung der Eltern für ihre Kinder auch gesellschaftlich zu respektieren."

Es bedürfe "einer besseren Planbarkeit von Berufskarrieren nach einer Unterbrechung von beispielsweise drei Jahren. Betriebsnahe oder in den Betrieb integrierte Kindergärten genügen nicht. Man muss Eltern auch eine langfristige Perspektive bieten, sollten sie sich für eine längere Babypause entscheiden, damit sie sich nicht jeden Tag fragen müssen, ob sie wieder gut in ihren Beruf hineinkommen".

Bischof Huber ist verheiratet und hat drei Kinder.

Datum: 01.07.2005
Quelle: KEP

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