Neuanfang bei Willow Creek

Ältestenkreis und leitende Pastorin Heather Larson treten zurück

Nach neuen Missbrauchsvorwürfen gegenüber dem langjährigen Pastor Bill Hybels sind sowohl der Ältestenkreis der Willow Creek Community Church als auch deren leitende Pastorin Heather Larson am Mittwoch, 8. August 2018, zurückgetreten. Damit wollen sie den Weg frei machen für einen Neuanfang.
Hier schien die Welt noch in Ordnung zu sein: Steve Carter und Heather Larson zusammen mit Bill Hybels.

Kurz vor dem Start des Global Leadership Summit, eines von Willow Creek organisierten weltweit übertragenen Leitungskongresses, sind der komplette Ältestenkreis von Willow Creek und die leitende Pastorin, Heather Larson, zurückgetreten.

«Vorwürfe gegenüber Hybels nicht ernst genug genommen

In einer kurzfristig anberaumten Gemeindeversammlung gestanden die Mitglieder der Willow-Leitung Fehler im Umgang mit den Vorwürfen gegen den Gründungspastor Bill Hybels ein. Das teilte der Geschäftsführer von Willow Creek Deutschland, Karl-Heinz Zimmer, mit. «Damit übernehmen sie die volle Verantwortung, den bisherigen Prozess nicht ergebnisoffen und ausgewogen geführt zu haben.» Sie hätten «die betroffenen Frauen und die Gemeinde ausdrücklich um Vergebung» gebeten.

In einer auf der Willow-Homepage veröffentlichten Stellungnahme erklärten die Ältesten, die Vorwürfe gegenüber Bill Hybels nicht ernst genug genommen zu haben. «Wir glauben, dass seine Sünden über das hinausgehen, was er auf der Bühne zugegeben hat, und sicher glauben wir, dass seine Handlungen mit diesen Frauen sündhaft waren. Wir glauben, dass er nicht auf dieselbe gute Weise Feedback erhalten hat, wie er es selber gegeben hat, und er hat sich den Rechenschaftsstrukturen widersetzt, die wir alle brauchen.»

Die Ältesten seien «schockiert» gewesen, als 2014 die ersten Vorwürfe aufkamen. «Wir dachten, Bills Schwächen zu kennen, aber sein Verhältnis zu Frauen gehörte nicht zu dem, von dem unser Vorstand dachte, dass er sich darum sorgen müsse.»

Zehn Frauen berichteten von Missbrauch

Vor wenigen Tagen war bereits Pastor Steve Carter zurückgetreten, der zusammen mit Heather Larson die Nachfolge des langjährigen Pastors Bill Hybels angetreten hatte. Zuvor waren neue Vorwürfe sexuell ungebührlichen Verhaltens von Hybels gegenüber Frauen laut geworden. Eine Frau, die in den 80er Jahren als dessen Assistentin gearbeitet und zeitweise im Haus der Familie Hybels gewohnt hatte, sprach gegenüber der New York Times davon, dass Hybels sie über zwei Jahre immer wieder sexuell belästigt habe. Damit ist sie bereits die zehnte Frau, die Anschuldigungen sexuellen Fehlverhaltens gegen Hybels erhob.

Laut der Times hat Hybels die Anschuldigungen in einer E-Mail an die Zeitung zurückgewiesen. «Ich hatte nie eine unangemessene physische oder emotionale Beziehung zu ihr, weder vor, noch während oder nach dieser Zeit.»

Für Carter habe es die neue Entwicklung nun unmöglich gemacht, weiter bei Willow Creek zu bleiben. «Nach vielen offenen Gesprächen mit unseren Ältesten wurde klar, dass es einen fundamentalen Unterschied in der Beurteilung gibt – zwischen dem, was ich für nötig hielt, damit Willow Creek vorwärts kommt, und dem, was sie für das Beste hielten.» Carter müsse nun dem Weg folgen, den Gott ihm vorgezeichnet habe, um mit Integrität leben zu können – dieser Pfad «scheidet sich von Willow Creek».

Rücktritt zum brisanten Zeitpunkt

Als Interimsleiter wurde Steve Gillen, Pastor der Willow-Regionalgemeinde in North Shore, vorgestellt. Er soll mit Hilfe externer Berater den Übergangsprozess koordinieren, teilte Karl-Heinz Zimmer mit.

Der Rücktritt kommt zu einem brisanten Zeitpunkt. Am Donnerstag startet der Willow Creek Leadership Summit, ein von der Willow Creek Association organisierter weltweit ausgestrahlter Leitungskongress. Dafür erwarten die Veranstalter bis zu 445'000 Zuschauer.

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Datum: 09.08.2018
Autor: Johannes Blöcher-Weil
Quelle: pro Medienmagazin

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