Weltwirtschaftsforum will westlich-islamischen Rat gründen

Islam

Genf. Das Davoser Weltwirtschaftsforum (WEF) will eine Initiative zur Überwindung der westlich-islamischen Spannungen starten. Wie die Veranstalter in Genf mitteilten, soll bei dem vom 23. bis 28. Januar stattfindenden Treffen ein "Rat der 100 Persönlichkeiten" gegründet werden, der sich in den kommenden Jahren dem westlich-islamischen Dialog widmet.

Ihm sollen Vertreter der Religionen, der Wissenschaft, der Medien, der Wirtschaft und der Politik aus den Industriestaaten und der islamischen Welt angehören. Themen sind Religion, Kultur, das Verständnis von Demokratie und gutem Regieren, die Bedeutung der Zivilgesellschaft sowie Globalisierung, Immigration und Integration. Ziel sei es, das gegenseitige Verständnis für die beiden unterschiedlichen Zivilisationen zu wecken, erläuterte Forum-Gründer Klaus Schwab.

2500 Teilnehmer werden erwartet

Zu dem in der Regel jährlich in Davos tagenden, hochkarätig besetzten Treffen werden diesmal rund 2.500 Teilnehmer erwartet. Thema ist das "Vertrauen in die Institutionen". Dazu wurde im vergangenen Jahr eine weltweite Umfrage durchgeführt, der zufolge das Vertrauen der Menschen in Autoritäten global auf eine kritische Grösse gesunken ist. Nur Armee und Polizei belegten in Folge der Terroranschläge in fast allen Ländern Spitzenplätze. In Deutschland belegten die Kirchen unter 17 Grossinstitutionen den letzten Rang.

Das WEF versteht sich als internationales Netzwerk von Entscheidungsträgern aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Medien. Es wurde Anfang der 70er Jahre gegründet und wird inzwischen von 1.000 der grössten Unternehmen weltweit getragen. Seit Mitte der 80er Jahre diskutiert das Gremium nicht nur wirtschaftliche, sondern auch gesellschaftliche Fragen. Kritiker sehen in ihm eine Speerspitze von Globalisierung und Finanzliberalisierung. Sie kritisieren die fehlende demokratische Legitimation des "elitären" Treffens.

Erstmals öffentliche Diskussionsveranstaltungen

In diesem Jahr öffnet sich das normalerweise hinter verschlossenen Türen tagende Forum erstmals für Diskussionsveranstaltungen mit Organisationen der Zivilgesellschaft, darunter die Kinderschutzorganisation terre des hommes, das Rote Kreuz und der Schweizer Evangelische Kirchenbund. Unter dem Titel "Open Forum Davos 2003" werden dazu auch UNO-Generalsekretär Kofi Annan, der südafrikanische Handels- und Industrieminister Alec Erwin sowie der südafrikanische Bildungsminister Kader Asmal erwartet. In den öffentlichen Veranstaltungen geht es unter anderem um gerechten Welthandel, ethische Globalisierung und Kinderrechte.

Parallel dazu veranstalten Kritiker unter dem Titel "The Public Eye on Davos" (Das öffentliche Auge auf Davos) eine Gegenveranstaltung. Sie soll die Grosskonzerne stärker in die Pflicht nehmen und sie zu mehr ökologischer und sozialer Verantwortung zwingen, wie die Veranstalter in Bern mitteilten. Das WEF sei ein Symbol der Macht der transnationalen Konzerne. Sie müssten verpflichtet werden, zumindest die internationalen Übereinkommen des Umweltrechts, der Menschenrechte und die Standards der Internationalen Arbeitsorganisation ILO einzuhalten. Das von zehn Nichtregierungsorganisationen getragene "Public Eye on Davos" findet zum vierten Mal statt. Eröffnet wird die Verantaltung vom ehemaligen deutschen Finanzminister Oskar Lafontaine (SPD).

Ort der Kirchen nicht am Tisch der Reichen

Die städtische Kommission für Ökumene, Mission und Entwicklungszusammenarbeit (OeME) Bern hat sich an einer Pressekonferenz der Kritiker des Weltwirtschaftsforum Davos für die Zusammenarbeit aller "Menschen guten Willens" ausgesprochen.

Die Kommission hat sich gegen ein vom Synodalrat der reformierten Kirchen Bern-Jura ausgesprochenes Verbot gewandt. Dieser lehnt eine Zusammenarbeit mit der Organisation Anti-WTO-Koordination Bern und der Regionalgruppe Attac ab. Irene Meier von der OeME-Kommission sagte, die Organisationen seien der Meinung, dass man der Gewalt staatlicher und überstaatlicher Stellen entgegentreten solle. Es sei für die Kommission klar, dass "der Ort der Kirchen nicht am Tisch der Reichen, sondern an der Seite der Armen ist".

Der Berner Synodalrat hatte sich im Oktober 2001 von der OeME distanziert, als diese öffentlich die Meinung äusserte, der Dialog mit dem Weltwirtschaftsforum Davos sei sinnlos. Auch hatte er der OeME verboten, künftig Veranstaltungen der WEF-Kritiker mitzutragen.

Datum: 10.01.2003
Quelle: Kipa

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