'Wir baten Gott, unsere Regierung zu stoppen'

Orthodoxe Kirche

Minsk - Der osteuropäische Staat Belarus will ein neues Religionsgesetz einführen, das von allen kleineren Religionsgemeinschaften eine neue Registrierung bei den Behörden verlangt. Das Parlament hat das Gesetz vorläufig gebilligt. Alle religiösen Gemeinschaften, die vor 20 Jahren (dem Todesjahr Breshnews) nicht in der damaligen weissrussischen Sowjetrepublik vertreten waren, werden im Text als illegal bezeichnet. Das Gesetz schreibt auch vor, dass jegliche religiöse Literatur vor der Verteilung im Land von einer staatlichen Behörde begutachtet werden muss.

Die orthodoxe Kirche, zu der sich zwei von drei Weissrussen wenigstens nominell zählen, wird im neuen Gesetz deutlich privilegiert. Daneben spricht es auch den Katholiken, den Lutheranern, dem Judentum und dem sunnitischen Islam eine "geistliche und historische Rolle" zu. Alle anderen Gemeinschaften, vor allem die evangelischen Freikirchen, werden massiv diskriminiert.

So hat der Gesetzesentwurf bei den kleineren und jungen Religionsgemeinschaften Proteste hervorgerufen. Mitte Juni versammelten sich 750 evangelische Gemeinden in Belarus zu einem Gebets- und Fasten-Wochenende. Der Baptistenbischof Viktor Krutko sagte, man habe für die Regierung, den Präsidenten und das Parlament gebetet. "Wir baten Gott, sie zu stoppen." Um auf Landesebene die Anerkennung zu beantragen, müssen die "nicht-traditionellen" Gemeinschaften mindestens zehn registrierte lokale Gemeinden mit je 20 Mitgliedern aufweisen. Alaxandr Velitschko, ein Sprecher der Pfingstkirchen (30'000 Mitglieder), meinte, das neue Gesetz werde nicht weniger als einen Drittel der Religionsgemeinschaften in den Untergrund treiben. Während 491 Pfingstgemeinden registriert seien, warteten 277 örtliche Gemeinden immer noch darauf. Ein Drittel der registrierten Pfingstgemeinden dürfte die Registrierung verlieren, da ihre Mitgliederzahl unter 20 liege.

Unter dem diktatorisch agierenden Präsidenten Lukaschenko, der die politische Opposition seit Jahren unterdrückt und mehrfach die Union mit dem Grossen Bruder Russland gesucht hat, hat sich die wirtschaftliche Lage von Belarus nicht verbessert. Die Staatsführung hat sich nicht einmal die Mühe gemacht, dem sowjetischen Geheimdienst KGB einen neuen Namen zu geben.

Quelle: WEA, RFE/RL

Datum: 25.06.2002

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