Schweizer Namensrecht

«Mit dem Namen regelrecht jonglieren»

Gibt der Mann der Familie den Namen? Oder sollen neu beide Partner bei der Heirat ihren ledigen Namen behalten? Der Nationalrat beschäftigt sich diese Woche mit dem Schweizer Namensrecht, das auch festlegt, wie der Name des Kindes bestimmt wird.
Laut dem Gesetzentwurf muessten die Eltern vor der Hochzeit ueber den kuenftigen Nachnamen der Kinder entscheiden.

Wird das Namensrecht umgekrempelt, wie dies der Ständerat im Juni beschloss, müssen die Brautleute bei der Heirat bestimmen, ob die künftigen Kinder den Familiennamen der Mutter oder jenen des Vaters tragen sollen. Doch sollen Ehepaare weiterhin das Recht haben, einen gemeinsamen Familiennamen zu tragen, der dann auch für die Kinder gilt.

In der NZZ haben die Baselbieter Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer, Initiantin der Vorlage, und der Genfer Nationalrat Christian Lüscher die Klingen gekreuzt. Für die SP-Frau ermöglicht die Änderung «Tradition wie Gleichberechtigung». Traditionelle Familien könnten weiterhin einen gemeinsamen Namen tragen. Laut Christian Lüscher (FDP) besteht hingegen überhaupt kein Bedarf; die Schweizer hätten andere Sorgen. Im Bundeshaus wolle man einfach nicht einsehen, dass man eine überflüssige Vorlage erarbeitet habe.

Wichtig für den Zusammenhalt der Familie

Für den Genfer Anwalt wäre eine Änderung fatal für die Gesellschaft: «Das neue Recht lässt zu viele Möglichkeiten zu, man kann mit den Namen regelrecht jonglieren. Das Konzept des gemeinsamen Familiennamens wird verschwinden, darunter werden die Identität und der Zusammenhalt der Familie leiden.» Nicht von ungefähr hätten sich Psychiater gegen eine solche Neuerung ausgesprochen. «In 30, 40 Jahren wird man merken, welchen Fehler man begangen hat.»

Leutenegger Oberholzer hält Lüscher die hohe Scheidungsrate entgegen: Der gemeinsame Name halte Eheleute nicht von der Trennung ab. «Wichtig ist doch, dass eine Person ihre Identität behalten kann. Der Name ist ein ganz wesentliches Persönlichkeitsmerkmal, auch für Frauen.» (Der Ständerat will auch Namensänderungen nach einer Scheidung vereinfachen: Die Rückkehr zum Ledignamen soll jederzeit beim Zivilstandsamt erfolgen können und nicht mehr auf Gesuch wie heute.)

Familienname der Kinder – zusätzlicher Stress beim Heiraten?

Dass Brautleute bei der Heirat den Familiennamen der Frau oder jenen des Mannes für die künftigen Kinder bestimmen sollen, aber «in begründeten Fällen» durch den Zivilstandsbeamten davon entbunden werden können, hält Lüscher für verantwortungslos. Denn dabei bleibe offen, «was zu tun ist, wenn die beiden Ehepartner zum Zeitpunkt der Heirat diesen Entscheid nicht treffen wollen». Laut Leutenegger Oberholzer würde der Familienname des Kindes erst bei der Geburt bestimmt.

Lüscher will verhindern, dass Babies namenlos zur Welt kommen. Es sei nicht liberal Paare bei der Heirat zum Entscheid anzuhalten. Zudem werde dann häufig «das Geld über den Namen des Kindes entscheiden. Ist der Mann vermögender als die Frau – und das ist in der Regel der Fall –, wird er ihr seinen Willen aufzwingen.» Da die Identität der Mutter fest stehe, sei es für Männer wichtiger als für Frauen, dem Kind den Namen zu geben. Mit der Änderung wäre das weiterhin möglich, wendet Leutenegger Oberholzer ein. Nur könnten das dann Mutter und Vater gemeinsam entscheiden, an Stelle des Gesetzgebers.

Datum: 28.09.2011
Quelle: Livenet / NZZ

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