Klares Ja zu FMedG

Liberale Regelung der PID in der Schweiz deutlich angenommen

Künftig dürfen Paare mit einer schweren Erbkrankheit und Paare, die auf natürlichem Weg keine Kinder bekommen können, Gentests an Embryonen durchführen lassen (sog. PID). Die Schweizer Stimmberechtigten haben mit 62,4 Prozent deutlich Ja gesagt zum revidierten Fortpflanzungsmedizingesetz. Die in der Referendumsabstimmung unterlegenen Gegner, darunter die Kirchen, bedauern den Entscheid.
Abstimmung an der Urne

Das Gesetz legt fest, unter welchen Bedingungen Gentests an künstlich befruchteten Embryonen vorgenommen werden dürfen. Im vergangenen Jahr hatten sich die Stimmbürger bereits grundsätzlich für die Zulassung der Präimplantationsdiagnostik (PID) ausgesprochen. Gegen die Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes wurde in der Folge das Referendum ergriffen. Erfolglos. Gemäss den vorläufigen amtlichen Ergebnissen haben 62,4 Prozent der Schweizer Stimmberechtigten Ja gesagt zum revidierten Gesetz. Die Stimmbeteiligung betrug 44,9 Prozent.

Embryonen mit Down-Syndrom können ausgesondert werden

Künftig dürfen Paare mit einer schweren Erbkrankheit und Paare, die auf natürlichem Weg keine Kinder bekommen können, die PID in Anspruch nehmen. Ausgewählt und eingepflanzt werden nur Embryonen ohne Defekte der Erbanlagen. Unfruchtbare Paare erhalten zudem die Möglichkeit, ihre Embryonen vor der Übertragung in den Mutterleib auf Chromosomenstörungen untersuchen zu lassen. Damit können etwa Embryonen mit dem Down-Syndrom ausgesondert werden. Das Gesetz erlaubt weiter, dass maximal zwölf Embryonen pro Behandlungszyklus statt wie bislang drei erzeugt werden dürfen.

Verboten bleibt weiterhin, Embryonen aufgrund ihres Geschlechts oder anderer Körpermerkmale auszuwählen. Ebenfalls verboten bleibt die Erzeugung von sogenannten Retterbabys.

Gegner fordern strenge Kontrollen

Das überparteiliche Komitee, das das Referendum lanciert hatte, bedauert die Annahme des Gesetzes. Es fordert, der Bundesrat solle nun «seine Versprechen» einlösen und die Anwendung der PID unter «strenge Kontrollen» stellen, heisst es in einer Medienmitteilung vom Sonntag, 5. Juni. Die Legalisierung der PID in dem vom Gesetz vorgesehen Ausmass berge grosse ethische Gefahren und medizinische Risiken. EVP-Nationalrätin Marianne Streiff befürchtet gemäss Mitteilung eine schleichende Ausweitung der Anwendung des Verfahrens.

Sowohl der Schweizerische Evangelische Kirchenbund (SEK) als auch die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) kommentieren das Abstimmungsergebnis kritisch. Aus Sicht von Bischof Charles Morerod, dem SBK-Präsidenten, gefährdet das Gesetz den vollständigen Schutz des menschlichen Lebens von seinem Anfang bis zu seinem Ende. Die Anerkennung der vollen Würde jedes menschlichen Wesens, zuallerst der Schwächsten, sei wesentlich für eine gerechte Gesellschaft, schreibt der Westschweizer Bischof in einer Mitteilung.

Evangelischer Kirchenbund stellt Frage nach den Menschenbildern

Die Annahme des Gesetzes ermögliche es Paaren zwar, sich Gewissheit zu verschaffen, ob sie ihre genetischen Dispositionen zu schweren Krankheiten und Behinderungen an ihre Kinder übertragen, teilte der SEK auf Anfrage gegenüber kath.ch mit. Die Annahme öffne aber auch «die Tür für ganz andere Interessen und zukünftige Anwendungen der genetischen Diagnostik», warnt der Kirchenbund. Er wolle auch zukünftig und verstärkt die Frage nach den Menschenbildern hinter den Biotechnologien aufwerfen.

«Tragen sie zur Vielfalt des menschlichen Lebens bei oder dienen sie der Durchsetzung eines standardisierten Menschenbildes?» Der SEK will diese Fragen öffentlich debattieren und die Gesellschaft ermutigen, vorurteilsfrei auf Menschen zuzugehen, «die unseren Idealvorstellungen nicht entsprechen und die uns mit ihren Eigenarten herausfordern». Für den Kirchenbund biete eine biblische-christliche Sicht auf den Menschen eine Fülle und Vielfalt, die über «gesellschaftliche Erfolgs- und Qualitätskriterien weit hinausreicht».

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Datum: 06.06.2016
Autor: Barbara Ludwig
Quelle: kath.ch

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