Iraks Christen im Würgegriff der Schiiten

Christin im Irak
Irakische Schiiten

Basra. Die Christen im Irak geraten immer mehr unter die Gewalt militanter schiitischer Muslime. Dies ist vor allem in der südlichen Hafenstadt Basra der Fall: Zwei kleine Geschäftsleute, Sabah Gazala und Abdul Ahed, wurden dort von islamischen Freischärlern erschossen, die anschliessend ihre Läden plünderten. Die beiden Kaufleute, die zur chaldäisch-katholischen Kirche gehörten, hatten sich in verschiedenen Vierteln der Stadt dem Ultimatum aus benachbarten Moscheen widersetzt, ihre Geschäfte strikt nach den Satzungen des Korans zu führen.

Am Sonntag arbeiten

Zahlreiche andere christliche Kaufleute und Handwerker waren unter dem Druck der schiitischen Parallelverwaltung zur britischen Besatzungsmacht gezwungen worden, am Freitag zu schliessen und dafür den ganzen Sonntag zu arbeiten. Auch wurden sie genötigt, säumigen Zahlern keine Zinsen mehr zu verrechnen und jeden Handel mit Produkten aus Schweinfleisch sowie mit alkoholischen Getränken einzustellen. Das islamische Gesetz verbietet Zinsen, Fleisch und Fett vom Schwein sowie jeden Alkohol. Auch alles, was diesem äusserlich ähnlich ist, so z.B. das alkoholfreie Bier.

Frauen sollen sich verschleiern

Unterdessen nimmt der Druck auf Christinnen im gesamten Irak, sich zu verschleiern, zu. Schiitenführer Muktada Sadr hatte das schon am 2. Mai bei einer Moscheepredigt in Kufa gefordert. In Basra ist es jetzt an der Tagesordnung, dass christliche Frauen und Mädchen beschimpft und mit Unrat und Steinen beworfen werden, wenn sie sich ohne den schiitischen Tschador auf der Strasse zeigen. Auch Vergewaltigungen von Christinnen oder ihre Entführungen und Zwangsverheiratungen mit Muslimen nehmen dem Vernehmen nach zu. Viele chaldäische Familien versuchen die Stadt daher zu verlassen.

Gottesdienste gestört

Nicht einmal in ihren Kirchen haben die irakischen Christen mehr Ruhe. In der Umgebung werden Lautsprecher angebracht, die jeden Gottesdienst mit dröhnenden Rezitationen des Korans oder antichristlichen Hetzpredigten stören: „Euch steht ein schreckliches Schicksal bevor“, wird da gedroht. Am schlimmsten geht es den Pfarrern, die ständig in den Gemeindezentren bei den Kirchen wohnen. Sie sind Tag und Nacht dem islamistischen Lautsprecher-Geplärr ausgesetzt: „Ich kann mich nicht mehr konzentrieren, kaum noch zum Gebet sammeln“, klagt Pastor Isa Barguti von der presbyterianischen Andreas-Kirche in Bagdads zerbombter Innenstadt. Und ein Mitglied der benachbarten Adventisten-Gemeinde meint: „Eines war unter Saddam besser: Die Religionspolitik. Jetzt drücken Amerikaner und Engländer beide Augen zu, während die Schiiten ihren strikten islamischen Gottesstaat nach dem Iran und Teilen Libanons auch im Irak aufbauen.“

Islamisierung begann unter Hussein

Inzwischen weisen irakische Kirchenvertreter darauf hin, dass die Islamisierung des Landes schon in der späten Ära Saddam Husseins begonnen hatte. In seinem Bestreben, auch die militanten Muslime für den Widerstand gegen die USA und ihre Verbündeten zu gewinnen, hatte es das Regime bereits 2001 verboten, Kindern bei der Taufe die Namen von Aposteln und christlichen Heiligen oder auch biblischen Persönlichkeiten zu geben: Nur mehr weltliche arabische Namen ohne jeden religiösen Bezug waren zulässig oder solche, die bei Muslimen und Christen gebräuchlich sind.

Datum: 12.06.2003
Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet.ch

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