Sonntagschullehrer-US-Präsident-Friedensnobel Preisträger

J. Carter

Why not the best?' - Warum nicht das Beste?' So überschrieb Jimmy Carter, der Gouverneur des US-Bundesstaates Georgia, im Jahr 1976 seine Autobiografie. Am Dienstag hat er in Oslo den Friedensnobelpreis empfangen, nach einem Weg des Bemühens um Ausgleich, Frieden und Gerechtigkeit, der seinesgleichen sucht.
Mit seinem strahlenden Lächeln und einer starken Frau an seiner Seite gewann James Earl Carter 1976 die Präsidentenwahlen - eine Sensation. Mit dem Aufruf, für Recht und Gerechtigkeit einzutreten, zog der gläubige Baptist ins Weisse Haus ein. Unter der Bürde seines Amtes ergraute der Erdnussfarmer aus dem Südosten innert Monaten. Er scheiterte in der Wiederwahl an Ronald Reagan - die Demütigung durch die iranischen Mullahs (Geiselnahme in der US-Botschaft in Teheran) verziehen ihm die Wähler nicht.

Geradlinig aus dem Gebet

Carters Karriere gehört wohl zu den erstaunlichsten des 20. Jahrhunderts. In seiner Heimatstadt Plains war er um 1960 in der baptistischen Diakonenvereinigung, der er vorstand, für die Aufhebung der Rassendiskriminierung eingetreten. Allein kämpfte er gegen das Verbot, mit dem seine Mitdiakone (nach der vom Obersten Gericht verordneten Aufhebung der Rassentrennung!) Schwarze vom Gottesdienst ausschliessen wollten. Dies sicherte dem weissen Südstaatler später die Stimmen der Schwarzen.

In der NZZ zeichnet der deutsche CDU-Politiker Friedbert Pflüger den Weg Carters nach. Bei seiner Nominierung zum demokratischen Präsidentschaftskandidaten, ein Jahr nach dem Ende des Vietnamkriegs, sangen die Delegierten ,We shall overcome'. Carter nahm die Sehnsucht nach einem Neuanfang auf. Er pflegte den Tag zusammen mit seiner Frau im Gebet zu beenden. Von Machtzentrum in Washington aus suchte er die Menschenrechte zu stärken, nach dem von Reinhold Niebuhr geliehenen Motto, dass es "die traurige Pflicht der Politik ist, Gerechtigkeit in einer sündigen Welt zu errichten". Dissidente, die gegen Diktatoren aufstanden, wurden ermutigt, die US-Auslandhilfe an Staaten von der Verbesserung ihrer Menschenrechtsbilanz abhängig gemacht.

Menschenrechtspolitik aus dem Weissen Haus

Allerdings verursachten Carters erste Stellungnahmen bei Verbündeten und Gegnern Verwirrung, und seine Zurückhaltung, militärische Macht zur Abschreckung einzusetzen, mag die Sowjet-Generäle unter dem greisen Breshnew ermutigt haben, 1979 in Afghanistan einzufallen. Immerhin unterschrieb der Kreml-Chef mit Carter die Salt-II-Vereinbarung über die Begrenzung der strategischen Rüstung. Carter erzählte später in einem Interview, dass er es im Gespräch mit dem Sowjetführer unvermittelt gewagt hatte, von ihrer gemeinsamen Verantwortung vor Gott zu sprechen. Und Breschnew habe Rührung erkennen lassen...

Der Friedensnobelpreis 2002 erinnert in Intifada-Zeiten an eine andere Grosstat Carters: Mit dem Abkommen von Camp David zwischen Aegypten und Israel im Jahr 1978 stiftete er einen Grundstein der Verständigung im Nahen Osten. All dies konnte indes die Abwahl aus dem Weissen Haus nicht verhindern. Als Ronald Reagan das Amt antrat, begrüsste Carter die aus dem Iran zurückkehrenden Geiseln. Er setzte seinen Ehrgeiz nicht darein, ein Institut und eine prächtige Präsidentenbibliothek zu gründen - oder mit goldigen Vortragshonoraren abzusahnen. Er verdingte sich als Freiwilliger zum Bau von Obdachlosenheimen. In Afrika suchte er persönlich Bauern für ein Agrarprojekt seines Hilfswerks zu gewinnen. 1989 sagte das Nachrichtenmagazin Time voraus, Carter könne der "beste frühere Präsident Amerikas" werden.

Unermüdlicher, glaubwürdiger Vermittler

Carter war damals daran, Friedensgespräche zwischen der äthiopischen Regierung und der eritreischen Rebellenbewegung durchzuführen. Er entwickelte sich zum Mann für heikle, kaum lösbar scheinende Konflikten, etwa in Nicaragua, und erwarb sich Ansehen als Leiter von Wahlbeobachter-Missionen. Kurz vor seinem 70. Geburtstag 1994 gelang es ihm, einen militärischen Konflikt zwischen den USA und Haiti zu verhindern. Den deutschen Politiker Friedbert Pflüger beeindruckt der "unbedingte Erfolgswille Carters", der christliche Wurzeln hat, was in folgenden Sätzen (aus einem Leitfaden für ältere Menschen) zum Ausdruck kommt: "Seit meiner Kindheit war es der Kern meiner Gebete, dass ich nicht bei dem Versuch versage, das eine Leben auf der Welt voll und effektiv zu nutzen. Ich habe immer schwierige Herausforderungen gesucht. Wir dürfen uns nicht weigern, etwas zu versuchen, was scheitern mag. Andernfalls fehlt es uns an Vertrauen in uns selbst oder in unsere Ziele."
Bei seiner Amtseinsetzung als Präsident las er nach seinem Amtseid einen Bibeltext vor, der für ihn Leitspruch, Bekenntnis und Herausforderung zugleich war: "Gott hat euch längst gesagt, was gut ist. Er fordert von euch nur eines: Haltet euch an das Recht, begegnet anderen mit Güte und lebt in Ehrfurcht vor eurem Gott!" (Micha 6,8)

Quelle: Livenet/ERF

Audio Beitrag

www.erf.ch/themen/art3024.html

Datum: 12.12.2002
Autor: Peter Schmid

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