Gott steht über allem

Gottes Kraft und unsere Schwachheit

"Gott hat den Herrn auferweckt durch seine Kraft." (1. Korinther 6, 14) Was sich da ereignete, versetzte mich ins Staunen. Wenn Gott handelt, dann geraten Himmel und Erde in Bewegung. Die Mitte des Bildes zeigt ein alles überstrahlendes Licht. Das Grab kann den Lebensfürsten nicht zurückhalten. Es explodiert förmlich und der Gottessohn erfüllt alles von unten nach oben mit seinem hell strahlenden Licht. Der Auferstandene hat den Tod und alle Mächte der Finsternis überwunden. Der Durchbruch ist geschehen. Unsere Augen erblicken die göttliche Dynamik. Gott schenkt damit jedem die Möglichkeit zu einem Neuanfang. Das Kreuz im Hintergrund dürfen wir nicht übersehen. Der Auferstandene ist der Gekreuzigte, der durch sein Leiden und Sterben alles vollbracht hat. Gottes Kraft erweist sich im Leiden und Sterben von Jesus als vergebende erlösende Kraft. Durch die Auferstehung von Jesus kommen die Kräfte des Lebens und der Neuschöpfung zur Wirkung. Im Vordergrund sehen wir die menschliche Ohnmacht, Hilflosigkeit und Schwachheit. Welch ein Gegensatz zeigt sich uns zwischen der wirksamen Auferstehungskraft und unserer Schwachheit. Wir stossen überall an Grenzen. Unsere Schwachheit möchte ich an drei Ereignissen meines Lebens deutlich machen.

Ausgeliefert sein

Unsere Schwachheit wird uns besonders deutlich, wenn wir uns ausgeliefert fühlen und die Situation nicht ändern können. Kurz vor Ende des letzten Weltkrieges wurde mein Geburtsort bombardiert. Vormittags heulten die Sirenen. Alle Hausbewohner gingen in den Keller, der mit Balken abgestützt war. Nach kurzer Zeit hörten wir wie die Bomben einschlugen. Zwischen den verschiedenen Angriffswellen wurde es wieder still. Plötzlich bewegte sich unter uns der Boden, die Wände krachten und eine mächtige Druckwelle verschlug uns den Atem. Dies wiederholte sich mehrmals und wir meinten mit dem Leben abschliessen zu müssen. Jeder im Luftschutzraum betete. Nach einer Stunde war alles vorüber. Als wir aus dem Keller kamen, konnten wir vom Treppenhaus aus den Himmel sehen. Zwischen unserem und dem Nachbarhaus hatte ein grosser Krater die Strasse aufgerissen. Im Umkreis von 25 Metern waren noch zwei grosse Bombentrichter zu sehen. Als wir uns völlig ausgeliefert fühlten, erlebten wir unseres Herrn Bewahrung. R. A. Schröder gibt dieses Erleben treffend wieder: Es mag sein, dass alles fällt. Halte du den Glauben fest, dass dich Gott nicht fallen lässt. Er hält sein Versprechen!

Ringen um Wegleitung

Wie ein Blitz aus heiterem Himmel kam für uns der Bericht, dass bei meiner Frau ein Melanom diagnostiziert wurde. Dieser bösartige Pigmenttumor ist unheilbar. Wir prüften uns vor Gott und baten die Ältesten nach Jakobus 5 zu handeln. Unser Herr schenkte keine Heilung, aber ein Stillstand der Krankheit trat ein. Dafür waren wir sehr dankbar. Nach einigen Monaten breitete sich das Melanom jedoch rasant aus. Wir bekamen in dieser Zeit viele Ratschläge: "Wenn ihr dorthin fahren würdet, könntet ihr durch vollmächtiges Gebet Heilung erfahren"; "ihr solltet eure Ernährungs- und Lebensweise umstellen"; "Gott will heilen, nehmt seine Zusagen an". Viele Beter unterstützten uns damals. Als sich die körperliche Situation verschlechterte, baten wir: Vater, dein Wille geschehe. Nach kurzer, schwerer Krankheit wurde Ruth von ihrem Leiden erlöst und durfte heimgehen. Durch Bangen und Hoffen erkannten wir: "Gott, dein Weg ist heilig."

Akzeptieren und Vertrauen

Kurz vor meiner Pensionierung stellten sich bei mir körperliche Beschwerden ein. Bis alle Abklärungen gemacht waren, bekam ich so schlecht Luft, dass ich als Notfall ins Inselspital eingeliefert werden musste. Dort war ich dankbar für die Erleichterung, die mir der Sauerstoff brachte. Es gab viele Untersuchungen, die zum Ergebnis führten, dass unbedingt eine neue Herzklappe eingesetzt werden müsste. Die Operation wurde auf den Morgen des Auffahrtstages festgelegt. Körperlich war ich sehr geschwächt. Die Chirurgen machten mich auf die Risiken der Operation aufmerksam. Kurz vor der Narkose waren meine letzten Gedanken: "Herr, ob ich hier oder bei dir aufwache, in dir bin ich geborgen." Nach dem überstandenen Eingriff war ich glücklich, wieder problemlos atmen zu können. Ist es nicht so, dass wir in den Grenzsituationen unseres Lebens unseren Herrn und Heiland in besonderer Weise erfahren? Wenn es am dunkelsten ist, leuchten die Sterne am hellsten. Diese Erfahrung erinnerte mich an das Lied von Dietrich Bonhoeffer: "Von guten Mächten treu und still umgeben." Der vierte Vers ist mir besonders lieb: "Doch willst du uns noch einmal Freude schenken, an dieser Welt und ihrer Sonne Glanz. Dann woll'n wir des Vergangenen gedenken, und dann gehört dir unser Leben ganz."

Anteil nehmen lassen

Im Leben des grössten Missionars hat mich etwas tief beeindruckt. Viele Jahre hat er ein Geheimnis in seinem Herzen getragen und mit niemand darüber gesprochen. Fühlte sich Paulus von den Korinthern herausgefordert, ihnen sein Innerstes zu öffnen? Eigenartig ist, dass er von sich in der dritten Person schreibt: "Ich kenne einen bestimmten Christen, der vor vierzehn Jahren in den dritten Himmel versetzt wurde … Dort hörte er geheimnisvolle Worte, die kein Mensch aussprechen kann." Weiter lesen wir: "Ich habe unbeschreibliche Dinge geschaut. Aber damit ich mir nichts darauf einbilde, hat Gott mir ein schweres Leiden gegeben … Dreimal habe ich zum Herrn gebetet, dass er mich davon befreit. Aber er hat zu mir gesagt: ‹Du brauchst nichts mehr als meine Gnade. Je schwächer du bist, desto stärker erweist sich an dir meine Macht.› Jetzt trage ich meine Schwäche gern … damit die Kraft Christi sich an mir erweisen kann." (2. Korinther 12, 2-10) Der Apostel sieht in seiner Schwachheit die Voraussetzung für die Kraftentfaltung von Jesus Christus in seinem Leben. Er erlebte es vielfältig in seiner Wirksamkeit. Eindrücklich ist mir das Geschehen in Lystra. Juden hetzten die Bewohner gegen Paulus auf. Es kam dazu, dass sie ihn steinigten. Danach schleiften sie ihn aus Lystra, weil sie ihn für tot hielten. Den am Boden Liegenden umringten die Christen und beteten. Plötzlich stand Paulus auf und ging mit ihnen in die Stadt. Vielfach erlebte und bezeugte er Gottes Kraft, die gerade in seiner Schwachheit sichtbar wurde. Wir meinen oftmals, wenn wir stark und überlegen sind, dann könnten wir vollmächtig handeln. Das Gegenteil zeigt sich im Leben von Paulus. Das sollte uns zum Überlegen bringen. Gottes Kraft will sich in unserer Schwachheit entfalten.

Verheissungsorientiert leben

Mit dem Älterwerden treten immer mehr körperliche Schwierigkeiten auf. Unser Leib wird mit einem Gebäude verglichen, das abgebrochen wird. Es melden sich an den verschiedensten Stellen Schmerzen. Da gibt es Tage, wo man sich wie eine lahme Ente vorkommt. Wie gern gibt man da dem Föhn oder der Bise die Schuld. Es ist gut, wenn uns die Bibel daran erinnert, dass unser Körper vergänglich ist. Dagegen hat Gott für uns eine Behausung bereit, die unvergänglich ist. Das hat Auswirkung auf unsere Lebenseinstellung. Deshalb betete Mose: "Herr, lass uns erkennen, wie kurz unser Leben ist, damit wir zur Einsicht kommen." Der Blick auf unser Ziel lässt uns mit den Schwachheiten des Alltags besser zurechtkommen. Nicht der Augenblick soll mein Leben prägen und mich beherrschen. Gottes Kraft, die im Gekreuzigten und Auferstandenen wirkt, will mich erfüllen. Mit Jesus Christus bin ich im Glauben verbunden. Er ist mein und ich bin sein, niemand kann uns scheiden. Je älter ich werde, umso dankbarer bin ich dafür, dass Gott uns seine Verheissungen wie Lichter angezündet hat, die uns unseren Weg erhellen. Gott schenkt uns Gewissheit. Es macht mich froh, Gottes Verheissung so anzunehmen, wie es im 1. Petrusbrief aufgeschrieben ist: "Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus. In seinem grenzenlosen Erbarmen hat er uns neues Leben geschenkt. Weil Jesus Christus von den Toten auferstanden ist, haben wir die Hoffnung auf ein neues, ewiges Leben … Bis dahin wird euch Gott in seiner Allmacht bewahren, weil ihr an ihn glaubt. Aber dann, am Ende der Zeit, werdet ihr selbst sehen, wie herrlich das unvergängliche Leben ist, das Gott schon jetzt für euch bereithält." Diese Zusage lässt mich aufblicken zu meinem Herrn, der sein angefangenes Werk vollenden wird. "Gott hat den Herrn auferweckt und wird uns auch auferwecken durch seine Kraft." Neues, ewiges Leben wird Gottes Kraft hervorbringen. Für diese Zukunftsperspektive bin ich meinem Herrn von ganzem Herzen dankbar.

 

Datum: 29.05.2003
Autor: Wolfgang Vöhler
Quelle: Impuls

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