«Auch in aussichtslosen Situationen Hoffnung haben»
Rosario Fazio, was muss man über
Ihren jüngsten Roman wissen?
«Der Wind von Station 5» ist ein
historischer Kurzroman. Er verbindet Realität und Fiktion in einer Geschichte,
die sich auf mehreren Ebenen abspielt.
Können Sie die Handlung – ohne
natürlich zu viel zu verraten – kurz vorstellen?
Die Geschichte hat Nya, eine junge
Pflegefachfrau, als Protagonistin. Sie arbeitet in einer unscheinbaren, etwas
in die Jahre gekommenen Krankenstation. Dass sie dort unter anderem auch
Menschen auf ihre letzte Reise begleiten würde, war ihr bewusst. Was aber ein
ihr zugewiesener Patient erlebt, bleibt zunächst für alle ein Mysterium. Dabei
rückt die Vergangenheit der Station in den Mittelpunkt: Station 5 ist Teil
einer Klinik, die während Berns dunkelster Stunde der Pest durch eine mutige
Frau entstanden ist. Nya durchlebt innerhalb von wenigen Tagen eine intensive
Zeit in und ausserhalb der Klinik und nimmt den Leser mit auf ihre Begegnung
mit dem Tod. Und man lernt zu verstehen, was es heisst, selbst in der
aussichtslosesten Situation noch Hoffnung zu haben.
Wie ist das Werk entstanden?
Anfangs sehr spontan. Die Grundidee
der Geschichte war die Beziehung zwischen den Figuren Geri und Massi, wobei Geri
eine Nahtoderfahrung macht. Da ich die Geschichte möglichst realitätsnah
schreiben wollte, landete ich im Anna Seiler Haus und stiess dort auf die Lebensgeschichte
von Anna Seiler, der Stifterin des Berner Inselspitals. Die Recherchen faszinierten
mich dermassen, dass sich die Geschichte weiterentwickelte, bis sie unerwartete
Dimensionen annahm, die ich irgendwann während des Schreibprozesses eingrenzen
musste, um dramaturgisch fokussiert zu bleiben. Schliesslich wurden daraus
mehrere Erzählstränge, die sich miteinander verweben.
Es ist Ihr zweites Buch, worum ist
es im ersten gegangen?
Mein erstes Buch «Mein Recht zu rocken – Eine Geschichte über Träume,
Kulturkonflikte und laute Musik» ist, wie der Titel bereits verrät,
meine Lebensgeschichte als Secondo und Rocker.
Welche Themen bewegen Sie generell
– und weshalb?
Generell beschäftigen mich eher die
Schattenseiten des Lebens. Der Umgang damit fasziniert und bewegt mich zugleich
– und das wiederum inspiriert mich. Um beim Roman zu bleiben: War es im
Mittelalter der Schwarze Tod, der die Vergänglichkeit des Daseins auf drastische
Weise ins Gewissen rief, so bleibt man selbst 600 Jahre später bei denselben
Fragen hängen: Warum bin ich hier? Was macht das Leben lebenswert? Was bleibt
am Schluss? Ist der Tod das Ende? Tatsächlich ist der Tod etwas, worüber man
nur ungerne redet. Mit «Der Wind von Station 5» versuche ich, mich aus
verschiedenen Blickwinkeln an das heikle Thema heranzutasten. Tod bedeutet
nicht einfach nur der Tod oder die Diskrepanz zwischen Endlichkeit und
Unendlichkeit. Im erweiterten Sinn ist es ein Prozess vom Schmerz-Zulassen,
Unbeantwortetes loslassen oder auch Versöhnung – dies lediglich als Beispiele, um
dem bildlichen Sensenmann ein bisschen Kontur zu geben.
Gibt es ein besonderes Erlebnis, das
Leser mit Ihren Büchern gemacht haben?
Da gibt es einige, die mich noch
heute bewegen, wenn ich sie mir in Erinnerung rufe. Jemand schrieb mir
beispielsweise, dass ein Handlungsstrang von «Der Wind von Station 5» dermassen
nahe am eigenen Erleben sei, dass die Person nicht in Worte fassen könne, was
es ihr bedeutet. Es stellte sich schliesslich heraus, dass es ein Szenario ist,
das – unabhängig von der Realität der betreffenden Person, von der ich vor der
Veröffentlichung nichts wusste – praktisch identisch in meiner Geschichte
auftaucht. Das war schon fast ein bisschen unheimlich, gleichzeitig wurde mir
aber klar, irgendwo etwas richtig gemacht zu haben.
Was ist Ihr Herzensanliegen?
Mein Wunsch ist es generell, den
Menschen um mich herum Mut, Hoffnung und Freude zu vermitteln. Sollte also «Der
Wind von Station 5» auf die eine und andere Person wie ein hoffnungsbringender
Wind wirken, wäre das für mich das grösste Kompliment. Der christliche Glaube ist für mich wie ein Koffer mit lebenswichtigen und persönlich zugeschnittenen Utensilien. Und mit diesem mir zugewiesenen und anvertrauten Werkzeug darf ich etwas Schönes bewirken.
Es war bereits Ihr zweites Buch, ist
nun bereits ein drittes in Planung?
In konkreter Planung sogar.
Allerdings ist das meiste davon pandemiebedingt vorerst auf Standby gerückt.
Zur Webseite:
faziorockt
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Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet