Sparsam und doch grosszügig

Geiz macht gierig

Geiz ist geil – einen blöderen Spruch hat es selten gegeben. Doch inzwischen scheint sich der Werbeslogan tief in die Gehirnwindungen eingegraben zu haben.
Geiz ist geil

Alle Welt jagt nach Schnäppchen. Und fängt an, diesen „Ich bin doch nicht blöd“-Blödsinn zu glauben. Als etwas beschränkt gilt, wer noch im Fachgeschäft am Ort kauft. Dort lässt man sich vielleicht beraten, welche Digital-Kamera die Beste ist – kauft sie dann aber später im Medien-Markt. Oder bestellt über das Internet dort, wo man noch zwei Euro sparen kann.

Zugegeben: Manche müssen wirklich haushalten, weil sie weniger als sonst im Portemonnaie haben. Sparsamkeit ist auch eine gute Eigenschaft, weil sie den Menschen unabhängiger macht. Aber Geiz ist etwas anderes. Geiz kann wie eine Sucht werden. Geiz kann gierig machen. Alles könnte irgendwo anders doch noch ein bisschen billiger sein. Peinlich, wenn gut Betuchte beim Sektempfang davon berichten, wie sie mit dem „Schnäppchenführer“ durch das halbe Land fahren. Wegen der Seidenbluse, die in Metzingen günstiger ist als in Minden. Im gleichen Atemzug beklagen sie die Leerstände in der Innenstadt.

Ich finde Geiz überhaupt nicht attraktivitätssteigernd, sondern abstossend. Geiz ist die Armut der Reichen, sagt ein Sprichwort. Geiz und Geldgier sind eine Wurzel allen Übels, sagt die Bibel. Und die Lehrer der frühen Kirche rechnen den Geiz zusammen mit Stolz, Neid, Zorn, Trägheit, Unkeuschheit und Masslosigkeit sogar zu den „sieben Hauptsünden“, die den Menschen von Gott, von den Mitmenschen und sich selbst entfremden. Sie kennen für jede dieser selbstgewählten Verhärtungen, die die Energie des Lebens daran hindern, frei zu fliessen, auch ein Kraut, das dagegen gewachsen ist. Gegen Stolz hilft Demut, gegen Zorn Geduld und Geiz wird durch Barmherzigkeit überwunden.

Barmherzigkeit – das heisst ein Herz haben für die „kleinen Leute“. Für die, die jeden Tag um ihre Existenz kämpfen müssen. Man kann sparsam und doch grosszügig sein. Werfen Sie doch einmal dem Strassenmusikanten aus Polen einen Euro in den Korb. Und sagen Sie der Frau im Haushaltswarengeschäft: „Wie gut, dass wir Sie noch haben.“

Autor: Wolfgang Riewe

Datum: 11.05.2013
Quelle: UNSERE KIRCHE

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