Ukrainische Christen berichteten über ihr Land

Ukrainische Christen
Ukraine

In der Ukraine herrsche zwar vollständige Religionsfreiheit, aber das Land sei in den letzten zehn Jahren auch immer ärmer geworden. Anlässlich seines Besuches in der Schweiz präsentierte eine ukrainische Delegation das gesellschaftliche und kirchliche Leben im riesigen Land, das bei uns vor allem durch die Katastrophe von Tschernobyl bekannt geworden ist.

Kurz nach der Auflösung der Sowjetunion wurde von evangelischen Kirchen in der Ukraine in der Stadt Buschtino (Gebiet Transkarpaten) ein "Salon der Barmherzigkeit", eine Art "Second-Hand-Shop" für arme Leute, eröffnet. "Man musste den Leuten helfen, dass sie überhaupt wieder etwas zum Leben hatten", sagt Walodimir Radomski, Koordinator des baptistischen Missionswerkes "Strahl im Osten". "In den ersten Jahren der Unabhängigkeit sind die Leute durch den Zusammenbruch der Wirtschaft immer ärmer geworden. Die Not war riesengross." Auch heute noch litten viele Menschen vor allem auf dem Lande unter grosser Armut.

Ansturm auf Kirchen

Nach dem Zerfall des Sowjetreiches habe es die Menschen richtig in die Kirche gezogen. In eine Kirche, die nach jahrelanger Unterdrückung auf diesen Ansturm kaum vorbereitet war. Beim Schweizer "Hilfswerk Licht im Osten", welches bereits zuvor punktuell mit humanitären Projekten in der Ukraine tätig war, habe man deshalb wichtige Hilfe gefunden, sagt Mikulaj Kasprow, Oberpresbyter und Präsident der ukrainischen Missionsgesellschaft "Strahl im Osten". Die Baptistenkirche, welche 1991 noch 700 Gemeinden im Lande hatte, ist rasch auf 2600 Gemeinden mit zirka 500’000 Mitgliedern angewachsen, das sind rund eineinhalb Prozent der Bevölkerung. Die Vision der Kirche für die Ukraine gehe aber weit darüber hinaus, sagt Kasprow. "Wir wollen unser Volk für Jesus Christus gewinnen." Beim Auftrag,, hinzugehen und zu Jüngern zu machen, könne man jetzt in viele Richtungen arbeiten, sei es Evangelisation auf der Strasse, Kinderlager, Studentenarbeit, Seminare, Unterricht an den Schulen oder in Sozialhilfe-Projekten. Mit den riesigen Problemen, die es unter den jungen Menschen in der Ukraine derzeit gebe (Alkoholprobleme, Drogensucht, Prostitution), sei die evangelische Kinder-, Teenager- und Jugendarbeit ganz besonders gefordert.

Strenge Gemeindeordnung

Im Vergleich zum freizügigen Kirchenleben in Westeuropa sind die ukrainischen Gläubigen in den Kirchen von der Kirchenleitung relativ stark kontrolliert. Ein Diakon – Diakone werden von der Kirchenleitung gewählt – ist jeweils für etwa 20 Kirchenmitglieder verantwortlich. Je nach Gemeindegrösse variiert diese Zahl. Wiederholte unbegründete Absenz vom Gottesdienst – der zweimal am Sonntag stattfindet – kann ein Grund zum Ausschluss sein. Auch über die Einhaltung der Sitten wachen die Kirchenvorsteher. Ukrainische Baptisten zeichnen sich dadurch aus, dass sie "Gutes tun, nicht rauchen, nicht Alkohol konsumieren, in ihren Ehen und Familien Ordnung haben und sich sittlich kleiden", sagt Kasprow. In der Gesellschaft der Ukraine sei der Alkohol ein grosses Problem. Da fielen die Baptisten, die weder Bier noch Wein noch Spirituosen konsumieren, besonders auf. Verheiratete Frauen tragen in der Gemeinde das Kopftuch. Aber dies sei eine Sache zwischen ihnen und ihren Männern, ausgeschlossen werde deswegen niemand mehr, betont der Presbyter. Das Gemeindeleben sei im Gegensatz zu den Schweizer Gemeinden intensiv, erklärt Kasprow. Die Christen machten vieles freiwillig, etwa Krankenbesuche, verschiedene Dienstleistungen oder Evangelisation.

Zum politischen Regime in der Ukraine unterhält die Baptistenkirche relativ gute Beziehungen. Den Baptissten ist dabei entgegengekommen, dass im mehrheitlich orthodoxen Land Präsident und Regierung keine bestimmte Konfession bevorzugten und enteignete Kirchengebäude zurückgaben.

Datum: 04.12.2003
Quelle: idea Schweiz

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