Die andere Seite der Repression

Nordkorea: Trotz 70 Jahren Verfolgung lebt die Kirche

Die Kirche und die Christen in Nordkorea werden mittlerweile seit 70 Jahren massiv unterdrückt. Aber das scheint das Werk Gottes in diesem kommunistischen Land nicht stoppen zu können. Christliche Werke haben einen guten Ruf im Land.
Gemeinde in Nordkorea
Nordkoreanische Christen bleiben trotz Verfolgung ihrem Glauben treu.
Gemeinde in Nordkorea beim Gebet

Seit 1995 hat die nordkoreanische Regierung etwa 480 ausländischen Organisationen die Arbeit im Land gestattet. 70 davon sind christliche Organisationen, darunter «Samaritan's Purse» (Leitung: Franklin Graham) und World Vision. Diese christlichen Werke arbeiten in 85 der 145 Provinzen und 23 von 27 Städten des Landes; das bedeutet, dass ein grosser Teil der Bevölkerung mit christlicher Arbeit in Berührung kommt, wie die «Lausanne Global Analysis» in einem Artikel festhält. 

Das Regime in Pjönyang übt gegenüber diesen christlichen Gruppen Toleranz – nicht nur, weil sie Hilfe bringen, sondern auch weil sie als integer wahrgenommen werden. «In einem meiner Reisen sagte mir ein Einwohner: 'Viele der Gruppen, die in unser Land kommen, wollen uns ausnutzen, aber ihr Christen wollt uns helfen'», schrieb der Autor des Artikels, Jamie Kim.

Christentum: Bildung und Fortschritt

Wenn es um den Umgang mit christlichen Organisationen geht, handelt Nordkorea ganz anders als China, wo Christen mit negativen Ereignissen aus der Vergangenheit wie dem Opiumkrieg und Kolonialisation in Verbindung gebracht werden. In der Geschichte Nordkoreas werden Christen im Allgemeinen als eine Hilfe für das Land wahrgenommen.

Korea öffnete seine Türen erstmalig 1884 für die Mission, als der Missionar Horace Allen durch den Gebrauch von Medizin beitragen konnte, dass der Bruder der damaligen Königin geheilt wurde. Danach wurden mehr Missionare ins Land eingeladen, was zur Gründung von 293 Schulen und 40 Universitäten führte und zu einem starken Wachstum christlicher Aktivitäten in Pjönyang, das damals das «Jerusalem des Ostens» genannt wurde. Aus historischer Perspektive wurden Christen in Nordkorea darum mit Bildung und Fortschritt assoziiert.

Der grosse Wandel

Seit 1945 wurde alles anders. Die Regierung bemühte sich, alle Spuren des Christentums auszulöschen und führte einen massiven Kampf gegen Christen. In den 70er-Jahren erklärte die Regierung, dass es im Land keine Christen mehr gebe. Auf der anderen Seite lud der damalige Führer Kim Il Sung in den 80er-Jahren Billy Graham und bekannte koreanische Pastoren ins Land ein und erklärte Religionsfreiheit. Aber der Druck hielt an.

Nach dem Tod von Kim Il Sung brach durch den Bruch mit der Sowjetunion Hunger im Land ein. Millionen starben in den Jahren 1995-98 an Hunger und Unterernährung, und hunderttausende flohen nach China auf der Suche nach Nahrung und Hilfe. Dort kamen viele mit dem christlichen Glauben in Kontakt. Sie erhielten Nahrung, Kleider – und Bibeln, die sie mit ihren Nahrungssäcken zurück ins Land brachten. Tausende wurden so Christen, kehrten ins Land zurück und leben dort jetzt mit ihrem persönlichen Glauben.

Seit 14 Jahren nun rangiert Nordkorea an erster Stelle im weltweiten Verfolgungsindex von Open Doors. Ein Bericht, der im letzten Monat von «Christian Solidarity» herausgegeben wurde, hält fest, dass tausende von Christen unter extrem harter Folter in Arbeitslagern leiden. In einigen Fällen werden Christen über einem Feuer an Kreuze gehängt, in anderen Fällen unter Bulldozern zermalmt. «Gefangene müssen lange Tage mit härtester Arbeit verbringen, wie zum Beispiel im Bergbau und mit Bäumefällen. Wenig Nahrung führt zu Unterernährung und erhöht die Sterblichkeitsrate. Gefangene leben in dürftigen Behausungen, die keinen Schutz gegen die harten Winter bieten; das greift ihre Gesundheit weiter an. Dazu kommt die brutale Behandlung, Folter und sogar Exekution durch Gefängniswärter», schreibt der Bericht.

Einheit gefragt

Trotz aller Druckversuche ist die christliche Präsenz im Lande lebendig. «Christen in der ganzen Welt sollen wissen, dass Gott eine stille Arbeit im Land tut; unter anderem beruft er immer wieder Arbeiter, die im Land selbst arbeiten und den Christen dienen können.»

Ein besonderes Problem der Christen in Nordkorea, aber auch der Mitarbeiter, die ins Land kommen, ist Einheit – nicht zuletzt im Blick auf eine mögliche zukünftige Öffnung des Landes. «Wenn Christen der Einheit keine Priorität geben, ist es für Nordkoreaner schwierig, sie von Kulten (wie etwa die Mun-Sekte) zu unterscheiden», schreibt der Lausanne-Bericht. «Egal, ob wir sozial und öffentlich oder mehr versteckt arbeiten – wichtig ist, dass wir als Leib Christi in Einheit arbeiten. Wir gehören nicht zu verschiedenen Konkurrenz-Firmen. Zu jeder Einheit gehört Opfer. Sind wir bereit, unsere vorgefassten Meinungen und Wege zu opfern, damit etwas Neues entstehen kann, das Gott durch seine Kirche tun will?»

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Datum: 14.10.2016
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / Gospel Herald

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