Hoffnung für Millionen

Ägypten: Mega-Gemeinden und Sat-7

Ein Besuch in einer grossen evangelikalen Kirche in Kairo und ein Blick auf das populäre TV-Programm Sat-7 geben einen guten Eindruck von der Widerstandskraft der Christen in Ägypten.
Ägypten: Mega-Gemeinden und Sat-7

Wenn man erleben will, wie lebendig und voller Hoffnung Christen in Ägypten – trotz regelmässiger Schreckensmeldungen – sind, ist ein Besuch in der Kasr El Bobara Evangelical Church (KDEC) an der Sheikh Rihan Street in Kairo ein guter Einstieg.

Grösste evangelische Gemeinde im Nahen Osten…

Mit über 1'000 regelmässigen Besuchern aus allen Teilen des Landes – Kopten, Katholiken und Protestanten aller Denominationen – ist dies die grösste evangelikale Kirche des Nahen Ostens. Alle Merkmale evangelikaler Gottesdienste in anderen westlichen Ländern sind da: die Band auf der Bühne, eine lange und leidenschaftliche Predigt und anschliessend Kaffee und Kuchen.

Sogar die Kameras sind da. Der Gottesdienst wird live übertragen von SAT-7, dem christlichen Satelliten-TV-Netzwerk, das mit seinem mutigen Programm eine Quelle der Hoffnung und Ermutigung für Millionen von Menschen in Arabisch, Farsi und Türkisch ist und in 25 Ländern des Nahen Ostens und Nordafrikas sendet.

… mit einem anderen Schwerpunkt

Was diese Gemeinde allerdings von vielen anderen unterscheidet, ist ihre bewusste Wirkung nach aussen. Die Kirche wurde 1948 gegründet und wird von rund 10'000 Christen unterstützt und einem laufenden Programm während der Woche besucht. Alle Einkünfte der Gemeinde werden für Menschen «draussen» eingesetzt – das bedeutet, genauso für die Mehrheit der muslimischen Bevölkerung wie für die Christen, die 10 Prozent der Ägypter ausmachen. Die Kirche unterhält 24 Drogenentzugskliniken und hat ein grosses soziales Programm für Kinder, Sportler, ledige Mütter bis hin zu syrischen Flüchtlingen und Frauen, die im Sexhandel gefangen sind.

Konservativ, radikal, voller Freude

Nach dem Gottesdienst bestätigt Pastor Sameh Hanna, dass die Stimmung unter den ägyptischen Christen «sehr, sehr gut» ist – trotz immer wiederkehrenden Bombenanschlägen. «Wenn Sie unseren Gottesdienst besuchen, treffen Sie eine verrückte Menge von Leuten, die voll Freude jubeln, obwohl es draussen sehr dunkel ist. Ihr Glaube ist das Geheimnis ihrer Freude»

Alles andere als liberal

Rev. Dr. Andrea Zaki, Präsident der Gemeinde und der protestantischen Gemeinschaft in Ägypten, ist ein Beispiel für diesen Geist. Top ausgebildet in Ägypten, Kanada und den USA und mit einem Doktor in Theologie der Universität Manchester, lächelt Zaki, wenn er über die Kirche im Westen befragt wird. Seiner Meinung nach «bricht sie zusammen» wegen der Schwäche ihres Glaubens.

In seiner Jugend war Dr. Zaki liberal; heute bezeichnet er sich als «starker Evangelikaler und stolzer Araber» und als «offener konservativer Protestant». Einer anglikanischen Gemeinde, die über Fragen der Sexualität zerstritten war, erklärte der Theologe, der sich ohne Scheu gegen die gleichgeschlechtliche «Ehe» stellt: «Geht und verpflichtet euch wieder der Bibel. Ich jedenfalls möchte nicht, dass meine Gemeinde den gleichen Weg wie die Liberalen geht».

Zaki leitet die zweitgrösste protestantische Gruppe des Nahen Ostens, etwa zwei Millionen Protestanten. Sie sind die zweitgrösste christliche Gruppe nach den Kopten, mit etwa 1'600 Kirchen und Gemeinden im ganzen Land, Schulen und Spitälern. «Wir sind eine wachsende protestantische Gemeinschaft in Ägypten – 60 Prozent unserer Mitglieder sind junge Leute», sagt er.

SAT-7 als Rückhalt

Viele Menschen im Nahen Osten werden Christen durch die Programme des TV-Senders SAT-7, mit dem Saki eng zusammenarbeitet. SAT-7 ist seit 1996 auf Sendung. In den letzten 20 Jahren ist er mit der Zeit gegangen und sendet heute rund um die Uhr auf 5 Satellitenkanälen: drei senden in arabisch, einer ist ein Kinderkanal und je einer strahlt auf Farsi und auf türkisch aus. Trotz Internet-Beschränkungen werden jeden Monat über 2.5 Millionen YouTube-Sendungen heruntergeladen, noch mehr Menschen werden über Facebook erreicht.

In den dreistöckigen Büros der ägyptischen SAT-7-Studios arbeitet Albert Fawzi mit 50 Angestellten und weiteren 50 freien Mitarbeitern. Er erklärt seine Vision: «Wir von SAT-7 möchten eine bessere Gesellschaft in unserer Region – und die Botschaft der Hoffnung verbreiten. Unser Hauptfokus ist auf Christen gerichtet, aber die Botschaft Christi ist für jedermann.»

Und Amgad Shafik, Produzent der Anrufer-Sendung «Speak Up», ergänzt: «Wir möchten den Leuten helfen, dass sie ein besseres Leben haben. Sie sollen etwas anderes lernen als das, was sie immer auf der Strasse hören. Wir wollen ihnen zeigen, dass Gott voller Liebe, Mitleid und Fürsorge ist.» Eine Frau rief kürzlich an, weil sie im Ehebruch ertappt wurde. Sie wollte ihr Leben ändern - ein grosser Tabubruch. Nachdem der Leiter der Show ihr von der Vergebung Gottes erzählt hatte, wurde sie mit Seelsorgern in Kontakt gebracht, die mit dem Sender zusammenarbeiten und nun weiter persönlich mit ihr an der Arbeit sind.

Über 20 Millionen Zuschauer

Dieses Beispiel erklärt ein wenig, warum nach einer unabhängigen Untersuchung 21,5 Millionen Menschen im Nahen Osten und in Nordafrika regelmässig SAT-7 schauen, und lange nicht alle davon sind Christen. Es gibt Sendungen, die beliebte islamische Missverständnisse über das Christentum thematisieren; christliche und islamische Lehrer reden miteinander und hinterfragen Mythen über Lehren wie z.B. die Dreieinigkeit. Einer der Produzenten von SAT-7 erklärt: «Wir nutzen Wissenschaft, Religion und die Logik in unseren Programmen, um zu zeigen, dass Gott Liebe ist.» Seiner Überzeugung nach kommen Angriffe auf christliche Kirchen oft von dem Missverständnis her, dass Christen Ungläubige oder kafir seien.

21 der 25 Länder, in denen SAT-7 ausgestrahlt wird, sind auf dem Weltverfolgungsindex von Open Doors aufgeführt und damit einige der schwierigsten Orte der Welt, als Christ zu leben. Wenn man evangelische Christen in Ägypten kennenlernt, merkt man, dass es mehr braucht als existentielle Bedrohung durch Terroristen, um ihren Glauben und ihren Optimismus zu dämpfen.

Datum: 12.04.2018
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet.ch / Christian Today

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