Kommentar

Mehr als ein Imageverlust für die reformierte Kirche

Der Fall Locher ist für die Reformierten schmerzlich. Doch die Tragik der Vorfälle rund um den ehemaligen Präsidenten reicht tiefer. Ein Kommentar von Fritz Imhof.
Kirche (Symbolbild)

Es ist schlimm genug, dass ein Kirchenpräsident seine Kirche wegen Grenzverletzung bezüglich Beziehungen und Sexualität in eine Krise stürzt. Die Reformierten beklagen zu Recht einen Imageverlust ihrer Kirche, auch wenn sich die Krise in einem den Kantonalkirchen übergeordneten Gremium abgespielt hat. Viele Kirchen- und Religionskritiker fühlen sich in ihren Vorurteilen jetzt bestätigt.

Stolperfallen

Was jedoch kaum wahrgenommen wird, ist die spirituelle Metaebene. Letztlich sind zwei führende Persönlichkeiten der Kirche über ihre Schwäche gestolpert. Ein Mann, der die Grenzen im Umgang mit Macht und Erotik zu weit gesteckt hat und eine Frau, die zu spät erkannte, dass sie sich in eine ungute Beziehung eingelassen hatte.

Gescheiterter Aufbruch

Die Tragik liegt darin, dass beide führende theologische Persönlichkeiten waren, die eine geistliche Erneuerung der Kirche anstrebten nach dem Vorbild der Erneuerung der Kirche von England. Die 2020 zurückgetretene SEK-Ratsmitglied Sabine Brändlin hatte zum Beispiel nach ihren England-Erfahrungen im April 2017 eine gut besuchte Tagung unter dem Label «Gemeinden des Aufbruchs» durchgeführt, die auch Gottfried Locher mit einem Referat unterstützte. Dieser Aufbruchsversuch ist inzwischen versandet.

Glaubwürdigkeit

Bei der Bewältigung der Krise muss es der Kirche daher nicht nur darum gehen, wie ähnliche Vorfälle in Zukunft vermieden werden können, sondern auch, wie sich die Reformierten auch theologisch und spirituell erneuern können um so ein glaubwürdiges Zeugnis für das Evangelium zu sein.

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Datum: 05.08.2021
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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