Papstumfrage bestätigt:

Starke Differenzen zwischen katholischer Lehre und Basis

Die Schweizer Kirchenbasis steht den offiziellen Lehren der katholischen Kirche skeptisch gegenüber. Vor allem die Haltungen zu Ehe, Sexualität und Verhütung stiessen in einer Umfrage auf Kritik. Papst Franziskus hatte die Befragung initiiert.
Papst Franziskus

In der Befragung bei kirchennahen Kreisen äusserte eine grosse Mehrheit Mühe mit der Verweigerung der Sakramente für Wiederverheiratete. Knapp 90 Prozent der rund 23'600 Antwortenden wünschen sich eine kirchliche Anerkennung und Segnung von Zweitehen, wie das Schweizerische Pastoralsoziologische Institut (SPI) am 4. Februar mitteilte.

Die Anerkennung von Partnerschaften von Schwulen und Lesben fand ebenfalls eine Mehrheit, wobei diese mit rund 60 Prozent weniger stark ausfiel. Es zeige sich eine Polarisierung zwischen entschiedener Ablehnung und klarer Zustimmung, teilte das SPI mit.

Beim umstrittenen Thema der Verhütung - die katholische Kirche lehnt Kondom und Pille ab - zeigte sich bei der Umfrage «die lange bekannt dramatische Differenz» zwischen der Lebenswelt der meisten Katholiken und den Lehren. Eine Chance für die Kirche sieht das Institut darin, dass die Kirchenbasis trotz aller Kritik an den Lehren grossen Wert auf die Rolle des Glaubens in der Familie und der Kindererziehung lege.

Auf die Umfrage gingen 23'600 Antworten ein, drei Viertel davon online und rund 87 Prozent in deutscher Sprache. 92 Prozent der Teilnehmer gehören der römisch-katholischen Kirche an.

Kommentar

Viele Katholiken sehen in der Umfrage einen mutigen Schritt des Papstes und hegen grosse Hoffnungen, dass diese zu einer Reform von bisher eisern festgehaltenen Lehrpositionen ihrer Kirche führt. Papst Franziskus hat bislang klar gezeigt, dass ihm an einer Veränderung des Erscheinungsbildes einer Kirche als Hüterin von jahrhundertealten Dogmen gelegen ist, vor allem wo diese die Lebensrealität so dramatisch tangieren wie in der Verhütungs- oder Wiederverheiratungsfrage. Aber auch Franziskus ist der Papst aller Katholiken weltweit und wird sich nicht allein an den Haltungen mitteleuropäischer Katholiken orientieren können. Seiner Kirche steht, wenn es um Reformen dogmatischer Art geht, noch ein längerer Weg bevor.

Fritz Imhof

Datum: 05.02.2014
Quelle: Livenet / ref.ch / Kipa

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