Zehn Jahre und kein bisschen müde

Tessiner baut an einem friedlichen Kambodscha

Seit zehn Jahren kümmert sich das Projekt Hagar um notleidende Mütter und Kinder in Kambodscha. Mittlerweile beschäftigt das Hilfswerk etwa 120 Angestellte und 10 Volontäre. Am 13. Februar nahmen der britische Botschafter in Kambodscha und der Sozialminister des Landes an der 10-Jahres-Feier teil – Ausdruck der Wertschätzung, die das Projekt Hagar bei staatlichen Stellen geniesst.
Pierre und Simonetta Tami

Im Gespräch mit Livenet schildert der Hagar-Gründer, der Tessiner Pierre Giorgio Tami, die Chancen und Hürden der Hilfsarbeit in einer Gesellschaft, die vom Krieg tief gezeichnet ist.

Livenet: Herr Tami, wie ist das Projekt Hagar entstanden?
Pierre Giorgio Tami: Als meine Frau, meine Töchter und ich 1993 nach Kambodscha kamen, hatten wir die Vision, die Liebe Gottes zu predigen und auf dem praktischen Weg Müttern und Kindern zu helfen. 1994 starteten wir das Projekt, das den Namen von Abrahams Nebenfrau trägt.

Als Hagar mit ihrem Sohn in die Wüste floh und nach Wasser suchte, während Ismael im Begriff war zu verdursten, traf sie den Engel Gottes. Dieser sagte, dass Gott den Schrei ihres Kindes gehört hatte und dass sie beide nicht sterben würden. Wir glauben auch, dass Gott die Hilferufe der Kinder hört, vor allem derer, die leiden, in Armut leben und keine Hoffnung haben.

Zehn Jahre sind eine lange Zeit. Wie hat sich Hagar entwickelt?
Unsere Bemühungen gelten hauptsächlich der Rehabilitation von Gewalt- und Missbrauchs-Opfern. Wir kümmern uns um Kinder, die in den Sexmarkt und den Kinderhandel geraten sind. Auf die Rehabilitation folgt die Reintegration in die Gesellschaft. Zuletzt versuchen wir durch Prävention den Menschen zu helfen, sich vor weiterem Missbrauch zu schützen. Ausserdem stellen wir in drei Unternehmen eigene Produkte her und schaffen so Arbeitsplätze für die Personen aus unserem Programm.

Was motiviert Sie zu dieser Arbeit?
Als Christ glaube ich, dass wir berufen sind, die Liebe Gottes und die Gute Nachricht den Menschen zu erzählen. Aufgrund der Tatsache, dass viele Kinder und Frauen hier Not leiden, sind wir besonders stark motiviert. Wir glauben, dass es Gottes Charakter entspricht, sich den Menschen hier zu offenbaren und ihnen Frieden und Gerechtigkeit zu bringen. Das ist unsere grösste Motivation.

Wer gibt die Mittel für Hagar?
Wir haben gelernt, dass Gott fähig ist, uns Menschen bereitzustellen. Sie helfen uns auf verschiedene Arten, nicht nur finanziell. Wir haben beispielsweise Wohltäter aus Regierungskreisen in der Schweiz, in Kanada, in den USA. Zudem werden wir von der Weltbank, die unsere Unternehmen als Pionierarbeit ansieht, und Christen aus verschiedenen Kirchen unterstützt.

Sie arbeiten in einem gefährlichen Umfeld. Haben Sie in diesen zehn Jahren schwierige Situationen erlebt?
Als wir herkamen, um einem Land zu helfen, das einen 30-jährigen Krieg erlebt hatte, stellten wir eine grosse Einsamkeit fest. Viele Leute besassen eine Waffe und es herrschte eine Kultur der Gewalt. Die Atmosphäre hat sich in den letzten Jahren ein bisschen entspannt. Aber am Anfang war es sehr gefährlich, weil auf der Strasse viel geschossen wurde.

Die Kriminellen betrieben ihr Geschäft auch bei Tageslicht. Als 1997 zwei Armeen aneinander gerieten, befanden wir uns mittendrin. Heute gehören zu unseren Hauptproblemen in Bezug auf unsere Sicherheit die Kriminalität, besonders in den Provinzen, und die Korruption.

Können Sie sich davor schützen? Oder sind Sie den Gefahren ausgeliefert?
Wir müssen vernünftig handeln. Manchmal nehmen wir auch die Hilfe von Sicherheitskräften in Anspruch. In die Provinzen nehmen wir zum Teil Soldaten mit. Sie dienen uns aber mehr im Sinne psychologischer Abschreckung.

Wenn Sie die europäische und die asiatische Kultur miteinander vergleichen, warum möchten Sie in Asien bleiben?
Wenn man nach Asien kommt und das asiatische Essen, die Kultur und die Menschen nicht mag, wird es eine kurze Mission. Wir lieben Asien wegen seines multikulturellen Gesichts und den vielen verschiedenen Menschen. Ich geniesse es, immer mehr zu entdecken und fühle mich hier zu Hause. Aber meine Frau und ich sind auch abenteuerliche Menschen. Wenn man das Abenteuer nicht liebt, ist es besser, nicht nach Asien zu kommen.

Was haben Sie für die nächsten zehn Jahre auf dem Herzen?
Wir möchten mutig und mit unserer Arbeit relevant sein, Hoffnung verkünden, Gott in der Arbeit reflektieren, Vertrauen zu Christen und Nichtchristen aufbauen, damit sie in uns investieren können, und auf diese Weise das Christ-Sein demonstrieren.

Wir wollen die Arbeit weiterhin multiplizieren und in anderen Ländern, die vom Krieg gezeichnet sind, Hilfe leisten. Und wir hoffen Menschen zu finden, die fähig sind, in umstrittenen Gebieten zu arbeiten. Wir glauben, dass Gott noch viel mehr tun kann, als das, was wir bisher mit Hagar erreicht haben.

Hagar-Webseite (englisch): www.hagarproject.org

Autoren: Monika Breidert, Max Schläpfer

Datum: 05.04.2004
Quelle: Livenet.ch

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