Marriage Week

«Das Wichtigste ist und bleibt die Freundschaft»

Das Abenteuer Ehe feiern: Die Marriage Week vom 7.-14. Februar gibt Gelegenheit dazu. Was tun, damit das Abenteuer weitergeht? Der Paartherapeut Dr. Wilf Gasser, Koordinator der Marriage Week in der Deutschschweiz, im Interview.
Freundschaft
Ehe

 
Livenet: Was empfehlen Sie zur Festigung der Ehebeziehung?
Wilf Gasser: Ich sehe dafür verschiedene Ansätze. Wichtig ist das Arbeiten an der eigenen Persönlichkeit. Wer dazu bereit ist, wer lernbereit ist und neugierig bleibt, wird auch mit den vielfältigen Anpassungs- und Veränderungsprozessen in der Ehe gut zurechtkommen. Ich nenne hier drei Punkte, an denen wir ansetzen können.

Ehen scheitern meist an mangelnder Sozialkompetenz oder an Charakterschwächen wie zum Beispiel Egoismus. Wer sich im Leben nur um sich selber dreht, wird auch seine Ehe rasch an die Wand fahren. Jean Vanier schreibt: „Man wird Teil einer Gemeinschaft, um darin glücklich zu werden. Man bleibt in einer Gemeinschaft, um andere glücklich zu machen.“ Das gleiche könnte man auch über die Ehe sagen. Wir nennen diesen Prozess "den langen Weg vom ICH zum WIR". Dieser Weg ist einerseits eine Einstellungssache, aber ein Stück weit auch lernbar. Zumindest wenn ich selber dies will und nicht von einem Partner oder einer Partner dazu manipuliert werde.

Ein weiterer Ansatzpunkt ist die Auseinandersetzung mit den eigenen Vorstellungen und Erwartungen. Männer wie Frauen haben häufig sehr hohe Ideale, obwohl sie aber interessanterweise oft selbst von jedem Ideal weit entfernt sind. Wer eine „Traumfrau“ oder einen „Traumprinzen“ sucht, wird in jeder Beziehung enttäuscht werden. Das Wichtigste für eine langfristige Beziehung ist und bleibt die Freundschaft. Wer lernt diese zu pflegen und zu entwickeln, hat auch für den Bereich der Sexualität gute Voraussetzungen.

Als Drittes sehe ich die Bereitschaft zur „schmerzhaften Auseinandersetzung“ in der Beziehung, auch wenn dies vielleicht Angst macht. Viele Paare entwickeln ein Vermeidungsverhalten für mögliche Konfliktpunkte, und dadurch stauen sich Frust, Resignation und Unversöhnlichkeit auf. Bis die Liebe erkaltet ist und kaum mehr etwas Verbindendes empfunden oder gesehen wird.
 
Braucht eine Liebesbeziehung die rechtliche Absicherung der Ehe?
Die Paartherapeuten Augustus Napier und Carl Withaker erzählen in einem Buch, warum sie aufgehört haben, mit Konkubinatspaaren zu arbeiten. Diese hatten zwar auch ihre Probleme, aber sie konnten sie nicht wirklich auf den Tisch legen und bearbeiten, weil sie befürchten mussten, die Beziehung würde dies nicht überleben.

Das vorbehaltlose Ja der Ehe gibt eine gewisse Sicherheit. Einerseits für die Auseinandersetzung miteinander, aber auch für das Vertrauen. Auf dieser Basis hat auch die Sexualität gute Entwicklungschancen. Der Ehebund ist eben viel mehr als ein Stück Papier, sonst würden ja manche Leute nicht derart Respekt oder gar Angst haben vor dieser Verpflichtung.

Haben wir zu viele Optionen, dass wir den Wert der Ehe nicht mehr sehen?
Der Wert von Treue und von langlebigen Beziehungen wird schon gesehen; auch bei jungen Menschen steht sie hoch im Kurs, wie Umfragen zeigen. Aber viele wissen einfach nicht, wie dies umzusetzen ist. Hollywood-Filme zeigen nur die romantischen Seiten, kaum je die Beziehungsarbeit und wie erfüllend diese sein kann.

Jesus wandte sich gegen Scheidungen. Was hielt er dagegen?
Als Jesus zur Scheidung befragt wurde, machte er schlicht und einfach auf die Grundabsicht Gottes aufmerksam, wie sie bereits in der Schöpfungsgeschichte beschrieben ist (Die Bibel, Matthäus 19).

Mann und Frau entscheiden sich „zusammen zu kleben“, d.h. sich aneinander zu binden. Und aufgrund dieser Bereitschaft werden sie von Gott „zusammengefügt“, das heisst „unter ein gemeinsames Joch gestellt“. Mit einer gemeinsamen Blickrichtung, einer gemeinsamen Wegstrecke, aber auch einem gemeinsamen Auftrag, einander und der Welt zu dienen. Die Betonung von Jesus liegt also in erster Linie auf dem Ja für die Ehe, und die Ablehnung der Scheidung folgt daraus.
 
…und wenn behauptet wird, wir seien nicht zur lebenslangen Treue geboren?

…dann stimmt das sicher! Das gleiche gilt aber auch für andere wichtige Werte wie Grosszügigkeit, Ehrlichkeit, Solidarität etc. Wir sehnen uns zwar nach verbindlichen und verlässlichen Beziehungen, doch im Alltag holt uns immer wieder unser Egoismus ein und wir sind oft nicht bereit, den Preis für das eigentlich Ersehnte zu bezahlen.

Treue braucht tatsächlich viel Charakterstärke, immer wieder Vergebung und die Bereitschaft zum Neuanfang. Deshalb versprechen wir uns ja in der Kirche auch das „Ja, mit Gottes Hilfe“. Er kann und will als „Dritter im Ehebund“ tatsächlich meinen menschlichen Charakter verändern, und die Erfahrung von Gottes Vergebung und Barmherzigkeit macht uns auch barmherziger in unseren Beziehungen.

Wie hat das Konkubinat den Blick auf die Ehe verändert?
Das Konkubinat gaukelt Menschen vor, sie könnten alles haben an Intimität und Sexualität, ohne dafür den Preis von Verbindlichkeit und Treue zu bezahlen. Das stimmt aber nur für die Phase der Verliebtheit, beziehungsweise solange die Leidenschaft noch stark ist. Die Verbindlichkeit einer Ehe schafft den viel besseren Boden für das Wachsen von Vertrautheit und Intimität, und diese ist letztlich auch die Basis für die Entwicklung einer erfüllenden Sexualität.

Ich glaube, dass das Konkubinat bei manchen Paaren dazu führt, dass sie, ohne es zu merken, beraubt werden. Aber auch da gibt es bei Gott immer wieder die Möglichkeit eines Neuanfangs.

Datum: 15.01.2011
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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