Ist die Umwelt noch zu retten?

nach neuesten Beobachtungen
Umweltphysiker Thomas Stocker
Die Veränderungen in der Atmosphäre, in den Weltmeeren sowie beim Packeis sei ohne äussere Einwirkungen nicht zu erklären.

Es scheint, als sei diese Erde ökologisch nicht mehr zu retten – zu viele kurzfristige Interessen stehen diesem vitalen Interesse aller Menschen entgegen. Während die ökologische Zeitbombe tickt, plagen die Menschen wirtschaftliche und soziale Sorgen.

Der Tages-Anzeiger lässt den Berner Umweltphysiker Thomas Stocker zu Wort kommen, der in einem Interview festhält: „Die Wahrscheinlichkeit eines dramatischen Klimawandels ist hoch.“ Nach bisher bekannten Forschungsarbeiten sei in diesem Jahrhundert mit einer Erhöhung der mittleren Oberflächentemperatur von 1,4 bis 5,8 Grad zu rechnen.

Die Erwärmung werde aber nach neuesten Beobachtungen wahrscheinlich noch dramatischer ausfallen. Fazit: „Die Hinweise auf einen markanten und vermutlich folgenschweren Klimawandel verdichten sich.“ Schon die Konferenz von Rio hat 1990 die Gefahren grundsätzlich erkannt und die Nachhaltigkeit bei der wirtschaftlichen Entwicklung postuliert. Bisher allerdings mit wenig konkreten Ergebnissen.

Mit der Ratifizierung des an der Nachfolgekonferenz in Japan verabschiedeten Kyoto-Protokolls hapert es. Insbesondere die USA sehen den im Protokoll geforderten Handlungsbedarf nicht ein. Aber auch in der Schweiz selbst ist der Gedanke der Nachhaltigkeit erst ansatzweise zur Realisierung gekommen.

Nachhaltigkeit prüfen

Die Nachhaltigkeit sei zwar zum offiziellen Kriterium und zur Handlungsmaxime für grosse Teile der Bundesverwaltung geworden, zur erklärten Richtlinie auch von grossen Wirtschaftsunternehmungen. „In der Praxis freilich bleibt es häufig bei Absichtserklärungen“, so die NZZ. Sie warnt vor der fortlaufenden Zersiedelung unserer Landschaft und mahnt: „Allein der kommenden Generationen hinterlassene Zwang, unsere ins Uferlose ausgebauten Infrastrukturen für riesige Summen zu erneuern, widerspricht dem elementarsten Gehalt der Nachhaltigkeit, die gerade die Handlungsfreiheit – auch die finanzielle! – unserer Nachkommen sichern soll.“

Der Artikel sieht Handlungsbedarf: Es genüge nicht mehr, bezüglich Landschaftsentwicklung mit dem „Courant normal“ fortzufahren, sondern es seien „Akzente zu setzen, die Rückstände im ökologischen Bereich zu verringern, Versäumtes nachzuholen und der Knappheit des Gutes Boden Rechnung zu tragen.“ Der Artikel erwähnt nebenbei auch das Lärmproblem; auf das Luftqualitätsproblem geht er nicht ein. Das war vor fünf Jahren, im Jahre 2002.

Uno-Klimabericht

Am 16. März 2007 tagten die Umweltminister aus aller Welt in Potsdam. Es sei eine "Reihe von Fortschritten gemacht worden", so Spiegel Online, doch ein grosser Schritt voraus ging es nicht. Vor allem sei die USA auf die Bremse getreten. Obwohl der Uno Klimabericht aus dem Februar 2007 bestätigte, dass bei einem sofortigen Stopp der Treibhausgasesmissionen, die Atmosphäre trotzdem noch Jahrhunderte aufheizen würde, geht das ökologische Handeln nicht voran. Höchstwahrscheinlich ist die Treibhauserwärmung von Menschenhand gemacht, bestätigt der Bericht.

2500 Klimaforscher haben an den Forschungen mitgearbeitet. Die Veränderungen in der Atmosphäre, in den Weltmeeren sowie beim Packeis sei ohne äussere Einwirkungen nicht zu erklären, zitiert die NZZ die amerikanische Forscherin Susan Solomon. Achim Steiner, Chef des Uno-Umweltprogramms (Unep) meint warnend: "Die Debatte muss ab heute zu Ende sein, und die Politik muss mit dem Handeln beginnen."

Viele Ängste

Doch Vordenker im Blick auf die Zukunft und die Lebensqualität dieser Erde haben es schwer, wenn ihre Einsichten zu konkreten Massnahmen führen sollen. Da gibt es die Ängste vor einer Bremsung der wirtschaftlichen Entwicklung, insbesondere in Entwicklungsländern, die erst mal den Standart von Industrieländern erreichen möchten, bevor sie sich den Luxus von uferlos ausgebauten Infrastrukturen für riesige Summen erkaufen.

Es besteht Handlungsbedarf: Es genügt nicht mehr, bezüglich Landschaftsentwicklung mit dem „Courant normal“ fortzufahren, sondern es sind „Akzente zu setzen, die Rückstände im ökologischen Bereich zu verringern, Versäumtes nachzuholen und der Knappheit des Gutes Boden Rechnung zu tragen“.

Energiesparende Techniken

Dies gilt insbesondere für energiesparende Techniken im Privatverkehr oder das Anzapfen erneuerbarer Energien. Hier hat die Hoffnung auf Sparflamme zu bleiben. Ein Beispiel: Linke Umweltexperten rechneten der Schweiz vor einigen Jahren vor, der Import von Windstrom aus der Nordsee sei billiger als Atomstrom. Windstrom erlebe trotz grosser Unsicherheiten zurzeit einen starken Aufschwung, sagte damals Nationalrat Ruedi Rechsteiner dazu.
Der Direktor des Bundesamtes für Energie ging sogar interessiert auf den Vorschlag ein und sah darin einen „interessanten Denkansatz“. Anders die Atomstromlobby. Sie verschliesst weiterhin die Augen vor dem ungelösten Entsorgungsproblem und ungewissen Folgekosten und warnt ironischerweise „vor grossen Mehrkosten“. Heute sollen sogar die bestehenden Atomkraftwerke in der Schweiz ersetzt oder durch Neubauten ergänzt werden. Als Übergangslösung dienen Gaskombikraftwerke. Dies hat der Bundesrat im Februar 2007 beschlossen. Das liefert ein Beispiel für ein kurfristig orientiertes wirtschaftliches Denken.

Aktualisiert von Iris Muhl

Datum: 01.04.2007
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Bausteine/VBG

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