Europäische Christliche Umweltnetzwerk

Kirchen für ein ökologisch nachhaltiges Europa

Christen sollen dafür einstehen, dass Umweltverantwortung in ihren eigenen Gemeinden als wichtiger christlicher Wert anerkannt wird. So heisst es in der Schlussbotschaft der 120 kirchlichen Umweltexperten, die vom 5. bis 8. Mai an der Vollversammlung des Europäischen Christlichen Umweltnetzwerks/ECEN teilgenommen haben.
ECEN
Umweltschutz

Die in Basel versammelten Delegierten von protestantischen, anglikanischen, katholischen und orthodoxen Kirchen aus 30 Ländern schreiben in ihrer Botschaft: "Wir sind sehr beunruhigt, wie sich die ökologische und soziale Lage verschlechtert." Trotz allen wissenschaftlichen und politischen Warnungen werde zu wenig unternommen, um die bedrohte Schöpfung zu retten.

Die europäischen Kirchen werden vom christlichen Umweltnetzwerk aufgefordert, auch dort einer nachhaltigen Gesellschaft Priorität zu geben, wo sie mit schwerwiegenden Problemen wie Säkularisierung und finanziellen Engpässen zu kämpfen haben. "Im Vertrauen auf Gottes nachhaltige Liebe" sollten sie "Heilungsmöglichkeiten" für die verwundete Erde finden. Mit ihrer Vision eines nachhaltigen Europas könnten sie auch für andere Kontinente wegweisend werden.

Als dringend wird das eigene, umweltfreundliche Handeln der Kirchen betrachtet. So werden sie vor allem zum Energiesparen eingeladen. Ebenso wird an die christlichen Gemeinden appelliert, sich kritisch mit der motorisierten Mobilität auseinanderzusetzen.

Einfluss auf die Politik nehmen

Christen haben den Auftrag, gegenüber Wirtschaft und Politik "Advokatinnen" der Schöpfung zu sein. Dazu heisst es in der Botschaft von Basel: "Christen sollen ihre Regierungen auffordern, die wirksamste Form von Umweltsteuern zu erarbeiten und umzusetzen, als praktischen und effizienten Weg zum Energiesparen, zur Begrenzung der Umweltzerstörung und zur Förderung nachhaltiger Energien."

Der Klimawandel wird von den Mitgliedern des Netzwerks als eine Schlüsselproblematik im Umweltbereich eingestuft. In einem kurzen Brief wenden sie sich an den G8-Gipfel, der im Juni in Schottland stattfinden wird. Sie drücken darin ihre Überzeugung aus, dass freiwillige Massnahmen zur Begrenzung des CO2-Ausstosses nicht ausreichen. Darum fordern sie die Politiker auf, rasche und effiziente Massnahmen zu beschliessen und durchzuführen.

Solidarität mit dem Süden

Im Brief an die G8 wie auch in der Schlussbotschaft wird die Überzeugung ausgedrückt, dass umweltpolitische Massnahmen aus Solidarität mit den armen Regionen des Südens dringend nötig sind.

Zwar seien die reichen Länder in besonderer Weise für die Zerstörung der Umwelt verantwortlich. Arme Länder der südlichen Hemisphäre seien aber als erste von den Folgen betroffen (z.B. Überflutung von pazifischen Inseln und asiatischen Ländern wie Bangladesh als Konsequenz der globalen Erwärmung). Im Anhang der Schlussbotschaft sind eine Reihe konkreter Massnahmen in Bereichen wie Klimawandel, Mobilität, Eco-Management und Wasser beschrieben. Damit werden den Kirchen Impulse gegeben, ihre Verantwortung für ein zukunftsfähiges, nachhaltiges Europa wahrzunehmen.

Kirchliche Erfahrungen mit Umweltproblemen

Die Mitglieder des Europäischen Christlichen Umweltnetzes (ECEN) besteht aus kirchlichen Umweltspezialisten und verbindet eine Vielzahl theologischer Traditionen und kirchlicher Erfahrungen im Umgang mit Umweltproblemen. Das Netzwerk wurde durch die Tagung in Basel gestärkt: Zum einen wurde durch die grosse Teilnahme von katholischen Umweltbeauftragten die ökumenische Zusammenarbeit intensiviert. Zum anderen führte der Austausch über das kirchliche Umweltengagement zu wirksamen Handlungsempfehlungen.

Zu den Empfehlungen gehört die Durchführung einer "SchöpfungsZeit" in den Kirchgemeinden und Pfarreien, die effiziente Nutzung von Energie durch eine alljährliche Energiebuchhaltung sowie die Unterstützung von ökologischen Geldanlagen. An der Versammlung wurden die Handlungsfelder in neun Arbeitsgruppen diskutiert.

Im Vorfeld zur Basler Tagung wurde zudem in den Kirchgemeinden und Pfarreien beider Basel eine Umfrage zum Energieverbrauch in den kirchlichen Gebäuden durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass in vielen Kirchen ein grosses Sparpotential vorhanden ist und dass oft mit einfachen Massnahmen viel Geld gespart werden kann.

Schweiz lebt auf zu grossem Fuss

Wenn alle so lebten wie die Schweizer, bräuchte es ungefähr zwei Planeten. Diese Meinung vertrat Mathis Wackernagel auf einem Podium.

Der aus Basel stammende, in den USA wirkende Wissenschafter Mathis Wackernagel erörterte das von ihm mitentwickelte Konzept des "ökologischen Fussabdrucks": Auf der Erde treffe es auf jeden Menschen im Durchschnitt zwei Hektaren produktiver Fläche. Damit die Schweizer Bevölkerung sich ernähren, sich kleiden und sich mit materiellen Dingen eindecken könne, seien jedoch vier Hektaren nötig.

Ernst Ulrich von Weizsäcker stellte seine These vom "Faktor vier" vor: Falls die Ressourcen richtig genutzt würden, reichte die Hälfte, um die doppelte Produktivität zu erreichen. Ein Beispiel für den "Faktor vier" ist ein Auto, das nur zwei statt acht Liter Benzin braucht.

Technische Errungenschaften können jedoch durch menschliches Verhalten wieder zunichte gemacht werden. Wenn ein halbierter Benzinverbrauch pro Kilometer dazu führt, dass doppelte Distanzen zurückgelegt werden, bringt die "Effizienz-Revolution" der Umwelt nichts.

"In den letzten Jahren hat die Welt einen neuen Gott entdeckt: den Götzen Markt", betonte von Weizsäcker. Seit der Wende von 1990 gelte: "Je mehr Markt, desto weniger Demokratie." Seither würde nicht mehr die Politik, sondern die Wirtschaft die Richtung bestimmen.

Datum: 11.05.2005
Quelle: Kipa

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