Herkunft und Zukunft des Menschen: Zwischen Biologie und Geist

Globus
Salvador Edward Luria
Prof. Dr. rer. nat. Siegfried Scherer

Die Frage nach seiner Herkunft und Zukunft ist für den Menschen zentral: Wo komme ich her? Was ist mein Platz in einem Universum, das unendliche, nicht mehr messbare, nicht mehr verstehbare Ausdehnungen hat? Woher kommt der Planet Erde und welche Geschichte hat er? Was ist Leben: ist es entwickelt, wurde es erschaffen? Und was ist der Mensch? Wer bin ich? Wozu bin ich? Wohin gehe ich?

Die Antwort auf die Herkunftsfrage bestimmt die Antwort auf die Sinn- und die Zukunftsfrage. Deshalb ist die Diskussion darüber nicht nur eine wissenschaftliche Diskussion. Ursprungslehren, z.B. Evolutionslehren und Schöpfungslehren, sind nicht nur wissenschaftliche Lehren. Sie sind immer auch weltanschaulich gebunden. Diese weltanschauliche Bindung kann sehr unterschiedlich sein. Ein extremes Beispiel ist Richard Lewontin, ein Biologe und bekannter amerikanischer Wissenschaftler. Er schreibt: «Wir stellen uns auf die Seite der Wissenschaft, trotz der Absurdität einiger ihrer Gedankengebäude. Dies beruht auf einer Verpflichtung gegenüber dem Materialismus. Wir sind gezwungen, uns auf materialistische Erklärungen zu beschränken. Dieser Materialismus ist absolut, denn wir können keinen göttli­chen Fuss in der Tür zulassen.»

Grenzen der naturwissenschaftlichen Methode

Mein Kollege Lewontin hat hier offensichtlich nicht nur als Naturwissenschaftler gesprochen. Denn als Naturwissenschaftler kann ich nur empirisch untersuchen, was gegenwärtig beobachtbar und reproduzierbar ist. Wenn wir jedoch die Frage nach dem Ursprung der Welt und des Menschen stellen, dann ist das eine andere Kategorie. Wir müssen zur Beantwortung dieser Fragen Annahmen über Faktoren machen, die in der Vergangenheit eine Rolle gespielt haben. Wenn wir aufgrund solcher Glaubensannahmen, die man nicht beweisen kann, die heute vorliegenden wissenschaftlichen Daten interpretieren, erhalten wir eine Ursprungstheorie der Welt.

Die Annahmen können sehr unterschiedlich sein. Naturalistische Annahmen setzen voraus: Wir tun so, als ob es keinen Gott gäbe, und wir erklären die Welt ohne Gott. Wenn wir die Daten so interpretieren, kommen wir zwangsläufig auf Evolutionsmodelle. Gehen wir aber von einer Schöpfungsvorstellung aus, dann glauben wir, dass eine göttliche Macht mit der Entstehung der Welt zu tun hat. Wenn wir die Daten vor diesem Hintergrund interpretieren, dann kommen wir zu einer Schöpfungsvorstellung.

Gegen die derzeit weithin akzeptierten und gelehrten Evolutionsvorstellungen können auf einer wissenschaftlichen Ebene zahlreiche kritische Argumente vorgebracht werden. Das gilt auch für die angenommene Evolution des Menschen, doch ist hier nicht der Raum für Details. Zusammen mit anderen Biologen habe ich dazu ein Lehrbuch für den Gebrauch an Schulen geschriebene.

Auf die Grundfragen «Woher komme ich, wer bin ich, wozu bin ich und wohin gehe ich?» gibt es also keine rein wissenschaftliche Antwort. Die Daten der biologischen Wissenschaften lassen sich sowohl im Rahmen eines Evolutionsglaubens als auch im Rahmen eines Schöpfungsglaubens interpretieren. Die Wahl des Denkrahmens hat jedoch weitreichende Konsequenzen für die Antwort auf diese Grundfragen.

Was ist der Mensch?

Luria, ein Nobelpreisträger der Biowissenschaften, antwortet: «Der Mensch ist nichts als ein - wenn auch ganz besonderes - Produkt einer Reihe blinder Zufälle und bitterer Notwendigkeiten. Das Wesen der Evolution ist die Abwesenheit von Motiv und Zweck.» Der Mensch wäre also nichts weiter als ein hoch entwickeltes Tier. Oder der Nobelpreisträger Monod: «Der Mensch ist ein einsamer Zigeuner am Rande des Universums.»

Was ist der Mensch? Nur ein hoch entwickeltes Tier, eine Ansammlung von Molekülen? Was ist der menschliche Geist? Eine Funktion von elektrischen Entladungen im Gehirn? Mein Lehrer in Neurobiologie drückte das in einer Vorlesung in etwa so aus: «Wissen Sie, meine Damen und Herren, wenn Sie gerade verliebt sind, dann machen Sie sich nicht viel daraus. Das sind nur einige elektrische Entladungen in Ihrem Gehirn. Weiter nichts Besonderes, es geht vorbei.»

In Deutschland hat Hoimar von Dithfurt, ein überzeugter Evolutionstheoretiker, als Fernsehmoderator grosse Berühmtheit erlangt. In einem seiner späteren Bücher zeigt er eine neue Sichtweise auf. Der Titel lautet: «Wir sind nicht nur von dieser Welt.» Wir sind zwar auch von dieser Welt; wir sind aus Materie aufgebaut. Die Bibel sagt: «Aus Staub sind wir genommen.» Dithfurt fragte gegen Ende seines Lebens ganz zaghaft, ob unser Geist nicht etwas sei, was hinausragt über das Materielle unseres Leibes.

Sir John Eccles, Nobelpreisträger für Hirnphysiologie, schrieb zwei Jahre vor seinem Tod das Buch «Wie das Selbst sein Gehirn steuert». Aus wissenschaftlichen Untersuchungen über das Gehirn könne man schliessen, dass der Geist, das Selbst, etwas sein müsse, was nicht identisch ist mit dem Gehirn, sondern davon unterschieden. Dies sei wie bei einem Klavierspieler und dem Klavier. Für Musik brauche es beides. Das Klavier sei wie das Gehirn, eine notwendige - nicht aber eine hinreichende - Voraussetzung für Leben. Der Geist sei wie der Klavierspieler. Das Selbst bediene sich seines Gehirns.

Diese Sichtweise führt hinaus über das rein Materielle des Menschen. Wir sind nicht nur von dieser Welt, wir sind Wanderer zwischen den Welten. Die Bibel sagt: Der Mensch ist nicht nur aus Staub gemacht, sondern Gott hauchte dem Menschen den Geist des Lebens ein. Dadurch wurde der Mensch erst zum Menschen.

Unser Selbst sucht seinesgleichen - nicht nur den Mitmenschen, sondern Gott. In allen Zivilisationen, in allen Kulturen und zu allen Zeiten suchte der Mensch - bewusst oder unbewusst- Gott; denn von seinem Geist her sind wir.

 

Wohin geht der Mensch?

Carsten Bresch, ein beeindruckender Wissenschaftler, ernsthaft auf der Suche nach Wahrheit, schrieb in seinem Buch «Zwischenstufe Leben»: «Die Menschen kamen aus dem Nichts, sie gehen ins Nichts.» Der Mensch entwickle sich im Laufe seiner evolutionären Entwicklung hin zum Punkt Omega. Dann werde der Mensch vollkommen sein, dann werde der Mensch wie Gott sein. Das - so Carsten Bresch - sei letztlich der Sinn der Menschheitsgeschichte.

Ich bin froh, dass das nicht der Sinn meines Lebens ist. Unabhängig davon, was für Zukunftsszenarien man für die Menschheit aufbaut, bleibt die persönliche Frage offen: Wohin gehe ich? Was ist meine Zukunft? In einem Denksystem nach Bresch ist die Zukunft eines individuellen Menschen ziemlich klar: der Tod ist das Ende, der Tod ist das Ziel.

Die andere Sicht

Meine Antwort auf die Frage nach meiner Herkunft heisst nicht: «Ich bin ein Stück evolvierte Materie.» Ich kann sagen: «Gott, ich danke dir dafür, dass du mich so wunderbar und einzigartig gemacht hast. Grossartig ist alles, was du geschaffen hast - das erkenne ich!» Ich kannte diese Antwort nicht schon immer. Ich war früher Atheist und wollte nichts mehr mit der Kirche zu tun haben. In dieser Haltung ging ich auf die Universität, um Biologie zu studieren. Dort wurde ich von einem Kommilitonen zu einem Gesprächskreis über die Bibel eingeladen. Irgendwie fühlte ich mich von diesen Leuten angezogen. Ich ging hin und begann danach, in der Bibel zu lesen. Irgendwann hat es mich dann gepackt! Mein Leben ist durch meine Zuwendung zu Gott ganz anders geworden. Heute weiss ich: „Gott ist mein Ursprung, meine Herkunft. Er ist meine Lebensbasis und meine Hoffnung. Und Gott ist meine Zukunft. Die Zukunft, die kommt, wenn diese Episode mit dem Grab, in welches auch ich einmal gelegt werde, vorüber ist und Gott mich aus den Toten herausrufen wird ins Leben – so wie er Jesus Christus von den Toten auferweckt hat. Das ist meine Hoffnung.


Prof. Dr. rer. nat. Siegfried Scherer, D-Freising Professor der Biologie an der Technischen Universität München, Leiter der Abteilung Mikrobiologie in Freising-Weihenstephan verheiratet mit Dr. Sigrid Hartwig Scherer, Anthropologin und Christlich-therapeutische Lebensberaterin

Autor: Prof. Dr. rer. nat. Siegfried Scherer

Datum: 02.06.2005
Quelle: Reflexionen

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