Die Sintflut fand statt

Die Aussendung der Taube

Ein neues Buch über die Sintflut stützt die historische Nachweisbarkeit dieser biblischen Katastrophengeschichte, auch wenn es im Detail den alttestamentlichen Bericht nicht stützen will.

Das im Verlag C. H. Beck, München, erschienene, 192-seitige Buch des Sprachwissenschafters Harald Haarmann „Geschichte der Sintflut“ wurde in der jüngsten Ausgabe der „NZZ am Sonntag“ rezensiert. Der Rezensent Thomas Köster tut sich zwar offenkundig schwer mit der alttestamentlichen Geschichte und ihrer Aussage, doch räumt er ein, dass ähnliche „Schreckensgeschichten vom grossen Regen“ zum kollektiven Kulturgut der Völker nicht nur in der Alten Welt gehörten. Sogar die Legenden der nordamerikanischen Indianer wüssten von einer grossen Sintflut zu berichten. Auch dort habe göttlicher Beistand die Auserwählten vom Ertrinken gerettet.

Über Jahrhunderte habe „die moralische Verästelung des alttestamentarischen Überflutungs-Plots seine wahren Wurzeln verstellt“, argwöhnt Köster. Doch 1997 hätten die amerikanischen Geologen William Ryan und Walter Pitman die ersten sensationellen Ergebnisse ihres marinen Forschungsprojekts veröffentlicht, welches die biblische Sintflut auf die festen Beine naturwissenschaftlicher Erkenntnisse stellte. Die Forscher hätten Spuren gefunden, nach denen südlich des schwarzen Meeres eine Flutkatastrophe stattgefunden haben könnte, die den Bibel-Schreiben als Vorbild diente – auch wenn sie natürlich mehr als 40 Tage angehalten habe.

Danach durchstiessen um 6700 vor Christus gewaltige Wassermassen den Landriegel zwischen Mittelmeer und Marmarameer auf der einen und einem 70 Meter tiefer gelegenen riesigen Schmelzwasser-Gletschersee auf der anderen Seite. Mit über 60 Kilometern in der Stunde überrollte eine riesige Salzwasserwelle die Süsswasserregion und überflutete das Hinterland. Neben Verwüstungen hinterliess sie das Schwarze Meer, auf dessen Grund bis heute die Überreste der üppigen Vegetation einer einst fruchtbaren Landschaft modern, erinnert Haarmann.

Der Rezensent macht nicht ganz klar, wo er sich auf Haarmann und wo auf die beiden amerikanischen Forscher beruft. Laut den Forschungsergebnissen handelte es sich beim beschriebenen Ereignis „um eine Tragödie wahrhaft biblischen Ausmasses, „die die Geschichte verändert hat“, mit immensen Auswirkungen für Land und Leute nicht nur innerhalb der Region. In der Folgezeit habe sich das Klima spürbar verändert, bevor es in einer Art Mini-Eiszeit nach 5000 Jahren deutlich kälter geworden sei.

Letztlich könne die Katastrophe sogar erklären, warum sich das Leben in Europa und Asien so unterschiedlich entwickelt hat. Nicht der Turmbau zu Babel sondern die Sintflut habe die Welt entzweit, vermutet Haarmann entgegen dem biblischen Bericht.

Laut dem Sprachwissenschafter haben William Ryan und Walter Pitman eine Diskussionen angestossen, die von Geologen, Archäologen, Anthropologen und Sprachwissenschaftern weiterzuführen wäre. Haarmann selbst sei es gelungen, diese vielen Strömungen zu einem Meer an Informationen über eine der grössten Katastrophen der Menschheitsgeschichte zusammenfliessen zu lassen, würdigt Köster das neue Buch.

Quelle: Livenet/NZZ

Datum: 12.09.2003
Autor: Fritz Imhof

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