Über die Wohlstandstheologie

Warum Costi Hinn seinem Onkel und dessen Theologie den Rücken kehrte

Costi Hinn war Teil des Familienclans von Wohlstands-Prediger Benny Hinn. Doch dann kamen Zweifel im Neffen des Predigers auf. Letztlich war es aber Gottes Wort selbst, das ihm die Wahrheit deutlich machte: «Gott will mich nicht glücklich, gesund und reich machen, sondern er will, dass ich für ihn lebe».
Costi Hinn

In der Hinn-Familie aufzuwachsen, war wie eine Kombination aus Königsfamilie und Mafia: Wir lebten einen verschwenderischen Lebensstil, waren zu Loyalität gezwungen und unsere Version des Evangeliums war das grosse Geschäft. Jesus Christus war zwar immer noch Teil unseres Evangeliums, aber er war eher ein Geist in einer Lampe anstatt der König der Könige: Wenn man die Lampe nur richtig rubbelte – durch Spenden und Glauben –, würde das geistliche Erbe freigesetzt. Wir lebten die Wohlstandstheologie: eine 1000-m²-Mansion, zwei Mercedes Benz in der Garage, dazu ein Zwei-Millionen-Dollar-Strandhaus in Kalifornien – wir waren gesegnet!

Erste Zweifel

Es gab immer wieder Kritik an uns, sowohl innerhalb als auch ausserhalb der Kirche. Andere Pastoren warnten vor uns. Und ich dachte, wir würden einfach verfolgt wie Jesus oder Paulus. Innerhalb der Familie dagegen wurde keine Kritik toleriert. Als ich meinen Vater eines Tages fragte, ob wir für die Heilung einer krebskranken Freundin beten könnten, antwortete er, wir sollten dafür eher von Zuhause aus beten. Ich fragte mich, ob wir nicht wie die Apostel heilen sollten, wenn wir diese Gabe hatten? Ich hinterfragte nicht unsere Heilungsgabe, aber die Motivation, die dahinterstand. Wir heilten nur in den Veranstaltungen, wo passende Musik eine Stimmung erzeugte, Geld den Besitzer wechselte und die Menschen «genug Glauben» hatten.

Dann kamen weitere Zweifel auf: Was war mit den Heilungsversuchen, die nicht glückten? Man sagte mir, dass der Kranke an Gott zweifelte. Wieso sprachen wir in Zungen ohne Interpretation? «Du sollst den Heiligen Geist nicht dämpfen», hiess es. Warum waren viele unserer Prophezeiungen ein Wiederspruch zur Bibel? «Stecke Gott nicht in eine Schublade!» Letztlich vertraute ich meiner Familie, weil wir so erfolgreich waren. Immerhin folgten uns Millionen Menschen nach. Wir heilten, machten Wunder und waren super reich – Gott musste auf unserer Seite sein!

Ein lebensverändernder Vers

Nach dem Uniabschluss traf ich meine Frau Christyne. Allerdings waren meine Familie und ich etwas nervös: Sie konnte nicht in Zungen reden. Wir schickten sie auf Veranstaltungen meines Onkels, nahmen sie mit in den Gottesdienst, schickten sie auf eine Konferenz – aber es brachte alles nichts. Eines Tages zeigte sie mir einen Vers, den ich noch nie zuvor gesehen hatte (1. Korinther, Kapitel 12, Vers 30): «nicht alle haben die Gabe des Heilens; nicht alle können in einer von Gott eingegebenen Sprache reden oder das Gesagte in verständlichen Worten wiedergeben.» Es traf mich bis ins Innerste. Da stand es, glasklar – nicht jeder muss in Zungen reden. Und damit begann der Domino-Effekt: Auch andere Glaubensüberzeugungen hielten dem biblischen Test nicht stand. Jetzt glaubte ich nicht mehr, dass es Gottes Plan für mich war, mich glücklich, gesund und reich zu machen. Ich sah vielmehr, dass er wollte, dass ich für ihn lebe, egal was ich von ihm bekomme.

Jesus heilt – völlig anders als erwartet

Wenig später erhielt ich die Einladung, eine Gemeinde in Kalifornien mit zu gründen. Eine meiner ersten Predigten sollte über Johannes, Kapitel 5, Verse 1 bis 17 gehen – die Heilung am Teich Betesda. Der Text beschreibt, wie Jesus einen Mann aus der Menge heilte, der nicht einmal wusste, wer Jesus war und der sofort geheilt wurde. Das zerfetzte drei tiefe Überzeugungen von mir: Ist es nicht immer Gottes Wille, zu heilen? Nein, Jesus heilte nur einen Mann aus der Menge. Heilt Gott nicht nur Menschen, die genügend Glauben haben? Nein, denn dieser Gelähmte wusste noch nicht einmal, wer Jesus war. Braucht man nicht einen gesalbten Heiler, besondere Musik und eine Geldspende, um geheilt zu werden? Nein, Jesus heilte ihn in dem Moment, durch einen einzigen Befehl. Ich weinte bitterlich darüber, dass ich Teil eines so habgierigen, manipulativen Dienstes gewesen war und dass mein Leben voller falscher Lehren und Überzeugungen war – und ich dankte Gott für sein Erbarmen und seine Gnade durch Jesus Christus. Meine Augen wurden komplett geöffnet.

Ich habe seither erlebt, wie Gott Evangelisation und Jüngerschaft nutzt, um verlorene Menschen in gefundene Heilige zu verwandeln. Die beste Fähigkeit eines Christen ist seine Verfügbarkeit. Wenn Gottes Volk bereit ist, einen Schritt im Glauben zu tun und die Wahrheit in Liebe zu sagen, werden Menschen verändert, und es wird Gott die Ehre gegeben. Sie können nie wissen, wen er durch Ihre Treue retten wird.

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Datum: 07.10.2017
Autor: Rebekka Schmidt / Costi Hinn
Quelle: Livenet / Christianity Today

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